Der Weltkrieg am 11. Juli 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

Der deutsche Heeresbericht:

Vergebliche Angriffe der Engländer und Franzosen

Großes Hauptquartier, 11. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Zwischen Ancre und Somme setzten die Engländer nachmittags und nachts starke Kräfte zum Angriff in breiter Front beiderseits der Straße Bapaume-Albert an. Nordwestlich der Straße wurden sie zusammengeschossen, ehe es zum Nahkampf kam, östlich der Straße entspannen sich heftige Kämpfe am Südrande des Dorfes Contalmaison und des Waldes von Mametz. Die wiederholten Versuche des Feindes, das Wäldchen von Trônes wieder in die Hand zu bekommen, scheiterten unter großen blutigen Verlusten für ihn und unter Einbuße von etwa hundert Gefangenen. 
Südlich der Somme wurde der Ansturm von Negerfranzosen gegen die Höhe von La Maisonnette mit überwältigendem Feuer empfangen; einzelne Neger, die bis zu unseren Linien vordrangen, fielen unter den deutschen Bajonetten oder wurden gefangengenommen. Bei dem gestern berichteten Gegenangriff auf Barleux blieben fünf Offiziere, hundertsiebenundvierzig Mann gefangen in unserer Hand. 
Die Artillerietätigkeit war im ganzen Kampfabschnitt bedeutend, unser Sperrfeuer unterband alle Angriffsabsichten des Feindes zwischen Belloy und Soyecourt. 
Im Maasgebiet fanden sehr lebhafte Artilleriekämpfe statt. 
Auf der übrigen Front stellenweise gesteigertes Feuer und mehrere ergebnislose Gasangriffe. Patrouillen und Erkundungsabteilungen unserer Gegner zeigten große Rührigkeit; sie wurden überall abgewiesen. 
Bei Leintrey (Lothringen) drang eine deutsche Abteilung nach einer umfangreichen Sprengung in die stark beschädigten französische Stellung ein und nahm sechzig Mann gefangen; auch südlich von Lusse wurden von einer Patrouille Gefangene gemacht.
Bei sehr reger Fliegertätigkeit ist es zu zahlreichen Luftgefechten gekommen, in denen der Feind an der Somme und westlich von Vouziers je zwei Flugzeuge verlor. Außerdem ist ein englischer Doppeldecker bei Courcelette (an der Straße Bapaume-Albert) durch Abwehrfeuer heruntergeholt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
An der Front von der Küste bis Pinsk keine besonderen Ereignisse. Bei Pinsk Ruhe. Die russische Veröffentlichung über die Räumung der Stadt ist frei erfunden. Gegen die Stochodlinie lief der Gegner an vielen Stellen vergeblich an, mit stärkeren Kräften bei Czerewiszcze, Hulewicze, Korsyni, Janowka und beiderseits der Bahn Kowel-Rowno. Bei Hulewicze wurde er durch kräftigen Gegenstoß über seine Stellung hinaus zurückgeworfen. Er büßte in diesen Kämpfen über 700 Gefangene und drei Maschinengewehre ein.
Unsere Fliegergeschwader haben Truppenausladungen bei Horodzieja (Strecke Baranowitschi- Minsk) ausgiebig mit Bomben belegt und ihre Angriffe auf russische Unterkunftsorte östlich des Stochod wiederholt. 
Im Luftkampf wurde je ein feindliches Flugzeug bei Worontscha (westlich von Zirin) und westlich Okonsk abgeschossen.
Bei der Armee des Generals Grafen v. Bothmer hatte ein Jagdkommando ein günstiges Gefecht südlich des Waldes von Burkanow und hat einige Dutzend Gefangene eingebracht.
Balkankriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russische Angriffe am Styr und Stochod gescheitert

Wien, 11. Juli.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
In der Bukowina keine besonderen Ereignisse. Bei Zabie am Czeremosz wiesen unsere Truppen russische Vorstöße zurück. 
Weiter nördlich bis an den oberen Stochod dauert, von erfolgreichen Unternehmungen unserer Jagdkommandos bei Burkanow abgesehen, die Kampfpause an. 
Bei Sokul brachen überlegene russische Angriffe vor unseren Hindernissen zusammen. Vergeblich bemühte sich der Feind, seine zurückflutenden Massen durch das Feuer seiner Geschütze und Maschinengewehre zum Stehen zu bringen. 
Bei Hulewicze am Stochod wurde der Gegner durch deutsche und österreichisch - ungarische Kräfte nach erbitterten und wechselvollen Kämpfen geworfen. Auch verschiedene andere Vorstöße, die der Feind im Stochodgebiet unternahm, scheiterten völlig.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern fanden keine Infanteriekämpfe von Bedeutung statt. 
Zahlreiche feindliche Überläufer bestätigen die besonders schweren Verluste der Italiener bei ihren Angriffen im Raume östlich der Cima Dieci 
Unsere Seeflugzeuge belegten militärische Anlagen und den Bahnhof von Latisana ausgiebig mit Bomben, die mehrere große Brände verursachten. 
Feindliche Flieger warfen in den Judicarien auf Tione Bomben ab.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Außer zeitweiligem Geplänkel an der unteren Vojusa nichts von Belang.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Angriff deutscher Marineflugzeuge auf Calais

Berlin, 11. Juli. 
Zwei deutsche Marineflugzeuge haben in der Nacht vom 10. zum 11. Juli Calais und das Truppenlager bei Bray-Dunes mit Bomben belegt. Die Flugzeuge sind wohlbehalten zurückgekehrt.
2)

 


Hausflagge der Deutschen Ozean-Reederei

Die "Deutschland" in Baltimore

Kapitän Paul König
Kapitän Paul König
Direktor Alfred Lehmann
Direktor Alfred Lehmann

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Jules Verne ist lebendig geworden. Ein historisches Abenteuer: das erste deutsche Handels Tauchboot "Deutschland" hat den Atlantischen Ozean durchmessen und die Küste Amerikas mit wertvoller Ladung wohlbehalten erreicht. Ein Abenteuer? Mehr noch als dies: vor kurzen Monaten noch ein Stück verwegenster Phantasie. Aber zugleich auch weniger: nackteste Wirklichkeit, der Anfang einer neuen Zeit, in der es selbstverständlich sein wird daß uns nur noch die Fahrzeit, die Pünktlichkeit der Ankunft oder die Menge der Warenlast dieser Boote interessieren wird; das Wunder selbst wird zur Natürlichkeit. Der große Zerstörer Krieg
hat einen mächtigen Tempel des Fortschritts errichtet. Das Handels-Tauchboot, das an 4½ Tausend Meilen durchlaufen hat, ist eines seiner Prunkstücke, ebenbürtig den großen Kriegserfindungen unserer Chemiker. Ein Stück Technik freilich leblos und starr. Aber zeugt es nicht zugleich auch für den Fortschritt des Lebenden, des Geistes. Wird in diesem großem Auftrieb, den der Krieg den Rüstigen unseres Volkes gegeben hat und noch mehr zu geben verspricht, nicht das Geistige, das innerlich Bildende am allerstärksten mit emporgetragen werden. Wir hoffen es. Der Triumph der Technik sei uns ein Symbol, das Wahrzeichen einer kommenden Zeit.
Der Ausgangspunkt ist Bremen. Die "Deutsche Ozean-Reederei", an deren Spitze Alfred Lehmann, Philipp Heineken und ein Direktor der Deutschen Bank stehen, ist kaum mehr als acht Monate alt. "Deutschland" und "Bremen" sind ihre beiden ersten Übersee-Tauchboote, Schiffe von 2000 Tonnen, die also eine sehr bedeutende Nutzlast tragen können. Farbstoffe und Arzneien waren die Fracht auf der Fahrt nach Baltimore, Nickel und namentlich Rohgummi soll, nach der Meinung Reuters, die Rückfracht nach Deutschland sein. Man kann sich denken, was es für uns und für unsere Gegner zu bedeuten hat, wenn von jenem leichten und wenig Raum beanspruchenden Rohmaterial große Transporte in unsere Häfen gelangen. Man darf diese praktische Seite natürlich zunächst nicht überschätzen, es handelt sich ja erst um den Anfang eines Unternehmens. Die Zukunftsmöglichkeiten sind aber außerordentlich groß. Wir haben die englische Blockade bisher schon dank unserer glänzenden Wissenschaft und Technik und dank der Fruchtbarkeit unseres deutschen Bodens für uns ungefährlich gemacht. Durch den systematischen Aufbau des neuen Verkehrmittels können wir ihre Wirkungen noch ganz erheblich verringern. Die Entente wird uns dabei nicht zu stören vermögen. Vor Cartagena hat das Kurierboot des Kaisers die Probe aufs Exempel gemacht: eine wahre Meute von Kreuzern und Zerstörern, englische und französische, hatte sich im Halbkreis vor dem spanischen Hafen aufgestellt, Tag und Stunde der Abfahrt waren bekannt, und das deutsche Boot fuhr unbesorgt und mit wehender Flagge aus dem Hafen, tauchte unter und verschwand. Im freien Ozean vermag uns der Feind die Durchfahrt nicht zu versperren, da lassen sich keine Netze legen. Es ist ja überdies bekannt, daß der Atlantische Ozean sogar einer "Möve" und "Appam" ungestört zur Verfügung stand. Man muß also schon zu anderen Angriffsmitteln greifen. Reuter ist bereit: die englische Agentur beschreibt bereits die Kanonen, die auf der "Deutschland" aufgestellt seien, mit allen Einzelheiten. Und Herr Lake will sogar dem Schiff, das er nicht kennt, einen Patentprozeß machen. Es wird also nicht an den hitzigsten Versuchen der Ententefreunde fehlen, den deutschen Schiffen in den amerikanischen Häfen alle nur erdenklichen Schwierigkeiten zu machen. Aber bei dem bloßen Versuch wird es auch bleiben, denn selbstverständlich ist bei dem deutschen Unternehmen alles aufs beste überlegt, und noch selbstverständlicher ist, daß unsere Schiffe, der deutschen Auffassung über den Begriff "Handelsschiff" entsprechend, nicht die geringste Bewaffnung an Bord haben. Allerdings einen Schutz haben sie: sie können tauchen. Alles weitere würde nur den Frachtraum unnötig verkleinern.
Man kann sich den Eindruck einigermaßen vorstellen, den es gerade auf die Amerikaner gemacht hat, als sie die Inserate lasen, in denen ihnen offeriert wird, Poststücke und Papiere sicher und unzensiert nach Deutschland zu befördern. Was wird die Welt dazu sagen, daß es den Deutschen gelungen ist, gegen den Willen der Engländer Farbstoffe und Medikamente mitten im Kriege und trotz der Blockade nach Amerika einzuführen und sich höchst nützliche Rückfracht zu besorgen. Hat es sich wirklich gelohnt, daß England mit allen Neutralen in Streit kam, weil die neutrale Briefpost aufgebrochen und beschlagnahmt wurde, um die Verschiffung von Wertpapieren aus Deutschland nach Amerika zu verhindern. Dieser Sorgen sind jene und wir ein für allemal enthoben: unsere Handels-Tauchboote holen alles gründlich nach.
Seit dem denkwürdigen Tag, an dem "U 9" die erste, glänzende Probe von der Leistungsfähigkeit der deutschen Tauchboote abgelegt hat, sind noch keine zwei Jahre vergangen. Seitdem sind diese Boote zu einem unentbehrlichen Kriegsmittel geworden, wichtig für den Kampf gegen die feindliche Kriegsflotte und von hohem Nutzen für den Handelskrieg. Nun bewähren sich deutsche Tauchboote überdies als ein unübertreffliches Verkehrsmittel der friedlichen Handelsschiffahrt während des Kriegs und des Blockadezustands. Viel weniger als zwei Jahre haben also genügt, um eine vordem ungeahnte Entwicklung herbeizuführen und neue Erfindungen des Schiffsbaues praktisch zur Ausführung zu bringen. Die Zeit ist mit uns gewesen: in gleicher Weise wie die Entente, die besonders England durch die längere Dauer des Kriegs, ohne gleichzeitig entscheidenden Vorteil zu gewinnen - weil die Blockade versagt - immer mehr Mißerfolg erlitt: Dardanellen, Salonik, Kut-el-Amara, Skagerrak, hat sich die deutsche Stellung zur See zusehends mit der fortschreitenden Zeit verbessert. Wir haben die Zeit nicht ungenützt verstreichen lassen. Die deutschen Tauchboote beweisen das. Das Auftauchen der "Deutschland" vor der Küste Amerikas konnte wohl die Machthaber in London daran erinnern, daß es nicht nur Boote für die Handelsschiffahrt sind, die man auf deutschen Werften während des Kriegs auf Stapel gelegt hat.
Wenn aber so auch die kriegerischen Mittel unseres Reiches gewachsen sind und noch weiter anschwellen, so kann sich doch Deutschland rühmen, in diesem Krieg ein Werk geschaffen zu haben, das nicht ein Sondergut der Deutschen sein soll, sondern durch dessen Gestaltung sich Wissenschaft und Technik ein unvergängliches Verdienst für die Fortschritte aller Völker erworben haben.

London, 11. Juli.
Reuter meldet aus Baltimore, daß die "Deutschland" gestern abend unterhalb Baltimore vor Anker gegangen sei, nachdem sie eine Reise von 4000 Meilen über den Atlantischen Ozean zurückgelegt hatte. Das Boot ist unter dem Schutze der Dunkelheit zwischen
Kap Charles und Kap Henry hindurchgeschlüpft und begann am Sonntag morgen in der Frühe durch Zeichen mit der Sirene um einen Lotsen zu bitten. Dies lenkte die Aufmerksamkeit des Schleppbootes "Timmin" auf sich, das bereits seit vierzehn Tagen ununterbrochen Wache hielt, um das Tauchboot nach dem Hafen zu begleiten. Die "Deutschland" führte, als sie zwischen den beiden Kaps hindurchfuhr, keine Flagge, hißte jedoch die deutsche Handelsflagge, als sie mit eigener Kraft in die Bucht einfuhr. Wie der Lotse, der das Boot in die Bucht gelotst hatte, erklärte, trugen der Kapitän, die Offiziere und die Mannschaften alle die gewohnte Uniform der deutschen Kauffahrteiflotte. Die Mannschaft wird an Bord bleiben, bis die Hafenbehörden an Bord der "Deutschland" gewesen sein werden. Weiter will der Lotse vom Kapitän des Tauchbootes vernommen haben, der Zweck der Reise der "Deutschland" sei, Handel zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten zu treiben. Sobald die Fracht gelöscht sei, werde Nickel und Rohgummi an Bord gebracht werden. Während das Tauchboot an die Agenten des Nord-Deutschen Lloyd konsigniert ist, ist die Ladung bestimmt für die Eastern Forwarding Co., die hier vor kurzem gegründet ist, angeblich ausschließlich für den Verkehr der unterseeischen Frachtschiffahrt. H. G. Hilken von der Schumacher Co. versichert, daß die "Deutschland" ausschließlich zu Handelszwecken ausgeschickt worden sei und der Reederei "Ozean" in Bremen gehöre. Der Plan, derartige Boote zu bauen, sei vor neun Monaten durch den Sohn des früheren Direktors des Norddeutschen Lloyd, Lohmann, entworfen worden, der die Gesellschaft "Ozean" gegründet hat. Wie Hilken weiter mitteilt, ist die "Deutschland" 315 Fuß lang, die größte Breite ist 30 Fuß. Das Boot wird durch zwei Diesel-Ölmotoren betrieben.

Haag, 11 Juli.
Holländische Blätterberichte aus in London eingetroffenen amerikanische Telegrammen:
Der Kapitän des Schleppboot, der dem Tauchboot entgegenfuhr, sagte, daß das Boot den größten Teil der Reise auf der Oberfläche fuhr. Die Seereise betrug 4380 Meilen, wovon 1800 Meilen unter dem Wasser gefahren wurden. Andere Tauchboote sollen diesem Boote nachfolgen, so daß ein geregelter Verkehr Deutschlands mit Amerika betrieben werden könnte. Die Mannschaft besteht aus 29 Köpfen. Die Schnelligkeit des Bootes beträgt 14 Knoten. Der Kapitän will angeblich für 600000 Dollars Nickel und Kautschuk an Bord nehmen

London, 11. Juli.
Die "Morning Post" meldet aus Washington:
"In einem großen halbseitigen Inserat der Transatlantischen Preßgesellschaft wird die Ankunft eines deutschen Tauchbootes auf der Reede von Baltimore bekannt gemacht. Mittels des Tauchbootes können Geld und Korrespondenzen auf sicherem Wege ohne Gefahr britischer Übergriffe nach Deutschland zurückgesandt werden. Der österreichische Generalkonsul in New York, der einer der Mitdirektoren der Preßgesellschaft ist, hat das Inserat mit unterzeichnet. Falls das Tauchboot wirklich in Baltimore eingetroffen ist, würde das die Richtigkeit der vor einigen Tagen aus Madrid kommenden Meldung, daß ein deutsches Tauchboot nach den Vereinigten Staaten unterwegs sei, bestätigen.

Berlin, 11. Juli. (Priv.-Tel.)
Die "Voss. Ztg." schreibt:
"Im Herbst des letzten Jahres ist in Bremen auf Veranlassung von Herrn Alfred Lohmann, damals Präsident der Bremer Handelskammer, eine besondere Reederei gegründet worden, die den Verkehr durch Handelstauchboote mit Übersee aufnehmen sollte. In das Handelsregister Bremen wurde am 8. November 1915 eingetragen: Deutsche Ozean-Reederei G. m. b. H. Bremen, gegründet durch den Norddeutschen Lloyd, die Deutsche Bank und Herrn Alfred Lohmann Dem Aufsichtsrat gehören an: Alfred Lohmann als Vorsitzender, Generaldirektor Philipp Heinecken vom Norddeutschen Lloyd, Kommerzienrat Paul Millington, Herrmann von der Deutschen Bank in Berlin, Geschäftsführer ist Direktor Karl Stapelfeldt vom Norddeutschen Lloyd. Es sind verschiedene Tauchboote im Bau. Die beiden ersten, die "Deutschland" und "Bremen", schwimmen bereits auf dem Ozean. Die Größe der Boote beträgt etwa 2000 Tonnen. Weitere Mitteilungen über die Fahrt kann die Reederei aus begreiflichen Gründen nicht bekanntgeben. Die Erbauerin der "Deutschland" ist die Germaniawerft in Kiel. Deutschen Schiffsbauingenieuren ist es vorbehalten geblieben, diese in die Geschichte der Seeschiffahrt tief einschneidende Neuerung zu schaffen. "Deutschland" und "Bremen" heißen die ersten Boote, mit denen Englands Aushungerungskrieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn und die rechtswidrige Handelsblockade der gesamten Nordsee, die der bisherigen Praxis des Völkerrechts widerspricht, durchbrochen wird.
Von Amerika wurde gerade in letzter Zeit gemeldet, daß die Not an Farbstoffen so groß sei, daß wichtige Textilindustrien zum Stillstand kommen würden, Industrien, mit deren Fabrikaten Amerika während des Krieges erfolgreich Manchester und Yorkshire verdrängen konnte. England hat die Ausfuhr von Farbstoffen aus Deutschland nach Amerika verweigert, trotzdem Deutschlands Kriegführung davon nicht den geringsten Nutzen haben konnte, und Amerika hat sich seit über einem Jahre vergeblich mit milden Protesten begnügt. Deutschlands Initiative blieb es vorbehalten, den Weg zu zeigen um Amerika zu helfen. Es wird an den Neutralen liegen, ob sie sich die rechtswidrige Behandlung ihrer Seeschiffahrt durch England länger bieten lassen wollen zum Schaden ihrer eigenen und zum Nutzen der durch die Kriegführung schwer bedrängten englischen Industrie.

Baltimore, 11. Juli
Reuter meldet:
Kapitän König, der Kapitän der "Deutschland", erklärte heute morgen, daß die "Deutschland" das erste Schiff einer Flotte ähnlicher Schiffe sei, die gebaut werden, um regelmäßig über den Ozean Handel zu treiben. Das Boot ist mit ungefähr 750 Tonnen kostbarer Farbstoffe von Bremen abgegangen Als sich das Boot am Samstag abend dem Kap näherte, fand es den Weg frei. Das Schiff lag beigedreht mit dem Deck auf gleicher Höhe wie das Wasser und wartete, bis die Dunkelheit gekommen war, bevor es sich der Küste näherte Als der helle Halbmond kurz nach Mitternacht untergegangen war, lief das Boot mit voller Fahrt durch das Kap durch. Nachdem Kapitän König das Bureau der Agenten des Norddeutschen Lloyd besucht hatte, dementierte er den Bericht, daß er der Überbringer einer Botschaft des Deutschen Kaisers an den Präsidenten Wilson sei. Er übergab eine in Schreibmaschinenschrift hergestellte Mitteilung, nach der andere Tauchboote für die Kauffahrtei in Deutschland gebaut werden. Das nächste wird "Bremen" heißen. Er erklärte, daß er den Ozean in direktem Kurs von Helgoland aus durchfahren und 90 Meilen unter dem Meeresspiegel zurückgelegt hat. Er hat wiederholt den Rauch englischer Kreuzer und Torpedojäger in nördlicher Richtung gesehen und tauchte, wenn er dachte, daß Gefahr der Entdeckung vorhanden sei, unter. König sagte, daß der Frachtpreis, der für den Transport der Ladung bezahlt wurde, mehr als genüge, um alle Kosten für den Bau der "Deutschland" zu decken.

Paris, 11. Juli.
Havas meldet aus Washington, obgleich noch keine amtliche Erklärung vorliege, glaube man doch, die "Deutschland" werde als Handelschiff betrachtet werden.  Nach anderweitigen Meldungen habe der englische Botschafter darauf bestanden, daß das deutsche Tauchboot als Kriegsschiff anzusehen sei und infolgedessen nur 24 Stunden verweilen dürfe. Staatssekretär Lansing dagegen erklärte vor einigen Tagen, das Schiff werde als Handelsschiff angesehen werden, wenn es den Charakter als Handelsschiff aufweise. Die Entscheidung der amerikanischen Behörden wird von dem Ergebnis der noch vorzunehmenden Untersuchung abhängen

New York, 11. Juli.
Die Ankunft der "Deutschland" erregt das allergrößte Aufsehen und wird in allen Blättern als epochemachend dargestellt.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im Juli 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
4. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1916)

2) "Frankfurter Zeitung" (1916)

 

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