Der Weltkrieg am 31. Januar 1917

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Französische Angriffe an der lothringischen Grenze abgewiesen - 
Sturmerfolg an der Aa; über 900 Russen gefangen

Großes Hauptquartier, 31 . Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Starker Frost und Schneefälle schränkten die Gefechtstätigkeit ein.
An der Lothringer Grenze bei Leintrey war von Mittag an der Artilleriekampf stark. Abends griffen die Franzosen einen Teil unserer Stellungen an; sie wurden abgewiesen.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Front des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Auf dem Ostufer der Aa stürmten unsere Truppen eine russische Waldstellung und wiesen in ihr mehrere starke Gegenangriffe zurück. 14 Offiziere und über 900 Mann wurden gefangen, 15 Maschinengewehre erbeutet.
Front des Generalobersten Erzherzogs Joseph:
Nach heftigem Feuer griffen die Russen mehrmals die Stellungen südlich der Valeputna-Straße an. Zwei starke Angriffe scheiterten. Beim dritten Sturm gelang es einer russischen Abteilung, in einen Stützpunkt einzudringen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Nahe der Donau gingen starke feindliche Aufklärungsabteilungen vor; sie wurden von den osmanischen Posten zurückgetrieben.
Mazedonische Front:
Deutsche Erkunder brachten von einer Streife im Cerna-Bogen mehrere Italiener ein.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
1)

 

Geringe Gefechtstätigkeit an allen Fronten

Berlin, 31. Januar, abends. (Amtlich.)
Bei Kälte und Schneefall an allen Fronten nur geringe Gefechtstätigkeit.

 

Der Dank des Kaisers an das Volk

Berlin, 31. Januar.
Der "Reichsanzeiger" veröffentlicht nachstehenden Kaiserlichen Erlaß:
Dem Ernste der Zeit entsprechend, sind auf meinen Wunsch auch an Meinem diesjährigen Geburtstage die landesüblichen festlichen Veranstaltungen auf kirchliche und Schulfeiern beschränkt worden. Das deutsche Volk hat es sich aber nicht nehmen lassen, an diesem Tage im Gotteshause und daheim Meiner mit treuer Fürbitte zu gedenken und Mir freundliche Glück- und Segenswünsche telegraphisch und schriftlich aus allen Gauen des Vaterlandes darzubringen. Aus diesen überaus zahlreichen Kundgebungen städtischer, ländlicher und kirchlicher Gemeinden, Korporationen und Vereinigungen aller Art sind Mir mit überwältigender Kraft und Einmütigkeit entgegengeklungen: die Entrüstung über die schnöde Zurückweisung unseres Friedensangebotes und die enthüllten schändlichen Pläne unserer Feinde, sowie das Gelöbnis, jedes Opfer an Gut und Blut freudig zu tragen, um das Vaterland vor der ihm zugedachten Erniedrigung zu bewahren und den verweigerten Frieden mit allem Nachdruck unserer Waffen zu erzwingen. Tiefbewegt durch solche Äußerungen echter Vaterlandsliebe möchte Ich allen - jung und alt in Stadt und Land - die sich an Meinem Geburtstage zu erneutem Treugelöbnis gedrungen gefühlt haben, hierdurch Meinen wärmsten Dank sagen. Schwere Zeiten liegen noch vor uns, äußerste Kräfteanspannung fordert die Not des Vaterlandes von jedem einzelnen. Aber fest und unerschütterlich steht das deutsche Volk, von Kraftbewußtsein und Siegeswillen erfüllt, im Felde und in der Heimat zur Verteidigung seiner gerechten Sache bis zum letzten Mann bereit. Und mit Zuversicht sehe Ich dem Ausgange des blutigen Ringens um Sein und Nichtsein von Kaiser und Reich entgegen. Gott wird auch weiter mit uns sein und unseren Waffen den Sieg verleihen.
Ich ersuche Sie, diesen Erlaß zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.
Großes Hauptquartier, den 30. Januar 1917. Wilhelm I. R.
An den Reichskanzler.

 

Verkündung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges

Das Meer um England und Frankreich und der größte Teil des Mittelmeeres als Sperrgebiet erklärt - Rede des Reichskanzlers (Deutsche Note an Amerika)

Berlin, 31. Januar.
In der heutigen Sitzung des Hauptausschusses des Reichstages nahm der Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg das Wort zu folgenden Ausführungen:
Am 12. Dezember habe ich im Reichstage die Erwägungen dargelegt, die zu unserem Friedensangebot geführt hatten. Die Antwort unserer Gegner hat klipp und klar dahin gelautet, daß sie Verhandlungen mit uns über den Frieden ablehnen, daß sie nur von einem Frieden etwas wissen wollen, den sie diktieren. Damit ist vor aller Welt die Schuldfrage wegen der Fortsetzung des Krieges entschieden. Die Schuld lastet allein auf unseren Gegnern. Ebenso fest steht unsere Aufgabe. Über die Bedingungen des Feindes können wir nicht diskutieren. Nur von einem aufs Haupt geschlagenen Volke könnten sie angenommen werden. Kämpfen also heißt es.
Die Botschaft des Präsidenten Wilson an den Kongreß zeigt seinen ernsten Wunsch, den Weltfrieden wieder herbeizuführen. Viele der von ihm aufgestellten Maximen begegnen sich mit unseren Zielen. Freiheit der Meere, Beseitigung des Systems der balance of power das immer zu neuen Verwicklungen führen muß. Gleichberechtigung der Nationen, offene Tür. Was aber sind die Friedensbedingungen der Entente? Deutschlands Wehrmacht soll vernichtet werden, Elsaß-Lothringen und unsere Ostmarken sollen wir verlieren, die Donau-Monarchie soll aufgelöst, Bulgarien abermals um seine nationale Einheit betrogen, die Türkei aus Europa verdrängt und in Asien zerschlagen werden. Die Vernichtungsabsichten unserer Gegner können nicht stärker ausgedrückt werden.
Zum Kampfe aufs letzte sind wir herausgefordert. Wir nehmen die Herausforderung an. Wir setzen alles ein und werden siegen. Durch diese Entwicklung der Dinge ist die Entscheidung über die Führung des U-Boot-Krieges in ihr letztes und akutes Stadium gedrängt worden.
Die Frage des U-Boot-Krieges hat uns, wie die Herren sich erinnern werden, gemeinsam in diesem Ausschuß dreimal beschäftigt: im März, im Mai und im September vorigen Jahres. Ich habe jedesmal den Herren in eingehenden Darlegungen das Für und Wider der Frage vorgetragen. Ich habe mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß ich jedesmal pro tempore sprach, nicht als grundsätzlicher Anhänger oder grundfalscher Gegner der uneingeschränkten Anwendung der U-Boote, sondern in Erwägung der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Gesamtsituation, immer von der Prüfung der Frage ausgehend: Bringt uns der uneingeschränkte U-Boot-Krieg dem siegreichen Frieden näher oder nicht? "Jedes Mittel - sagte ich im März -, das den Krieg abzukürzen geeignet ist, ist das allerhumanste.“ "Auch das rücksichtsloseste Mittel, das uns zum Siege und zum schnellen Siege führt - sagte ich damals -, muß angewandt werden.“
Der Reichskanzler führte dann weiter aus, weshalb er im März und im Mai des vergangenen Jahres gegen den uneingeschränkten U-Boot-Krieg gewesen sei und weshalb die Frage auch im September nach dem übereinstimmenden Urteil der politischen und der militärischen Leitung nicht spruchreif war. Er kam in diesem Zusammenhang auf seine frühere Äußerung zurück: "Sobald ich in Übereinstimmung mit der Obersten Heeresleitung zu der Überzeugung komme, daß uns der rücksichtslose U-Boot-Krieg dem siegreichen Frieden nähert, dann wird der U-Boot-Krieg gemacht werden." "Dieser Zeitpunkt," fuhr er fort, "ist jetzt gekommen. Im vorigen Herbst war die Zeit noch nicht reif, aber heute ist der Augenblick gekommen, wo wir mit der größten Aussicht auf Erfolg das Unternehmen wagen können. Einen späteren Zeitpunkt dürfen wir aber auch nicht abwarten. Was hat sich geändert? Zunächst das Wichtigste. Die Zahl unserer U-Boote hat sich gegen das vorige Frühjahr sehr wesentlich erhöht. Damit ist eine feste Grundlage für den Erfolg geschaffen.
Dann der zweite mitausschlaggebende Punkt: die schlechte Weltgetreideernte. Sie stellt schon jetzt England, Frankreich und Italien vor ernste Schwierigkeiten. Wir haben die feste Hoffnung, diese Schwierigkeiten durch den unbeschränkten U-Boot-Krieg zur Unerträglichkeit zu steigern. Auch die Kohlenfrage ist im Kriege eine Lebensfrage. Sie ist schon jetzt, wie Sie wissen, in Frankreich und Italien kritisch. Unsere U-Boote werden sie noch kritischer machen. Hierzu kommt namentlich für England die Zufuhr von Erzen für die Munitionsfabrikation in weitestem Sinne und von Holz für den Kohlenbergbau. Noch gesteigert werden die Schwierigkeiten unserer Feinde auf diesen Gebieten durch die Zunahme der feindlichen Frachtraumnot. Hier hat die Zeit und hat der Kreuzerkrieg der U-Boote dem entscheidenden Schlag vorgearbeitet. Unter der Frachtraumnot leidet die Entente in allen ihren Gliedern. Sie macht sich für Italien und Frankreich nicht weniger als für England geltend. Dürfen wir so jetzt die positiven Vorteile des uneingeschränkten
U-Boot-Krieges sehr viel höher einschätzen als im vorigen Frühjahr, so sind gleichzeitig die Gefahren, die uns aus dem U-Boot-Krieg erwachsen, seit jener Zeit gesunken."
Der Reichskanzler erörterte darauf eingehend die allgemeine politische Lage. Er fuhr dann fort: "Der Feldmarschall Hindenburg hat mir vor wenigen Tagen die Lage wie folgt bezeichnet: Unsere Front steht auf allen Seiten fest. Wir haben überall die nötigen Reserven. Die Stimmung der Truppen ist gut und zuversichtlich. Die militärische Gesamtlage läßt es zu, alle Folgen auf uns zu nehmen, die der uneingeschränkte U-Boot-Krieg nach sich ziehen könnte. Und weil dieser U-Boot-Krieg unter allen Umständen ein Mittel ist, um unsere Feinde auf das schwerste zu schädigen, muß er begonnen werden. Admiralstab und Hochseeflotte sind der festen Überzeugung, einer Überzeugung, die in den Erfahrungen des U-Boot-Kreuzerkrieges ihre praktische Stütze findet, daß England durch diese Waffe zum Frieden gebracht werden wird. Unsere Verbündeten stimmen unseren Ansichten zu. Österreich-Ungarn schließt sich unserem Vorgehen auch praktisch an. Ebenso wie wir um England und die Westküste von Frankreich ein Sperrgebiet legen, in dem wir jede Schiffahrt nach den feindlichen Ländern zu verhindern trachten werden, ebenso erklärt Österreich-Ungarn ein Sperrgebiet um Italien. Allen neutralen Ländern ist für den Verkehr untereinander außerhalb des Sperrgebietes freie Bahn gelassen. Amerika bieten wir ebenso, wie wir es schon 1915 getan haben, unter bestimmten Modalitäten gescherten Personenverkehr auch mit den bestimmten englischen Häfen an."
Darauf verlas der Reichskanzler die Note an die Regierung der Vereinigten Staaten und teilte mit, daß entsprechende Noten an die übrigen Neutralen gerichtet worden sind.
Der Reichskanzler schloß mit folgenden Worten: "Niemand unter uns wird vor dem Ernst des Schrittes, den wir tun, die Augen verschließen. Daß es um unser Leben geht, weiß seit dem 4. August 1914 jeder. Und durch die Ablehnung unseres Friedensangebotes ist dies Wissen blutig unterstrichen. Als wir 1914 gegenüber der russischen Generalmobilmachung zum Schwerte greifen mußten, da taten wir es in dem Gefühle tiefster Verantwortung gegen unser Volk und in dem Bewußtsein entschlossener Kraft, die da spricht: Wir müssen, darum können wir auch. Unendliche Ströme Blutes sind seitdem geflossen, aber das Müssen und Können haben sie nicht weggewaschen. Wenn wir uns jetzt zur Anwendung unserer besten und schärfsten Waffe entschlossen haben, so leitet uns nichts anderes als nüchterne Erwägung aller in Frage kommenden Umstände, nichts als der feste Wille, unserem Volke herauszuhelfen aus der Not
und Schmach, die ihm unsere Feinde zudenken. Der Erfolg steht in höherer Hand. Was Menschenkraft vermag, um ihn für unser Vaterland zu erzwingen, seien Sie sicher, meine Herren, nichts dazu ist versäumt, alles dazu wird geschehen."

Berlin, 31. Januar. 
Der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ist heute folgende Note übermittelt worden:
Eure Exzellenz haben die Güte gehabt, mir unter dem 22. d. M. von der Botschaft Mitteilung zu machen, die der Herr Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika am gleichen Tage an den amerikanischen Senat gerichtet hat. Die Kaiserliche Regierung hat von dem Inhalt der Botschaft mit ernster Aufmerksamkeit Kenntnis genommen, die den von hohem Verantwortlichkeitsgefühl getragenen Darlegungen des Herrn Präsidenten zukommt. Es gereicht ihr zu großer Genugtuung, festzustellen, daß die Richtlinien dieser bedeutsamen Kundgebung in weitem Umfange mit den Grundsätzen und Wünschen übereinstimmen, zu denen sich Deutschland bekennt. Hierzu gehört an erster Stelle: das Recht der Selbstbestimmung und die Gleichberechtigung aller Nationen; in Anerkennung dieses Prinzips würde Deutschland es aufrichtig begrüßen, wenn Völker, wie Irland und Indien, die sich der Segnungen staatlicher Unabhängigkeit nicht erfreuen, nunmehr ihre Freiheit erlangten. Bündnisse, die die Völker in den Wettbewerb um die Macht hineintreiben und in ein Netz eigennütziger Intrigen verstricken, lehnt auch das deutsche Volk ab. Dagegen ist seine freudige Mitarbeit allen Bemühungen gesichert, die auf die Verhütung künftiger Kriege abzielen. Die Freiheit der Meere als Vorbedingung für den freien Bestand und den friedlichen Verkehr der Völker hat ebenso wie die offene Tür für den Handel aller Nationen stets zu den leitenden Grundsätzen der deutschen Politik gehört. Um so tiefer beklagt es die Kaiserliche Regierung, daß das friedensfeindliche Verhalten ihrer Gegner es der Welt unmöglich macht, schon jetzt die Verwirklichung dieser erhabenen Ziele in Angriff zu nehmen. Deutschland und seine Verbündeten waren bereit, alsbald in Friedensverhandlungen einzutreten und hatten als Grundlage die Sicherung des Daseins, die Ehre und Entwicklungsfreiheit ihrer Völker bezeichnet. Ihre Pläne waren, wie sie in der Note vom 12. Dezember 1916 ausdrücklich betonten, nicht auf die Zerschmetterung oder Vernichtung der Gegner gerichtet und nach ihrer Überzeugung mit den Rechten der anderen Nationen wohl vereinbar. Was insbesondere Belgien anlangt, das den Gegenstand warmherziger Sympathien in den Vereinigten Staaten bildet, so hat der Reichskanzler wenige Wochen zuvor erklärt, daß eine Einverleibung Belgiens niemals in Deutschlands Absichten gelegen habe. Deutschland wollte in dem mit Belgien zu schließenden Frieden lediglich Vorsorge dafür treffen, daß dieses Land, mit dem die Kaiserliche Regierung in guten nachbarlichen Verhältnissen zu leben wünscht, von den Gegnern nicht zur Förderung feindlicher Anschläge ausgenutzt werden kann. Solche Vorsorge ist um so dringender geboten, als die feindlichen Machthaber in wiederholten Reden und namentlich in den Beschlüssen der Pariser Wirtschaftskonferenz unverhüllt die Absicht ausgesprochen haben, Deutschland auch nach Wiederherstellung des Friedens nicht als gleichberechtigt anzuerkennen, vielmehr systematisch weiter zu bekämpfen.
An der Eroberungssucht der Gegner, die den Frieden diktieren wollen, ist der Friedensversuch der vier Verbündeten gescheitert. Unter dem Aushängeschild des Nationalitätenprinzips haben sie als Kriegsziel enthüllt, Deutschland, Österreich-Ungarn, die Türkei und Bulgarien zu zerstückeln und zu entehren. Dem Verföhnungswunsch stellen sie ihren Vernichtungswillen entgegen. Sie wollen den Kampf bis aufs äußerste. So ist eine neue Sachlage entstanden, die auch Deutschland zu neuen Entschlüssen zwingt. Seit zwei und einhalb Jahren mißbraucht England seine Flottenmacht zu dem frevelhaften Versuch, Deutschland durch Hunger zur Unterwerfung zu zwingen. In brutaler Mißachtung des Völkerrechts unterbindet die von England geführte Mächtegruppe nicht nur den legitimen Handel ihrer Gegner; durch rücksichtslosen Druck nötigt sie auch die neutralen Staaten, jeden ihr nicht genehmen Handelsverkehr aufzugeben oder den Handel nach ihren willkürlichen Vorschriften einzuschränken. Das amerikanische Volk kennt die Bemühungen, die unternommen worden sind, um England und seine Bundesgenossen zur Rückkehr zum Völkerrecht und zur Achtung vor dem Gesetz der Freiheit der Meere zu bewegen. Die englische Regierung verharrt bei ihrem Aushungerungskrieg, der zwar die Wehrkraft des Gegners nicht trifft, aber Frauen und Kinder, Kranke und Greise zwingt, um ihres Vaterlandes willen schmerzliche, die Volkskraft gefährdende Entbehrungen zu erdulden. So häuft britische Herrschsucht kalten Herzens die Leiden der Welt, unbekümmert um jedes Gebot der Menschlichkeit, unbekümmert um die Proteste der schwergeschädigten Neutralen, unbekümmert selbst um die stumme Friedenssehnsucht bei den Völkern der eigenen Bundesgenossen. Jeder Tag, den das furchtbare Ringen andauert, bringt neue Verwüstungen, neue Not und neuen Tod. Jeder Tag, um den der Krieg abgekürzt wird, erhält auf beiden Seiten Tausenden tapferer Kämpfer das Leben und ist eine Wohltat für die gepeinigte Menschheit.
Die Kaiserliche Regierung würde es vor ihrem eigenen Gewissen, vor dem deutschen Volk und vor der Geschichte nicht verantworten können, wenn sie irgendein Mittel unversucht ließe, das Ende des Krieges zu beschleunigen. Mit dem Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten hatte sie gehofft, dieses Ziel durch Verhandlungen zu erreichen. Nachdem der Versuch zur Verständigung von den Gegnern mit verschärfter Kampfansage beantwortet worden ist, muß die Kaiserliche Regierung, wenn sie in höherem Sinne der Menschheit dienen und sich an den eigenen Volksgenossen nicht versündigen will, den ihr von neuem ausgedrungenen Kampf ums Dasein nunmehr unter vollem Einsatz aller Waffen fortführen. Sie muß daher auch die Beschränkungen fallen lassen, die sie sich bisher in der Verwendung ihrer Kampfmittel zur See auferlegt hat.
Im Vertrauen darauf, daß das amerikanische Volk und seine Regierung sich den Gründen dieses Entschlusses und seiner Notwendigkeit nicht verschließen werden, hofft die Kaiserliche Regierung, daß die Vereinigten Staaten die neue Sachlage von der hohen Warte der Unparteilichkeit würdigen und auch an ihrem Teil mithelfen werden, weiteres Elend und vermeidbare Opfer an Menschenleben zu verhüten.
Indem ich wegen der Einzelheiten der geplanten Kriegsmaßnahmen zur See auf die anliegende Denkschrift Bezug nehmen darf, darf ich gleichzeitig der Erwartung Ausdruck geben, daß die amerikanische Regierung amerikanische Schiffe vor dem Einlaufen in die in der Anlage beschriebenen Sperrgebiete und ihre Staatsangehörigen davor warnen wird, den mit Häfen der Sperrgebiete verkehrenden Schiffen Passagiere oder Waren anzuvertrauen.
Ich benutze diesen Anlaß, um Eurer Exzellenz den Ausdruck meiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern. (gez.) Zimmermann.

 

Der Mißbrauch feindlicher Lazarettschiff (Eine Denkschrift der deutschen Regierung)

Berlin, 31. Januar.
Am 29. d. M. wurde der amerikanischen und der spanischen Botschaft zur Übermittelung an die britische und die französische Regierung folgende Denkschrift der deutschen Regierung über den Mißbrauch feindlicher Lazarettschiffe übergeben, in der es unter anderem heißt:
"Seit geraumer Zeit haben die feindlichen Regierungen, insbesondere die britische, ihre Lazarettschiffe nicht nur zu Zwecken der Hilfeleistung für Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige, sondern auch zu militärischen Zwecken benutzt und dadurch das Haager Abkommen über die Anwendung der Genfer Konvention auf den Seekrieg verletzt.
Die deutsche Regierung wäre dem Vertragsbruch der Feinde gegenüber berechtigt, sich auch ihrerseits von dem Abkommen in seinem vollen Umfange loszusagen, doch will sie davon aus Gründen der Menschlichkeit noch Abstand nehmen. Andererseits kann sie nicht länger zulassen, daß die britische Regierung ihre Truppen- und Munitionstransporte nach dem Hauptkriegsgebiet unter dem heuchlerischen Deckmantel des Roten Kreuzes ungefährdet befördert, sie erklärt daher, daß sie von nun an kein feindliches Lazarettschiff in dem Seegebiet dulden wird, das zwischen den Linien Flamborough Head und Terschelling einerseits, Onessant und Landsend andererseits liegt. Sollten in diesem Seegebiet nach einer angemessenen Frist noch feindliche Lazarettschiffe angetroffen werden, so würden sie als kriegführende angesehen und ohne weiteres angegriffen werden. Die deutsche Regierung glaubt zu dieser Maßnahme um so eher schreiten zu können, als den feindlichen Lazarettschiffen der Weg vom westlichen und südlichen Frankreich nach dem Westen Englands freibleibt und daher der Transport verwundeter Engländer in ihre Heimat nach wie vor ungehindert erfolgen kann."

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 31. Januar.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Mackensen:
Die osmanischen Truppen wiesen nächst der Serethmündung starke russische Erkundungstruppen ab.
Heeresfront des Generalobersten Erzherzogs Joseph:
Im Mestecanesci-Abschnitt nahmen die Russen ihre Angriffe wieder auf. Zwei ihrer Anstürme wurden restlos abgewiesen. Bei einem dritten ging uns ein Stützpunkt südlich der Valeputna-Straße verloren.
Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern:
Südlich des Pripjet keine besonderen Ereignisse.
Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unverändert.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

 

Die Note Österreich-Ungarns über den uneingeschränkten U-Boot-Krieg

Wien, 31. Januar.
Eine an sämtliche neutralen Staaten von dem Minister des Auswärtigen Grafen Czernin gerichtete Note führt unter anderem aus: Gegenüber der Absicht der Gegner, die Heere Österreich-Ungarns und seiner Verbündeten zu bezwingen, ihre Flotten zu vernichten und ihre Bevölkerungen auszuhungern, muß der Kampf seinen Fortgang nehmen zu Lande und zur See mit allen, auch den schärfsten Waffen. Die Gegner waren schon bisher bestrebt den Seeverkehr Österreich-Ungarns und seiner Verbündeten zu unterbinden und diesen Mächten jede Zufuhr abzuschneiden. Gleichwie auf anderen Meeren haben sie auch in der Adria sogar Hospitalschiffe sowie unbewaffnete Personendampfer ohne vorherige Warnung torpediert. Österreich-Ungarn und seine Verbündeten werden fortan ihrerseits die gleiche Methode anwenden, indem sie Großbritannien, Frankreich und Italien von jedem Seeverkehr abschneiden und zu diesem Behufe vom 1. Februar 1917 ab innerhalb eines bestimmten Sperrgebietes jede Schiffahrt mit allen Mitteln verhindern werden.

 

Erste Wirkungen der deutschen Sperrgebietserklärung - Ausfahrtverbot der holländischen Dampfer

Ymuiden, 31. Januar.
Den holländischen Dampfern "Zeelandia", "Ystroom" und "Rynstroom" ist auf Veranlassung der holländischen Regierung die Ausfahrt verboten worden. Das Verbot bezieht sich auf alle holländischen Dampfer und Fischerfahrzeuge, die die niederländischen Hoheitsgewässer verlassen wollen, und ist durch die verschärfte deutsche Tauchboottaktik, die mit dem 1. Februar beginnt, veranlaßt worden. Fremde Fahrzeuge sollen beim Verlassen der Hafen gewarnt werden. Man wartet auf die Festlegung der ungefährdeten Fahrstraße.

 

Abänderung des norwegischen U-Boot-Erlasses

Kristiania, 31. Januar.
Durch Königlichen Erlaß wurde heute verfügt, daß der Königliche Erlaß vorn 13. Oktober 1916 betreffend U-Boote mit Wirkung vom 6. Februar 1917 an folgendermaßen lauten soll: U-Boote, die zum Kriegsgebrauch ausgerüstet sind und kriegführenden Mächten gehören, dürfen sich nicht in norwegischen Hoheitsgewässern bewegen oder aufhalten. Wenn sie diesem Verbote entgegenhandeln, laufen sie Gefahr, ohne Warnung mit Waffengewalt angegriffen zu werden. Das Verbot soll nicht gegen U-Boote gerichtet sein, die sich wegen schlechten Wetters, Havarie oder um Menschenleben zu retten, auf norwegisches Seegebiet begeben. Das U-Boot soll sich dann innerhalb des Seegebiets in Überwasserstellung mit gehißter Nationalflagge oder internationalem Signal halten, welches den Grund seiner Anwesenheit angibt. Das U-Boot soll das norwegische Seegebiet verlassen, sobald der Grund, welcher es zum Verweilen berechtigt, weggefallen ist. U-Boote, die zum Kriegsgebrauch ausgerüstet sind und einer nichtkriegführenden fremden Macht angehören, dürfen ebenfalls nicht in norwegische Hoheitsgewässer einlaufen oder sich dort bewegen, außer bei hellem Tag in sichtigem Wetter und in Überwasserstellung mit gehißter Nationalflagge.

 

Der Untergang des Hilfskreuzers "Laurentic"

London, 31. Januar.
Die Admiralität teilt mit:
Es ist jetzt festgestellt, daß die "Laurentic" durch eine Mine untergegangen und nicht durch ein Unterseeboot versenkt worden ist.

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1917

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 5
Nationaler Verlag, Berlin (1917)

 

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