Das
Tauchboot "Deutschland" ein Sieg der deutschen Technik
Berlin,
12. Juli.
In der ganzen Welt hat die Ankunft des deutschen
Tauchhandelsschiffes "Deutschland" das inzwischen
anscheinend von den Amerikanern auch völkerrechtlich als reines
Handelsschiff anerkannt worden ist und selbstverständlich anerkannt
werden mußte, Staunen und Bewunderung hervorgerufen Die neutrale
Presse spricht übereinstimmend von dem großen Erfolg, den wieder
einmal die deutsche Technik auszuweisen hat, und in holländischen Blättern kommt ziemlich deutlich zum Ausdruck, daß durch das
Tauchhandelsschiff "Deutschland" die englische Blockade
ein großes Leck bekommen hat. Reuter verbreitet ein Telegramm, das
das Gespräch mit einem hohen Beamten der britischen Admiralität
wiedergeben soll, wonach die Fahrt der "Deutschland" seemännisch
keine Tat darstelle. Es hätten ja bereits zehn englische
Tauchboote, die in Kanada erbaut worden seien, im vergangenen Sommer
die Reise über den Ozean gemacht. Also, um es kurz zu sagen, der
Rekord soll wieder einmal bei England sein. In Wirklichkeit liegen
die Dinge ganz anders. Es ist richtig, daß im vorigen Sommer
neutralitätswidrigerweise auf dem Umwege über Montreal zehn
amerikanische Tauchboote nach England geliefert worden sind. Die
Behauptung, diese Boote hätten eine gleichwertige Leistung
vollbracht wie die "Deutschland", stimmt durchaus nicht. Die "Deutschland" hat von Bremen nach Baltimore
eine Strecke zurückgelegt, ohne unterwegs irgendwo anlaufen zu können
und ohne die Möglichkeit zu haben, von irgendwo unterwegs ihre
Betriebsmittel zu ergänzen. Die amerikanischen Tauchboote sind
damals in zwei Abteilungen gefahren, die eine direkt nach England,
die andere den etwas längeren Weg nach Gibraltar. Der Weg, den die
erste Gruppe zurücklegte, betrug 2500, der Weg der zweiten Gruppe
2700 Seemeilen. Das ist eine wesentlich geringere Leistung, als sie
von unserer neuesten "Deutschland" vollbracht worden ist.
Außerdem fuhren aber diese amerikanischen Boote gemeinsam und unter
dem Schutz von Begleitschiffen. Der eine Transport war von einem
englischen Kreuzer eskortiert, der andere von einem großen
Transportdampfer. Beide Gruppen haben also die Möglichkeit gehabt,
unterwegs Betriebsmittel aufzunehmen, und sie sind wohl auch kaum in
die Lage gekommen, auch nur einen kleinen Teil der zurückgelegten
Strecke unter Wasser fahren zu müssen. In technischer Hinsicht ist
die Leistung der "Deutschland", die auf sich allein
angewiesen war und ohne Schutzbegleitung fahren mußte, unantastbar,
und auch der Einwand der Patentverletzung ist lächerlich. Der
Vertreter der Lake-Co. hat im Augenblick des Eintreffens des
Schiffes, als er dieses noch gar nicht gesehen hatte, die Verletzung
eines Patentes behauptet. Es kann sich dabei nur um den Anspruch
handeln, daß die Gesellschaft zuerst die Idee einer Verwendung von
Unterseebooten zur Handelsschiffahrt gehabt habe. Selbstverständlich
ist eine Idee als solche nicht patentfähig, sonst könnten ja auch
die Erben von Jules Vernes mit Ansprüchen auf Entschädigung
kommen. Der Vergleich zeigt die Lächerlichkeit des Auftretens der
amerikanischen Gesellschaft. Es ist aber begreiflich, daß die
Lake-Co. die Gelegenheit benutzen will, um für sich etwas Reklame
zu machen. Das liegt der Gesellschaft an sich, und außerdem hat sie
es wohl auch nötig, denn die von ihr gebauten Tauchboote sind
technisch nicht auf einer allzu großen Höhe. Es ist bezeichnend,
daß der amerikanische Marinesekretär Daniels in der
Budget-Kommission des Repräsentantenhauses noch im Dezember 1914,
als von unseren Tauchbooten schon recht erhebliche Leistungen
vollbracht worden waren, erklären mußte, daß sich das seegehende
Tauchboot noch im Stadium des Versuchs befinde. Und der Kommandant
der amerikanischen Unterseebootsflottille, ein außerordentlich tüchtiger
und sachverständiger Offizier, erklärte auf Grund seiner
Erfahrungen in den Herbstmanövern 1914, daß sich von den zwölf
Tauchbooten, die ihm zur Verfügung standen, nur eines als brauchbar
erwiesen habe. Das zeigt am besten die Notwendigkeit, daß die
Lake-Co. mit ihrer Reklame hervortritt. Aber daß die öffentliche
Meinung in Amerika und auch die uns nicht gerade sehr freundliche
amerikanische große Presse die Leistungen der deutschen Technik im
Unterseebootsbau unumschränkt anzuerkennen bereit ist, hat sie in
diesen Tagen bewiesen, und wenn es natürlich auch vielen
Amerikanern unangenehm sein wird, daß Deutschland diesen Triumph
errungen hat, so wird es doch wahrscheinlich viele Amerikaner geben,
die sich freuen, daß wieder eine direkte Verbindung mit Deutschland
hergestellt ist. 2)
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