Der Weltkrieg am 20. November 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

Auf einer Nachschubstraße hinter der Sommefront
Auf einer Nachschubstraße hinter der Sommefront
Aufnahme vom 20. November 1916

Der deutsche Heeresbericht:

Der Westteil von Grandcourt zurückgewonnen 

Großes Hauptquartier, 20. November. 
Westlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: 
Das englische Artilleriefeuer war gestern im ganzen geringer, stark nur auf beiden Ancre-Ufern. Zwischen Serre und Beaucourt sowie gegen unsere Stellungen südlich von Miraumont in den Abendstunden vorbrechende Angriffe scheiterten verlustreich. Im Handgranatenkampf warf unsere Infanterie die Engländer aus dem Westteil von Grandcourt hinaus. In den Gegenangriffen der letzten Wochen sind 22 Offiziere, 900 Mann gefangen, 34 Maschinengewehre erbeutet worden. Erneut versuchte der Franzose, von Nordwesten her in den St.-Pierre-Vaast-Wald einzudringen; er wurde zurückgeschlagen, obwohl starkes Feuer den mit frischen Kräften geführten Angriff vorbereitet hatte. 
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern: 
Bei starker Kälte war die Gefechtstätigkeit durchweg gering. 
Front des Generalobersten Erzherzogs Carl: 
Unsere Operationen gegen die russisch-rumänische Front nehmen plangemäß ihren Fortgang. Nordöstlich von Campolung erschöpfen in täglichen vergeblichen Angriffen die Rumänen ihre durcheinandergeworfenen Verbände. 
Balkan-Kriegsschauplatz: 
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen: 
In der Dobrudscha und längs der Donau bis zum Hafen von Oltina (östlich von Silistria) Artilleriefeuer. 
Mazedonische Front: 
Die Einnahme der neuen Stellungen nördlich von Monastir hat sich ohne Störung durch den Gegner vollzogen. Neue deutsche Kräfte haben die Kampfzone erreicht. An der Moglenafront sind serbische Vorstöße bei Bahovo und Tusin von den Bulgaren abgewiesen worden.

Der Erste Generalquartiermeister.
  Ludendorff.
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Vormarsch auf Craiova

Berlin, 20. November, abends. (Amtlich.)
Artilleriekampf nördlich der Somme. 
Unsere Truppen nähern sich Crajova, der Hauptstadt der westlichen Walachei. 
An der unteren Donau und an der Struma lebhafteres Feuer.
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Die großen englischen Verluste an der Somme

Berlin, 20. November.
Von militärischer Seite wird geschrieben:
Die Teilangriffe der letzten Wochen hatten die anglo-französischen Heere nicht weiter gebracht. Nachdem die eigenen Blätter sich gegen diese Kampfart gewandt und erklärt hatten, daß Erfolge auf diese Weise nicht zu erreichen seien, versuchten es die Engländer neuerdings wieder unter reichlicher Beanspruchung ihrer Kolonialtruppen mit Massenstürmen. Es ist nicht anzunehmen, daß diese Methode lange beibehalten wird, denn die Angriffe am 18. und 19. kosteten den Engländern geradezu ungeheuerliche Verluste. Der schwedische Hauptmann Noerregaard bezifferte am 12. November in "Dagens Nyheter" den englischen Blutzoll für den Kilometer in den letzten Monaten auf sechsundvierzigtausend Mann, während er im Juli sechszehntausend für den Kilometer betrug. Der Monat November wird eine neue wesentliche Steigerung der bereits gebrachten Opfer bringen, die nach vorsichtiger Schätzung für den Zeitraum vom 1. Juli bis etwa 1. November mindestens sechshunderttausend Mann betragen. Die ersten Erfolge gegen Beaumont - Hamel und Beaucourt haben die Engländer in eine schwierige Lage versetzt, da die deutsche Artilleriebeobachtung über die Höhen von Serre verfügt und die in die genommenen Stellungen eingedrungenen Truppen von deutschem Artilleriefeuer gefaßt und zusammengeschossen wurden. Den Versuch, sich aus dieser schwierigen Situation zu befreien, haben die Engländer jedoch mit noch schwereren Verlusten bezahlen müssen, ohne irgendetwas zu erreichen. Die bei Sturm und Regen über das verschlammte Gelände vorgetriebenen Sturmtruppen werden, in Schlamm und Morast steckend, von dem deutschen Artillerie- und Maschinengewehrfeuer niedergemäht. In der Nacht vom 18. auf den 19. wurden die Angriffe auf der ganzen Front von Serre bis Warlencourt wiederholt. Es gelang lediglich, in einen Teil von Grandcourt einzudringen, doch schon am folgenden Vormittag wurden die Engländer im Handgranatenkampfe wieder hinausgeworfen. Die im Vorgelände für den Durchbrach bereitgestellte Kavallerie kam natürlich nicht zum Eingreifen. Ebenso versagte die Begleitung des Sturmangriffes durch Panzerautomobile, von denen eins durch Volltreffer südlich Grandcourt vernichtet wurde. Die Deutschen machten bei ihren Gegenangriffen in der letzten Woche 22 Offiziere und 900 Mann zu Gefangenen und erbeuteten 34 Maschinengewehre. Davon entfallen allein auf den 18. November 11 Offiziere, 370 Mann und 20 Maschinengewehre. Wie die Engländer, hatten auch die Franzosen keinerlei Erfolg. Ihre noch am Abend des 19. versuchten Angriffe gegen den St.-Pierre-Vaast-Wald wurden blutig abgewiesen. Die Entscheidung an der Somme ist längst gefallen. Jeder Durchbruchsversuch ist zum Scheitern verdammt. Allein angetrieben von der entflammten Volksstimmung und fortgerissen von der im Somme-Abschnitt aufgebauten und in Bewegung gesetzten Kriegsmaschine, treiben die englische und französische Heeresleitung ihre Truppen immer von neuem gegen den Feuergürtel der Verteidiger vor, mit dem einzigen Ergebnis, daß bei geringen örtlichen Fortschritten ihre Verluste immer grauenhaftere Ausmaße annehmen.
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Erster Weltkrieg: Die Paßstraße von Predeal
Die Paßstraße von Predeal 

Die Folgen der siegreichen Schlacht von Targu Jiu

Von zuständiger Stelle erfährt das W. T. B.:
Mit der Niederlage der Rumänen in der Schlacht von Targu Jiu und dem Durchbruch der deutsch-österreichischen Truppen am 18. November bis zur Bahnlinie Orsova-Craiova sind die Kriegshandlungen gegen Rumänien in eine neue Phase eingetreten. Dieser rasch und energisch durchgeführte Vorstoß hat noch größere Bedeutung als der Durchbruch in der Dobrudscha, wodurch die Rumänen im Osten gefesselt und vom Osten her bedroht wurden. Mit dem Vorstoß zur Bahnlinie Orsova-Craiova wurde die Tür zur walachischen Ebene eingedrückt. Nachdem im Oktober noch um die Schlüsselpunkte im Norden Rumäniens in den siebenbürgischen Gebirgen erbittert gerungen wurde, wuchs nach der Bezwingung der Pässe der Druck der Mittelmächte entsprechend ihrem Raumgewinne nach Süden von Tag zu Tag. Im Gleichmaß mit diesem Druck dehnte sich auch die Kampffront beiderseits der hauptsächlich bedrohten Mittelpunkte bei Predeal und nördlich Campolung aus, so dass schließlich in den Gebirgen der Moldau und in den Walacheikarpathen auf allen Punkten bis hinunter nach Orsova gerungen wurde. Im Raume des Predeal-Passes wurden vom 5. bis 11. November die Höhen westlich von Busteni erstürmt, im Ausgange des Törzburger Passes drangen die Angreifer nördlich Campolung vom 12. bis 17. November bis in die Linie Candesti-Namaesti vor. 25 km südlich des Roten-Turm-Passes besetzten sie am 9. November Sardoni und am 12. den Fruntu-Berg. Die Rumänen wehrten sich an der ausgedehnten Kampffront mit großer Zähigkeit und machten erbitterte Gegenstöße, besonders im Predeal-Paß nördlich Campolung, sowie im Auslauf des Gebietes des Roten-Turm-Passes und im Jiul-Tal.
Alle diese verzweifelten Angriffe, mit denen die Rumänen das Vordringen der Mittelmächte aufzuhalten und dem wachsenden Druck bei Predeal und Campolung zu begegnen suchten, brachten ihnen trotz sehr hoher Blutopfer nicht nur an den Angriffsstellen keine örtlichen Gewinne, sondern sie vermochten auch nicht, den täglich stürmischer vordringenden Österreich-Ungarn und Deutschen Halt zu gebieten. Am 18. November wurde dieser Druck derartig stark, daß der Verteidigungsgürtel im Jiul-Tal nicht mehr standhalten konnte und zersprang. In heißer Schlacht wurden die Rumänen trotz zähesten Widerstandes bei Targu Jiu unter außerordentlich schweren blutigen Verlusten entscheidend geschlagen. Wie die Schlacht im Raume Constanza-Cernavoda, stellt die Schlacht bei Targu Jiu einen der Marksteine in der Geschichte des rumänischen Feldzuges dar. Die siegreichen Truppen der Zentralmächte nützten augenblicklich ihren Erfolg aus und brachen trotz ungeheurer Hindernisse, verschneiter Wege und kaum gangbarer, geschweige denn fahrbarer Straßen in die walachische Ebene durch. Ein vom Osten gegen die durchbrechenden Truppen geführter rumänischer Gegenstoß konnte das Schicksal der Entscheidungsschlacht nicht mehr wenden. Die Kolonnen sind im Vormarsch.
Die Schlacht bei Targu Jiu ist ein neuer Beweis für das exakte Zusammenarbeiten und die innige Waffenbrüderschaft der österreichisch-ungarischen und deutschen Truppen unter weitschauender Führung. Auffallend ist, daß die rumänische Zivilbevölkerung, durch die schwere Niederlage aufgestachelt, sich am Kampfe beteiligt. Auf Kolonnen und Truppen wird häufig aus dem Hinterhalt geschossen. Mit dem Abschneiden der Eisenbahnlinie Orsova - Craiova haben die bei Orsova kämpfenden rumänischen Verbände ihre einzige Rückzugslinie verloren. Die deutsche Heeresleitung meldet für den Zeitraum vom 1. bis 18. November eine Gesamtbeute von 189 Offizieren, 19388 Mann, 26 Geschützen und 72 Maschinengewehren. Nach den riesigen Verlusten der Rumänen in der Dobrudscha und in Siebenbürgen trifft sie der neue Schlag sehr schwer. Gegen den Einbruch in die Walachei erblaßt der rein lokale Erfolg Sarrails bei Monastir vollkommen.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die vergeblichen rumänischen Angriffe bei Campolung 

Wien, 20. November. 
Amtlich wird verlautbart:
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Heeresfront des Generalobersten Erzherzogs Carl: 
Die Operationen gegen Rumänien verlaufen planmäßig. Nördlich von Campolung wurden wieder heftige Angriffe abgeschlagen.
Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keinerlei Ereignisse von Bedeutung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
 v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der bulgarische Heeresbericht:

Die Kämpfe bei Monastir (Bitolia)

Sofia, 20. November.
Bericht des Generalstabes vom 19. November. (Verspätet eingetroffen.)
Mazedonische Front:
Zwischen Prespa-See und Cerna schwache Artillerietätigkeit. Im Cerna-Bogen gelang es dem Feinde nach schweren und blutigen Kämpfen während der beiden letzten Tage, sich auf der Höhe 1212 nördlich des Dorfes Cegel festzusetzen. Diese neugeschaffene taktische Lage zwang zur Zurücknahme der verbündeten Truppen auf dem rechten Flügel nördlich von Bitolia. An der Moglena-Front und auf beiden Seiten des Wardar schwaches Artilleriefeuer. In der Nacht vom 18. auf den 19. November griff ein feindliches Bataillon unseren Beobachtungsposten bei dem Dorfe Doldzeli an und besetzte ihn. Infolge heftigen Artilleriefeuers und eines Gegenangriffes mußte sich der Feind jedoch zurückziehen, wobei er schwere Verluste erlitt. Am Fuße der Belasica Planina und an der Struma-Front schwache Artillerietätigkeit. Feindliche Abteilungen, die am 17. November unter dem Schutze von Nebel vorzurücken versuchten, erlitten durch unser Feuer schwere Verluste. Allein westlich von Tschiflik und Evsikbey fanden wir 40 feindliche Leichen, zahlreiche zerstreute Gewehre und militärische Gegenstände und ungefähr 100 frische Gräber. In der Umgegend von Drama schoß bei dem Dorfe Boiran Leutnant v. Eschwege nach Luftkampf seinen dritten Gegner, den englischen Nieuport- Doppeldecker Nr. 3979 ab. Der feindliche Flieger wurde getötet. An der Küste des Ägäischen Meeres Ruhe.
Rumänische Front:
Längs der Donau in einigen Abschnitten nur Artillerie- und Infanteriefeuer. In der Dobrudscha Patrouillengefechte und schwaches Artilleriefeuer.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 20. November. 
Amtlicher Heeresbericht (verspätet eingetroffen): 
Kaukasusfront: Am rechten Flügel schoben wir, abgesehen von unserem gestrigen Erfolge, noch an einer anderen Stelle unsere Front um 20 Kilometer vor. 
Ägyptische Front: Wir warfen den Feind, der sich am 15. November unter dem Schutz von Maschinengewehren und Artillerie der Verteidigungslinie von Ebu-Djerad zu nähern versuchte, zurück.

 

Kronrat in Athen

Athen, 20. November. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
Die Alliierten verlangten, daß dem deutschen, dem österreichisch-ungarischen, dem türkischen und dem bulgarischen Gesandten ihre Pässe ausgehändigt werden. Die Regierung betrachtet diese Forderung als unannehmbar. Es wurde ein Kabinettsrat unter dem Vorsitz des Königs abgehalten, um die Angelegenheit zu besprechen. Der König hat für morgen früh 10 Uhr einen Kronrat einberufen. Es herrscht große Beunruhigung, da die Alliierten verlangt haben, daß die feindlichen Gesandten am Mittwoch abreisen.
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Ausweisung der Gesandten der Mittelmächte aus Athen

Athen, 20. November. (Meldung des Reuterschen Bureaus.)
Der deutsche, der österreichisch-ungarische, der bulgarische und der türkische Gesandte müssen sich auf einem Dampfer einschiffen, der zu ihrer Verfügung gestellt worden ist. Anderenfalls würden sie mit Gewalt entfernt werden.
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Der 1. Weltkrieg im November 1916

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TEXTQUELLEN:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen
Nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus
5. Band
Nationaler Verlag, Berlin SW 68
(1917)

 

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