Staatssekretär
v. Hintze über die Vorgänge in Bulgarien
Staatssekretär
v. Hintze
Berlin,
27. September.
Im Hauptausschusse des Reichstages gab der Staatssekretär des
Auswärtigen Amts, v. Hintze, eine Erklärung über die Lage in
Bulgarien ab, in der er u. a. sagte:
Die Meldungen von der Front sind von der bulgarischen Regierung des
Ministerpräsidenten Malinow offenbar zu ungünstig ausgelegt
worden. Gestern vormittag ist in Sofia eine Pressenotiz erschienen,
wonach Bulgarien dem Oberkommandierenden der Ententekräfte in
Saloniki die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten und die
Aufnahme von Friedensverhandlungen vorschlägt. Eine bulgarische
Delegation, bestehend aus dem Finanzminister Liaptschew, dem General
Lukow und dem Gesandten Radew, sollte angeblich bereits Mittwoch
abend nach Saloniki abgereist sein. Aus den bisher vorliegenden
unvollständigen Nachrichten läßt sich noch nicht mit Sicherheit
erkennen, ob die bulgarische Regierung tatsächlich, wie sie zu
behaupten scheint, im Einverständnis mit der bulgarischen
Heeresleitung, dem bulgarischen Parlament und dem König gehandelt
hat, oder ob sie mehr oder weniger auf eigene Faust vorgegangen ist.
Im ganzen Lande macht sich eine starke Strömung gegen den Schritt
des Ministerpräsidenten Malinow bemerkbar. Als Symptom ist
bezeichnend, daß die bulgarische Friedensdelegation, die nach der
erwähnten Pressenotiz angeblich vor Mittwoch abend abgereist sein
sollte, bis gestern, Donnerstag mittag, Sofia noch nicht verlassen
hatte. Eine Gegenaktion der bundestreuen Elemente scheint
bevorzustehen.
Aus die ersten beunruhigenden Nachrichten von der mazedonischen
Front hat die deutsche Oberste Heeresleitung sofort aus den
verfügbaren Reserven starke Kräfte zur Unterstützung des
Bundesgenossen nach Bulgarien geworfen. Zum Teil sind diese
Verstärkungen bereits eingetroffen, zum Teil werden sie in den
nächsten Tagen zur Stelle sein. Auch die österreichisch-ungarische
Heeresleitung hat sehr namhafte Kräfte in Marsch gesetzt. Die
deutschen und österreichisch-ungarischen Verbände werden nach dem
Urteil der militärischen Sachverständigen durchaus genügen, um
die militärische Lage wiederherzustellen. Trotz mancher
hoffnungsvoller Momente ist die Lage aber heute noch zweifellos als
ernst zu bezeichnen. Schon in wenigen Tagen wird man indessen klarer
sehen. Ein Anlaß, die Bulgaren heute schon verloren zu geben, liegt
weder für Bulgarien noch für uns vor. |