Der Weltkrieg am 20. Juni 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Der deutsche Heeresbericht:

Deutsches Vordringen bei Kowel-Luck

Großes Hauptquartier, 20. Juni.
Westlicher Kriegsschauplatz: 

Die Lage ist im allgemeinen unverändert. 
Deutsche Patrouillenunternehmungen bei Beuvraignes und Niederaspach waren erfolgreich.
Unsere Flieger belegten die militärischen Anlagen von Bergen bei Dünkirchen und Souilly (westlich von Verdun) ausgiebig mit Bomben.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg: 
Vorstöße deutscher Abteilungen aus der Front südlich von Smorgon bis über Cary hinaus und bei Tanoczyn brachten an Gefangenen einen Offizier, 143 Mann, an Beute 4 Maschinengewehre, 4 Minenwerfer ein. 
Ein russischer Doppeldecker wurde westlich von Kolodon (südlich des Narocz-Sees) zur Landung gezwungen und durch Artilleriefeuer zerstört. 
Auf die Bahnanlagen von Wilejka wurden Bomben abgeworfen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: 
Die Fliegerangriffe auf die Eisenbahnstrecke Ljachowitschi-Luniniec wurden wiederholt.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Starke russische Angriffe gegen die Kanalstellung südwestlich von Logischin brachen unter schweren Verlusten im Sperrfeuer zusammen. Die fortgesetzten Bemühungen des Feindes gegen die Styrlinie bei und westlich von Kolki blieben im allgemeinen ohne Erfolg. Bei Gruzlatyn ist der Kampf besonders heftig. Zwischen der Straße Kowel - Luck und der Turya brachen unsere Truppen an mehreren Stellen den zähen, bei Kisielin besonders hartnäckigen russischen Widerstand und drangen kämpfend weiter vor. Südlich der Turya wurden feindliche Angriffe abgeschlagen. Die Russen haben ihr Vorgehen auf Gorochow nicht fortgesetzt.
Die Lage bei der Armee des Generals Grafen v. Bothmer ist unverändert.
Balkankriegsschauplatz: 
Feindliche Bombenabwürfe aus Ortschaften hinter unserer Front richteten keinen Schaden an.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Oberleutnant Immelmann gefallen

Leipzig, 20. Juni (W. B.) 
Wie die "Leipziger Neuesten Nachrichten" von zuständiger Seite erfahren, stürzte Oberleutnant Immelmann vor einigen Tagen mit seinem Flugzeug ab und erlag seinen Verletzungen.
Neben Hauptmann Boelcke war Oberleutnant Immelmann der kühnste und erfolgreichste deutsche Kampfflieger. Mehr als ein Dutzend Gegner schoß er in den Lüften ab, und mit einem Gefühl des Stolzes und der Genugtuung nahm ein jeder in der Heimat und wohl auch an der Front die Kunde auf, daß Immelmann wiederum ein feindliches Flugzeug zum Absturz gebracht habe. Der sieggewohnte Flieger und Ritter des Pour le Merite starb den Heldentod, der in Millionen deutscher Herzen ein tiefes Gefühl der Trauer und Wehmut hervorrufen wird. Wie Weddigens und des Grafen Spee wird man auch Immelmanns stets dankbar gedenken Doch an wagemutigen Fliegern fehlt es uns Deutschen nicht, schon mehren sich die Erfolge einzelner Luftpiloten, die sicherlich den eisernen Willen haben, es dem Verstorbenen gleichzutun.
2)

 

Zur Erstürmung von Fort Vaux

Köln, 20. Juni. (Priv.-Tel.) 
Aus Anlaß der Erstürmung der Feste Vaux hat der Kommandierende General des XV. Armeekorps folgenden Korpsbefehl erlassen: 
"Ich spreche der 50 Infanteriedivision und allen an der Erstürmung des Forts Vaux beteiligten Truppen mein uneingeschränktes Lob und meinen Dank aus für die von ihnen vollbrachte glänzende Waffentat. Dem Regiment Nr. 53 gebührt der Ruhm, mit Teilen seines I. Bataillons als erste in das Fort eingedrungen zu sein. Das III. Bataillon des Regiments Nr. 158 (Paderborn) hat sodann durch zielbewußtes Durchstoßen und zähes Festhalten des Erreichten die Grundlage für die völlige Eroberung des Werkes gelegt.
Mein Dank richtet sich besonders auch an die wackeren Pioniere, die in äußerster Kraftanspannung der Infanterie helfend zur Seite standen, sowie an die Artillerie, die Tag und Nacht durch ihr Feuer die stürmenden Truppen geschützt und den Feind abgewehrt hat. Der Sturm der Feste Vaux wird in der Geschichte aller beteiligten Truppen eine der hervorragendsten Taten bleiben. Seine Majestät der Kaiser hat die Gnade gehabt, seiner Anerkennung durch folgendes Telegramm Ausdruck zu verleihen: "An den Kronprinzen des Deutschen Reiches. Hocherfreut gratuliere ich zur Einnahme von Vaux und ersuche Dich, den braven Truppen meinen Dank und meine Anerkennung auszusprechen. gez. Wilhelm." Vorstehendes ist sogleich allen Truppen der 50. Infanteriedivision und des 15. Armeekorps bekanntzugeben.

v. Deimling." 2)

 

Fliegerangriff  auf russische Zerstörer

Berlin, 20. Juni.
Am 19. Juni hat eines unserer Marine-Flugzeuge im Rigaischen Meerbusen bei Arensburg zwei russische Zerstörer mit Bomben angegriffen und auf einem derselben einen Volltreffer erzielt.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die schweren Kämpfe in der Bukowina

Wien, 20. Juni. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 

In der Bukowina hat der Feind unter Kämpfen mit unseren Nachhuten den Sereth überschritten. Zwischen Pruth und Dnjestr, an der Strypa und im Gebiet von Radziwillow verlief der Tag verhältnismäßig ruhig. In den erfolgreichen Abwehrkämpfen südöstlich und nordöstlich von Pokaczy in Wolhynien brachten unsere Truppen bis jetzt 1300 Gefangene, ein russisches Geschütz und 3 Maschinengewehre ein. 
Im Raume von Kisielin schreiten die Angriffe der Verbündeten in zähem Ringen vorwärts. Zwischen Sokul und Kolki haben wir neuerlich starke feindliche Angriffe abgeschlagen. Bei Gruziatyn, wo es der Feind unter Aufgebot starker Kräfte zum vierten Male versucht, in die Linien der tapferen Verteidiger einzudringen, wird erbittert gekämpft.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Kampftätigkeit an der Isonzofront und in den Dolomiten sank auf das gewöhnliche Maß zurück. Neuerliche Vorstöße der Italiener gegen einzelne Frontstellen zwischen Brenta und Astico wurden abgewiesen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Bei Seres an der unteren Vojusa Geplänkel.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Die Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz

London, 20. Juni. (Priv.-Tel.) 
Reuter meldet: 

Gestern abend wurde eine Mitteilung veröffentlicht bezüglich der Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz. Es heißt darin: "Nachdem den Verbündeten der Kampf mit den Waffen trotz aller Bemühungen, einen Zusammenstoß mit den Zentralmächten zu vermeiden, aufgedrungen worden ist, bereiten sie sich in gemeinschaftlicher Überlegung auf einen Kampf auf wirtschaftlichem Gebiete vor, der nicht allein den Frieden überdauern, sondern jetzt schon in seinem vollen Umfange seine ganze Kraft erreichen soll. Der Feind hat offenbar die Absicht, die Herrschaft über die Produktion und die Märkte der ganzen Welt zu erlangen und anderen Völkern ein unerträgliches Joch aufzuerlegen. Gegenüber einer solchen schweren Gefahr halten es die Regierungen der Ententemächte für ihre Pflicht, alle Maßnahmen zu treffen, die nötig sind, um einerseits für sich selbst und für alle neutralen Märkte die vollkommene wirtschaftliche Unabhängigkeit und die Achtung gesunder Handelspraxen zu garantieren und um andererseits die Organisation ihres wirtschaftlichen Verbandes auf einer dauerhaften Grundlage zu sichern. Die Konferenz ist deshalb zu der Entschließung gekommen, eine Anzahl von Beschlüssen der Billigung der Regierungen der Ententemächte zu unterbreiten."
Diese Beschlüsse beziehen sich zunächst auf die Kriegszeit. Sie enthalten das Verbot jeglichen Handels in feindlichen Ländern, mit feindlichen Untertanen, Personen und Firmen, die unter feindlichem Einfluß stehen. Auch wird bestimmt, daß Kontrakte, die mit feindlichen Untertanen geschlossen worden sind, und die nachteilig für die Interessen der Verbündeten sind, bedingungslos für null und nichtig erklärt werden. Die Verbündeten werden weiterhin die Maßregeln, die bereits getroffen wurden, um die feindlichen Zufuhren aufzuhalten, vervollständigen, indem die Konterbandeliste und die Ausfuhrverbote vereinheitlicht werden. Weiter werden Konzessionen zur Ausfuhr nach neutralen Ländern, von denen aus die Ausfuhr nach feindlichen Ländern möglich ist, nur dann gegeben werden, wenn kontrollierende Körperschaften in diesen neutralen Ländern bestehen, die durch die Verbündeten gutgeheißen worden sind, oder wenn in Ermangelung solcher Körperschaften besondere Garantien gegeben werden, so z. B. die Einschränkung der ausführenden Mengen, Kontrolle durch Konsularbeamte der Entente usw. Die weiteren Beschlüsse beziehen sich auf Übergangsmaßregeln für die Periode der Wiederherstellung der verbündeten Länder hinsichtlich ihres Handels, ihrer Industrie, ihres Landbaus und ihrer Schiffahrt Die Ententemächte beschließen die Wiederherstellung dieser Länder, die durch Verwüstung und unrechtmäßige Requisitionen gelitten haben. In erster Linie soll ihnen mit Rohmaterialien, Industrie- und Landbaueinrichtungen geholfen werden und die Handelsflotte der Entente soll ihnen zur Verfügung gestellt werden, um ihnen bei ihrer Wiederaufrichtung zu helfen. Ein zweiter Beschluß geht dahin, daß das Vorrecht der meistbegünstigten Nation während einer Reihe von durch nähere Übereinkunft festzustellenden Jahren keiner der feindlichen Mächte bewilligt werden soll. Drittens beschließen die Verbündeten, sich gegenseitig den Vorrang zu geben in der Zufuhr der natürlichen Hilfsmittel, die zur Wiederaufrichtung auf dem Gebiete des Handels, der Industrie, des Landbaues und der Schiffahrt nötig sind. Besondere Regelungen werden diesbezüglich getroffen. Viertens werden die Verbündeten zum Schutze ihres Handels, ihrer Industrie, ihres Landbaus und ihrer Schiffahrt gegen wirtschaftliche Bedrohungen durch Überfüllung der Märkte oder andere Praktiken auf dem Gebiete des unlauteren Wettbewerbs eine Zeitperiode festsetzen, während welcher der Handel der feindlichen Mächte besonderen Bestimmungen unterworfen werden soll. Ihre Artikel sollen entweder dem Einfuhrverbot unterliegen oder einem anderen zweckentsprechenden System. Besondere Bedingungen sollen ebenso für die Schiffe der feindlichen Länder gestellt werden.
Die letzte Reihe von Beschlüssen bezieht sich auf dauerhafte Maßregeln zur gegenseitigen Unterstützung und Zusammenarbeit. Dies soll geschehen, indem die Verbündeten unverweilt Schritte tun, um sich von feindlichen Ländern hinsichtlich der Rohstoffe und Fabrikate, die für die normale Entwicklung ihrer Industrie notwendig sind, unabhängig zu machen, und indem sie sich auf finanziellem, Handels und Schiffahrtsgebiet organisieren. Andere Beschlüsse betreffen die Verbesserung des Land und Seetransportes, die Verkehrsverbindungen zwischen den Alliierten, dann Einheitlichkeit der Gesetze für Patentrecht, Schutzmarken, Ursprungszeugnisse, Urheberrecht usw.
Der Schlußsatz lautet: "Die verbündeten Machte haben beschlossen, sich gemeinschaftlich gegen den Feind zu verteidigen und eine gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik auf Grund von Prinzipien anzunehmen, die in den bekannten Beschlüssen enthalten sind. Ferner wird erkannt, daß die Wirkung dieser Politik durchaus davon abhängig ist, daß die Beschlusse sofort in Kraft treten. Die Vertreter der verbündeten Regierungen übernehmen daher die Aufgabe, diese Beschlusse sofort ihren Regierungen zu empfehlen und ihnen weiterhin anzuraten, ohne Aufenthalt alle Maßregeln, sei es vorläufiger oder permanenter Art, zu treffen, die nötig sind, um direkt eine vollkommene Wirkung dieser Politik zu sichern."
2)

 

Die neue amerikanische Note an Österreich-Ungarn

London, 20 Juni (Priv.- Tel. ) 
Reuter meldet aus Washington:

Wie verlautet, verlangt die zweite amerikanische Note an Österreich-Ungarn in der Angelegenheit des Angriffs eines österreichischen Unterseebootes auf das Petroleumschiff "Petrolite", daß Österreich-Ungarn sich entschuldige und Schadenersatz leiste. Die österreichisch-ungarische Regierung hat bei einer früheren Mitteilung ähnlicher Art geantwortet, der Tauchbootkommandant habe die "Petrolite" für ein maskiertes feindliches Schiff angesehen, und der Führer des Petroleumschiffes habe dem Tauchboot freiwillig Vorräte ausgeliefert. Die amerikanische Regierung habe jedoch von dem Kommandanten der "Petrolite" einen Bericht erhalten, aus dem hervorgehe, daß das Schiff durch Kanonenfeuer zum Halten gezwungen worden und daß lediglich aus Zwang ein Teil der Vorräte herausgegeben worden sei.
2)

 

Das Programm des Herrn v. Batocki

Düsseldorf, 20. Juni (Priv.- Tel. ) 
Der Präsident des Kriegsernährungsamtes v. Batocki hatte heute Besprechungen mit den Provinzial- und Kommunalbehörden, ferner mit Vertretern des Handels und der Industrie, mit Konsumgenossenschaften und mit Vertretern der Presse Rheinlands und Westfalens. Diesen letzteren machte er ausführliche Mitteilungen über die Einrichtungen seines Amtes und über seine Aufgaben und Ziele. Er betonte, daß die Öffentlichkeit in ihren Erwartungen nicht zu weit gehen solle. In der Praxis gehe nicht alles so, wie man es sich in der Theorie denke. Das neue Amt bleibe auf die Mitwirkung der Gemeinden und der Provinzial- und bundesstaatlichen Behörden angewiesen. Aus seinen weiteren Mitteilungen ist hervorzuheben, daß die Verteilungstätigkeit der "Zentral-Einkaufs-Gesellschaft" vollständig auf das Kriegsernährungsamt übertragen werden soll, während die Z. E. G. für die Einfuhrfrage verantwortlich bleibt. Die Brotversorgung sei vollkommen gesichert. Die Knappheit an Kartoffeln werde durch die Zusatzlieferung von Mehl ausgeglichen und den Industriebezirken im Westen und Osten würden andere Nährstoffe wie Reis, Graupen, Margarine, Speck usw. als Ersatz zugeführt werden. Die Verwaltung von Butter und Fett soll von einer Stelle aus geschehen, damit die Zuteilung im ganzen Reiche gleichmäßiger gestellt wird. Was die Ausfuhrverbote in verschiedenen Bezirken anbelange, so ließen sich diese nicht alle beseitigen. Die Gemeinden, welche Zwangslieferungen zu leisten haben, müßten notwendigerweise auch Ausfuhrverbote erlassen können. Seine Tätigkeit sei gerichtet auf die Ausnutzung der Kriegserfahrungen, die schärfere Erfassung der Vorräte und die Sicherstellung der Vorräte, um gegen Rückschläge gesichert zu sein. Ferner sei er bestrebt, die vielen Kriegsgesellschaften in straffe Organisation zueinander zu bringen. Gegen den Kettenhandel würden schwere Strafbestimmungen erlassen werden. Er sprach die Hoffnung aus, daß die augenblicklichen Schwierigkeiten glücklich überwunden würden. Dank den Kriegserfahrungen würde die Lage im neuen Erntejahr ganz bedeutend besser sein. Die Versammlung nahm die Mitteilungen mit Beifall entgegen. Verschiedene Pressevertreter sprachen den Wunsch aus, daß derartige Besprechungen in bestimmten Zeiträumen wiederholt werden möchten. Anschließend machte der Unterstaatssekretär v. Stein Mitteilungen über die Wirksamkeit der Z. E. G., gegen die in letzter Zeit heftige Angriffe in der rheinisch-westfälischen Presse gerichtet worden seien. Die gegebenen Aufklärungen dürften wesentlich dazu beitragen, daß die Mißstimmung gegen die Gesellschaft gemildert wird. Es wurde der Wunsch ausgesprochen, daß in Zukunft auch die Z. E. G. gelegentliche aufklärende Mittellungen über ihre Tätigkeit machen solle.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Juni 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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