Der Weltkrieg am 3. Juli 1916

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Westfront 1. Weltkrieg: Priesterwald
Das Schlachtfeld des Priesterwaldes

Der deutsche Heeresbericht:

Schwere feindliche Verluste nördlich der Somme

Die "Hohe Batterie von Damloup" bei Vaux genommen

Großes Hauptquartier, 3. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Die Fortsetzung der englisch-französischen Angriffe beiderseits der Somme erreichte nördlich des Flusses im allgemeinen keine Vorteile; der Feind erlitt hier außerordentlich hohe blutige Verluste. Südlich des Flusses bogen wir nachts die gestern in die Riegelstellung zurückgenommene Division in eine zweite Stellung zurück. 
Die Gefechtstätigkeit auf den nicht angegriffenen Armeefronten ist die gleiche geblieben. 
Westlich der Maas führten Versuche der Franzosen, uns die an der Höhe 304 genommenen Grabenstücke wieder zu entreißen, zu kleineren Infanteriekämpfen. Östlich der Maas erschöpfte sich der Feind weitem in vergeblichen Angriffen gegen das Werk Thiaumont und die Höhe "Kalte Erde"; bei einem derselben drangen sie vorübergehend in unseren vorderen Graben etwa 600 m südwestlich des Werkes ein, wurden aber sofort wieder geworfen. Südöstlich der Feste Vaux ist die "Hohe Batterie von Damloup" seit heute nacht in unserer Hand; dort wurden 100 Gefangene und mehrere Maschinengewehre eingebracht. 
Gegen die deutschen Stellungen im Priesterwalde (nordwestlich von Pont-à-Mousson) vorgehende französische Abteilungen wurden mühelos abgewiesen.
In den zahlreichen Luftkämpfen des gestrigen Tages wurden 6 feindliche Flieger abgeschossen, vier 4 davon in unseren Linien. Leutnant Mulzer hat dabei den siebenten, Leutnant Parschau den sechsten Gegner außer Gefecht gesetzt. Durch Abwehrfeuer ist ein feindlicher Doppeldecker über Douai, ein anderer vorgestern östlich Pervyse (Yserfront) heruntergeholt. Zwei französische Fesselballons wurden in der Gegend von Verdun von unseren Fliegern abgeschossen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Russische Torpedoboote und das Linienschiff "Slawa" beschossen ohne Erfolg die kurländische Küste östlich von Raggasem. Sie wurden von unseren Küstenbatterien wirkungsvoll gefaßt und von Fliegergeschwadern angegriffen. Die "Slawa" ist getroffen.
An vielen Stellen der Armeen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg steigerte der Feind sein Feuer und unternahm mehrfache Vorstöße, die nur bei Minki (nördlich von Smorgon) zu Kämpfen in unseren Linien führten, aus denen der Gegner unter Einbuße von 243 Gefangenen und starken blutigen Verlusten sogleich wieder vertrieben wurde.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern: 
Die Russen haben nordöstlich und östlich von Gorodischtsche, sowie beiderseits der Bahn Baranowitschi-Snow nach vielstündiger Feuervorbereitung angegriffen. Gegen nordöstlich von Gorodischtsche eingedrungene Abteilungen ist der Gegenstoß im Fortschreiten, sonst ist der Feind unter Zurücklassung vieler Toter und Verwundeter zum Kehrtmachen gezwungen worden.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen: 
Starke russische Gegenangriffe nördlich und südwestlich von Luck konnten unser Vorschreiten nicht aufhalten; große Kavallerieattacken brachen kläglich zusammen. Die Gefangenenzahl ist um etwa 1800 Mann gestiegen.
Armee des Generals Grafen v. Bothmer: 
Südöstlich von Tlumacz stehen unsere Truppen in günstigen Kämpfen. 
Balkankriegsschauplatz: 
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Karte zum 1. Weltkrieg: Westfront

Die Schlacht im Westen

Die letzten vierundzwanzig Stunden haben zwar eine Verschärfung des gegen die deutschen Fronten ausgeübten Druckes gebracht, indem die Russen eine erhöhte Tätigkeit
im Befehlsbereich Hindenburgs und starke Angriffe gegen die unter dem Prinzen Leopold von Bayern stehende Armee Woyrsch gerichtet haben, während Engländer und Franzosen
wie Tags zuvor mit voller Kraft nördlich und südlich der Somme, sowie auch im Gebiet vom Thiaumont-Werk ihre Sturmangriffe fortsetzten. Aber trotz des verstärkten Druckes kann unsere Gesamtlage als durchaus günstig und unser Erfolg seit dem Tagesbericht vom Sonntag als ganz besonders erfreulich bezeichnet werden. Die Russen sind fast restlos abgewiesen, und wo sie Teilerfolg hatten, steht der Gegenangriff für uns gut; bei Linsingen und Bothmer zeigt sich weiterer Fortschritt, der gerade bei unserer Südarmee in Galizien besonders hoch bewertet werden muß. 
Die große Durchbruchsschlacht im Westen hat den Engländern bei sehr hohen Verlusten keinerlei neuen Gewinn gebracht, während südlich der Somme eine neue Zurückbiegung unserer Linie in schmaler Frontbreite erforderlich war. Dies hat nichts auf sich und war zu erwarten. Bis jetzt ist die große Schlacht für uns über Erwarten gut verlaufen. Die Verluste an Gefangenen und Material sind unvermeidlich, verhältnismäßig gering und ohne Bedeutung für den Ausgang. Für die Gesamtlage ist nichts bezeichnender als die Tatsache, daß es unserer Armee östlich der Maas gelungen ist, nicht nur die wütenden Angriffe der Franzosen gegen das vollkommen in deutschem Besitz verbliebene Thiaumont-Werk abzuschlagen, sondern auf der Höhe südöstlich von Fort Vaux durch die Erstürmung der Batterie von Damloup eine neue wichtige Position aus den Befestigungswerken der Verteidiger herauszureißen. Die Meldungen der französischen Heeresleitung über die angebliche Wiedererstürmung Thiaumont-Werks durch die Franzosen sind durchaus rätselhaft und nicht anders zu erklären als durch die Annahme daß General Joffre von seinen Unterführern wie schon manches Mal unzuverlässige Meldungen erhalten hat. 
Gegenüber den neuerdings wieder besonders betonten Behauptungen der Franzosen, daß wir vor Verdun fürchterliche Verluste erlitten, sind wir in der Lage festzustellen und zwar auf Grund genauer Schätzungen maßgebender Stellen (Schätzungen, deren Zuverlässigkeit bei der vorigen Offensive der Engländer und Franzosen sich erwies): unsere Verluste bei Verdun sind nicht halb so hoch wie die der Franzosen. Wir haben umsomehr Grund, uns darüber zu freuen, als wir vor Verdun die Angreifer sind und den Erfolg auf unserer Seite haben. Daß aber umgekehrt zwischen Arras und Roye die angreifenden Engländer und Franzosen die allerschwersten blutigen Verluste erleiden, ist gerade im letzten Tagesbericht deutlich hervorgehoben worden.
Die Schlacht hat etwa in der Mitte des von Norden nach Süden, von Nieuport bis zur Aisne reichenden Frontabschnitts begonnen. Das Zentrum des Angriffsraums liegt in dem Winkel, den die Somme und ihr Nebenflüßchen Ancre bilden. Der Hauptort hinter der Angriffslinie ist auf feindlicher Seite Amiens (auf den Flügeln Arras und Montdidier). Hinter unseren Linien liegen Bapaume und Peronne, wohin die Angriffe zunächst zielen. Als Urteil über die strategische Bedeutung der Angriffsstelle zitieren wir, was Oberst Egli am 25. Juni in den "Basler Nachrichten" schrieb: "Der Umstand, daß die englische Armee kaum an anderer Stelle angreifen wird, als wo sie gegenwärtig mit ihren Hauptkräften steht, ist für die Deutschen deswegen von besonders großem Vorteil, weil der Stoß sie dort trifft, wo er selbst beim Gelingen die geringste Wirkung erzielt. Der weit in Feindesland stehende rechte deutsche Flügel kann mehr oder weniger zurückgedrängt werden, aber ein Durchbruch großen Stils, der zur Zertrümmerung des deutschen Heeres führen könnte, ist ausgeschlossen, zumal nahe hinter der deutschen Front Stützpunkte wie Lille und Maubeuge liegen, die sicher entsprechend den heutigen Anforderungen ausgebaut sind."
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Raumgewinn südlich von Luck

Leutnant Karl Kaiser

Leutnant Karl Kaiser

Wien, 3. Juli. 
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz: 
In der Bukowina nichts von Belang. 
Die Kämpfe bei Kolomea haben an Umfang zugenommen. Ein starker feindlicher Vorstoß westlich der Stadt ist durch Gegenangriff zum Stehen gebracht worden. Südöstlich von Tlumacz, wo deutsche und österreichisch-ungarische Truppen im Gefecht stehen, brach eine in 1½ Kilometer Frontbreite angesetzte Reiterattacke im Artillerie- und Infanteriefeuer zusammen. Im Raume südlich von Luck gewann der Angriff der Verbündeten abermals Raum. Westlich und nordwestlich von Luck wurden heftige russische Vorstöße abgeschlagen. Ebenso scheiterte eine feindliche Reiterattacke in der Gegend von Zloczewka. Nordöstlich von Baranowitschi wiesen deutsche und österreichisch-ungarische Truppen starke, durch heftiges Artilleriefeuer vorbereitete Angriffe ab; die Kämpfe sind noch nicht völlig abgeschlossen. 
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Die lebhafte Tätigkeit der feindlichen Geschütze und Minenwerfer gegen die Hochfläche von Doberdo, namentlich gegen den Abschnitt südlich des Monte Dei Sei Busi hält an. Stellenweise kam es auch zu hartnäckigen Handgranatenkämpfen. Im Marmolatagebiet und an unserer Front zwischen Brenta und Etsch wurden wieder mehrere Angriffe des Feindes abgewiesen. Im Raume des Monte Interrotto brachte Leutnant Kaiser mit einer sechs Mann starken Patrouille des k. k. Landwehr-Infanterieregiments Nr. 26 von einer gelungenen Unternehmung gegen feindliche Maschinengewehre 266 Italiener, darunter vier Offiziere als Gefangene zurück. An anderen Stellen wurden gestern 14 Offiziere und 336 Mann gefangengenommen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz: 
Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

500000 Mann russische Verluste 

General Brussilow
General Brussilow

Wien 3. Juli. (W. B.) 
Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: 
Gefangenenaussagen, aufgegriffene Meldungen und sonstiges Material ermöglichen nunmehr ein annäherndes Bild über die russischen Verluste während der letzten Offensive. Man geht nicht fehl in der Annahme, daß hinter der Front für jeden Truppenkörper 50 bis 75 Prozent des Standes an Ersatztruppen bereitgestellt waren. Beispielsweise hatte, um eines unter den ungezählten Beispielen anzuführen, das 53. russische Infanterie-Regiment von der in Ostgalizien kämpfenden Armee Letschitzki am 6. Juni 3250 Mann, vier Tage später nur mehr 800 Mann, es verlor also 2450 Mann oder 75 Prozent. Am 14. Juni wurden 2200 Mann Ersatz eingestellt, womit das Regiment wieder annähernd die Kriegsstärke erreichte, aber schon am 21. Juni waren unter acht Kompanien fünf gänzlich aufgerieben, während drei nur 20 bis 50 Gewehre zählten. Ähnliche Verhältnisse ergeben sich als Folge der massenmörderischen Taktik der russischen Feldherren bei den meisten Truppenkörpern unter Brussilows Befehl. Alle verläßlichen Angaben stimmen darin überein, daß die bei der russischen Feldarmee bereitgestellten bis zu drei Viertel des Kampfbestandes betragenden Ersatztruppen zur Wiedergewinnung der vollen Kriegsstärke nicht mehr ausreichen. Es muß aus Ersatzkörpern neues Kanonenfutter herangeholt werden. Das russische Südwestheer hat in einem Kriegsmonat kaum weniger als 500000 Mann an Toten und Verwundeten eingebüßt. 
2)

 

Zum Fliegerangriff auf Karlsruhe 

Berlin, 3. Juli. (W. B.) 
Ein französischer Funkspruch vom 28. Juni nachmittags 5 Uhr meldet: "Die französischen Repressalien gegen die Beschießung offener Städte. Ein deutsches Radiotelegramm meldet die schreckliche Wirkung des von unseren Fliegern am 22. Juni ausgeführten Bombardements auf die Stadt Karlsruhe. 257 Personen wurden getötet oder verwundet. Das Radiotelegramm brandmarkt das Verbrecherische dieses Bombardements einer feindlichen offenen Stadt ohne jeden militärischen Zweck. Es muß daran erinnert werden, daß das Bombardement von Karlsruhe, wie es in dem amtlichen französischen Bericht vom 22. Juni abends hieß, als Vergeltung für die deutschen Bombardements der offenen Städte Bar-le-Duc und Lunéville anbefohlen worden war, die ebenfalls zahlreichen Opfern - Nichtkombattanten - das Leben kosteten. Wir sind entschlossen, einen Feind zu züchtigen, der keines der Kriegsgesetze respektiert. Wir trafen die Entscheidung nachdem die Zahl der von ihm begangenen Attentate jedes Maß überstieg. Vom 3. Februar bis zum 19. Mai, während welcher Zeit wir keine Stadt hinter der feindlichen Front bombardierten, bombardierten die Deutschen Béthune sechsmal, Amiens sechsmal, Hazebrouk dreimal, Bar-le-Duc zweimal, Epernay viermal, Fismes dreimal, St. Dié dreizehnmal durch weittragende Geschütze und Flieger Gérardmer fünfmal, Lunéville neunmal, Baccarat fünfmal und Raon l´Etape fünfmal usw usw. Wir wollen den Deutschen die Freude nicht gönnen, die Zahl ihrer Opfer kennen zu lernen. Aber wir sind der Ansicht, daß unsere lange Enthaltung genügte um der Welt zu zeigen, wie weit unsere Geduld geht und unser Bestreben, der friedlichen Bevölkerung die Kriegsschrecken zu ersparen. Von unseren Gegnern gezwungen, über das Maß hinauszugehen, sind wir für die Zukunft entschlossen, unsere Haltung nach der ihrigen zu richten." Die französische Oberste Heeresleitung vergaß aber darauf aufmerksam zu machen, welch´ großer Unterschied zwischen der Beschießung der französischen Städte, die samt und sonders unmittelbar hinter der Front oder im Operationsgebiet liegen, durch uns und der Beschießung von Karlsruhe ist, welches weitab vom Kriegsschauplatz auf der anderen Rheinseite gelegen ist. Auch erwähnt sie nicht, daß die Franzosen seit langer Zeit völlig regel- und planmäßig die französischen Städte im deutschen Okkupationsgebiet mit Bomben angreifen. Wie aus inzwischen in Deutschland eingegangenen französischen Zeitungen klar zu ersehen ist, gestattete die französische Pressezensur weder den Abdruck des oben angeführten Funkspruchs noch eine eingehendere Besprechung des Fliegerangriffs auf Karlsruhe im eigenen Lande. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Die hohe Anzahl der Toten, die dem nicht zu rechtfertigenden Angriff auf die außerhalb des Kriegsgebietes liegende unbefestigte Stadt Karlsruhe zum Opfer fielen, würde zweifellos auch auf den rechtlich denkenden Teil des französischen Volkes einen tiefen Eindruck gemacht haben, der vermieden werden muß. Dem Ausland gegenüber aber soll die Untat durch den eingangs erwähnten Funkspruch entschuldigt werden. 
2)

 

Die Vertagung der Reichsduma

Petersburg, 3. Juli. (W. B.) 
Durch kaiserlichen Ukas ist die Reichsduma bis zum 14. November vertagt worden.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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