Der Weltkrieg am 25. Dezember 1917

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - BULGARISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Über 9000 Gefangene am Col del Rosso

Großes Hauptquartier, 25. Dezember.
Westlicher Kriegsschauplatz:
An der flandrischen Front, am La Bassée-Kanal und südwestlich von Cambrai lebte die Gefechtstätigkeit vorübergehend auf.
Zu beiden Seiten der Maas, am Hartmannsweilerkopf und im Thanner Tal war das Feuer zu einzelnen Tagesstunden gesteigert.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Nichts Neues.
Italienische Front:
Lebhafter Feuerkampf hielt tagsüber zwischen Asiago und der Brenta an. Feindliche Gegenangriffe gegen die neugewonnenen Stellungen und ein Vorstoß am Monte Pertica wurden abgewiesen.
Die Gefangenenzahl aus den Kämpfen um den Col del Rosso ist auf über 9000, darunter 270 Offiziere, gestiegen.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
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Beschlüsse über einen allgemeinen Frieden auf der Konferenz in Brest-Litowsk 

Neue zehntägige Frist für die Ententemächte - "Ohne gewaltsame Gebietserwerbungen und ohne Kriegsentschädigungen"

Brest-Litowsk, 25. Dezember. 
In der Sitzung vom 22. d. M. hatte die russische Delegation vorgeschlagen, den Friedensverhandlungen folgende sechs Punkte zugrunde zu legen:
1. Es wird keine gewaltsame Vereinigung von Gebieten gestattet, die während des Krieges in Besitz genommen sind. Die Truppen, die diese Gebiete besetzt halten, werden in kürzester Frist zurückgezogen.
2. Es wird in vollem Umfange die politische Selbständigkeit der Völker wiederhergestellt, die ihre Selbständigkeit in diesem Kriege verloren haben.
3. Den nationalen Gruppen, die vor dem Kriege politisch nicht selbständig waren, wird die Möglichkeit gewährleistet, die Frage der Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Staat oder ihrer staatlichen Selbständigkeit durch Referendum zu entscheiden. Dieses Referendum muß in der Weise veranstaltet werden, daß volle Unabhängigkeit bei der Stimmenabgabe für die ganze Bevölkerung des betreffenden Gebietes einschließlich der Auswanderer und Flüchtlinge gewährleistet ist.
4. In bezug auf Gebiete gemischter Nationalität wird das Recht der Minderheit durch ein besonderes Gesetz geschützt, das ihr die Selbständigkeit der nationalen Kultur und - falls dies praktisch durchführbar - autonome Verwaltung gibt.
5. Keines der kriegführenden Länder ist verpflichtet, einem anderen Lande sogenannte "Kriegskosten" zu zahlen; bereits erhobene Kontributionen sind zurückzuzahlen. Was den Ersatz der Verluste von Privatpersonen infolge des Krieges anbetrifft, so werden sie aus einem besonderen Fonds beglichen, zu dem die Kriegführenden proportional beitragen.
6. Koloniale Fragen werden unter Beachtung der unter 1 bis 4 dargelegten Grundsätze entschieden.
In der heute unter dem Vorsitz des bevollmächtigten Vertreters Österreich-Ungarns, Grafen Czernin abgehaltenen Plenarsitzung gab dieser namens der Delegation des Vierbundes eine Erklärung ab, in der er u. a. sagte:
Die Delegationen der Verbündeten sind in Übereinstimmung mit dem wiederholt kundgegebenen Standpunkt ihrer Regierungen der Ansicht, daß die Leitsätze des russischen Vorschlags eine diskutable Grundlage für einen solchen Frieden bilden können.
Die Delegationen des Vierbundes sind mit einem sofortigen allgemeinen Frieden ohne gewaltsame Gebietserwerbungen und ohne Kriegsentschädigungen einverstanden.
Es muß aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß sich sämtliche jetzt am Kriege beteiligten Mächte innerhalb einer angemessenen Frist ausnahmslos und ohne jeden Rückhalt zur genauesten Beobachtung der alle Völker in gleicher Weise bindenden Bedingungen verpflichten müssen, wenn die Voraussetzungen der russischen Darlegung erfüllt sein sollen.
Eine gewaltsame Aneignung von Gebieten, die während des Krieges besetzt worden sind, liegt nicht in den Absichten der verbündeten Regierungen.
Es liegt nicht in der Absicht der Verbündeten, eines der Völker, die in diesem Kriege ihre politische Selbständigkeit verloren haben, dieser Selbständigkeit zu berauben.
Die Frage der staatlichen Zugehörigkeit nationaler Gruppen, die keine staatliche Selbständigkeit besitzen, kann nach dem Standpunkte der Vierbundmächte nicht zwischenstaatlich geregelt werden. Sie ist im gegebenen Falle von jedem Staat mit seinen Völkern selbständig auf verfassungsmäßigem Wege zu lösen.
Desgleichen bildet nach Erklärungen von Staatsmännern des Vierbundes der Schutz des Rechts der Minoritäten einen wesentlichen Bestandteil des verfassungsmäßigen Selbstbestimmungsrechts der Völker. Auch die Regierungen der Verbündeten verschaffen diesem Grundsatze, soweit er praktisch durchführbar erscheint, überall Geltung.
Die verbündeten Mächte haben mehrfach die Möglichkeit betont, daß nicht nur auf den Ersatz der Kriegskosten, sondern auch auf den Ersatz der Kriegsschäden wechselseitig verzichtet werden könnte. Hiernach würden von jeder kriegführenden Macht nur die Aufwendungen für ihre in Kriegsgefangenschaft geratenen Angehörigen sowie die im eigenen Gebiet durch völkerrechtswidrige Gewaltakte den Zivilangehörigen des Gegners zugefügten Schäden zu ersetzen sein.
Die Rückgabe der während des Krieges gewaltsam in Besitz genommenen Kolonialgebiete ist ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Forderungen, von denen unter keinen Umständen abgegangen werden kann. Ebenso entspricht die russische Forderung der alsbaldigen Räumung solcher vom Feinde besetzten Gebiete den deutschen Absichten. Bei der Natur der deutschen Kolonialgebiete scheint, von den früher erörterten grundsätzlichen Erwägungen abgesehen, die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts in den von der russischen Delegation vorgeschlagenen Formen zurzeit nicht durchführbar.
Die von der russischen Delegation im Anschlusse an die eben erörterten sechs Punkte vorgeschlagenen Grundsätze für den wirtschaftlichen Verkehr finden die uneingeschränkte Zustimmung der Delegationen der verbündeten Mächte.
In Erwiderung hierauf erklärte der Führer der russischen Delegation nach längerer Debatte, die Delegation sei trotz noch bestehender Meinungsverschiedenheiten der Ansicht, daß die in der Antwort der Mächte des Vierbundes enthaltene offene Erklärung, keine aggressiven Absichten zu hegen, die faktische Möglichkeit biete, sofort zu Verhandlungen über einen allgemeinen Frieden unter allen kriegsführenden Staaten zu schreiten. Mit Rücksicht hierauf schlägt die russische Delegation eine zehntägige Unterbrechung der Verhandlungen vor, beginnend heute abend und endigend am 4. Januar 1918, damit die Völker, deren Regierungen sich den hier geführten Verhandlungen über einen allgemeinen Frieden noch nicht angeschlossen haben, die Möglichkeit geboten wird, sich mit den jetzt aufgestellten Prinzipien eines folgen Friedens bekanntzumachen. Nach Ablauf dieser Frist müssen die Verhandlungen unter allen Umständen fortgesetzt werden.
Der Führer der russischen Delegation sprach seine Bereitwilligkeit aus, sogleich in die Besprechung jener Einzelheiten einzutreten, die auch für den Fall allgemeiner Friedensverhandlungen den Gegenstand spezieller Erörterungen zwischen Rußland und den vier Verbündeten zu bilden hätten.
Auf Antrag des Staatssekretärs v. Kühlmann wurde einstimmig beschlossen, zur Vermeidung jeglichen Zeitverlustes und in Würdigung der Wichtigkeit der zu erfüllenden Aufgabe, diese Verhandlungen schon morgen vormittag zu beginnen.
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Englischer Fliegerangriff auf Mannheim

Mannheim, 25. Dezember. 
Englische Flieger bewarfen am gestrigen Weihnachtsabend die offene Stadt Mannheim mit Bomben. Keinerlei militärischer Schaden. Zwei Personen wurden getötet und zehn bis zwölf verletzt, darunter keine Militärpersonen, dagegen französische Kriegsgefangene. Ein Flugzeug wurde in der Pfalz zum Niedergehen gezwungen, die Insassen wurden gefangengenommen.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 25. Dezember.
Amtlich wird verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplatz:
Feindliche Gegenangriffe gegen unsere neuen Stellungen zwischen Asiago und der Brenta wurden erfolgreich abgewiesen. Die Zahl der Gefangenen seit dem 23. Dezember hat sich auf über 9000 Mann, darunter 270 Offiziere, erhöht. An den Kämpfen am 23. und 21. Dezember haben sich das Infanterieregiment Nr. 22 (Sini), das Infanterieregiment Nr. 27 (Graz), Teile der Infanterieregimenter 12 (Komarom), 51 (Kokosczvar), 34 (Wien), 102 (Beneschau), das Jägerbataillon Nr. 10 (Graz), das Sturmbataillon Nr. 11 und die Hochgebirgskompagnie Nr. 22 besonders ausgezeichnet.

  Der Chef des Generalstabes.

 

Der bulgarische Heeresbericht:

Sofia, 25. Dezember.
Mazedonische Front:
In der Gegend von Bitolja (Monastir) mäßige Feuertätigkeit. Mehrere starke feindliche Erkundungsabteilungen, die sich unseren Stellungen im Cerna-Bogen und in der Gegend der Moglena zu nähern versuchten, wurden durch Feuer vertrieben. Auf beiden Wardarufern hat das Geschützfeuer sich fühlbar verstärkt. Gruppen englischer Infanterie, die nach längerer Artillerievorbereitung gegen unsere Stellungen südwestlich von Dojran vorgingen, wurden unter Feuer genommen, das ihnen furchtbare Verluste beibrachte, worauf die noch übrigen Trümmer in ihre Gräben zurückflüchteten.
Im Strumatal haben wir einige feindliche Erkundungsabteilungen zerstreut.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 25. Dezember.
Palästinafront: Von See her feuerte der Gegner lebhaft, aber ergebnislos gegen unsere rechte Flügelgruppe. Am Vormittag des 23. Dezember setzte der Feind schwächere, nachmittags stärkere Kräfte gegen unsere Stellungen östlich von Nebala an. Alle Angriffe scheiterten an der Tapferkeit unserer Truppen, die den Gegner im Handgranatenkampf und durch Gegenstoß abwiesen. Wir konnten einige Gefangene einbringen. Schwerer Regen hält an der ganzen Front an.

 

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 7
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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