Der Weltkrieg am 4. Oktober 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront Erster Weltkrieg: Eine amerikanische MG-Stellung nahe Exermont
Eine amerikanische MG-Stellung nahe Exermont
Aufnahme vom 4. Oktober 1918

 Der deutsche Heeresbericht:

Neuer englischer Durchbruchsversuch bei St. Quentin gescheitert

Großes Hauptquartier, 4. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
In Flandern griff der Feind mit starken Kräften zwischen Hooglede und Roeselare an. Beiderseits der Straße Staden-Roeselare drang er in unsere Linien ein; bayerische und rheinische Truppen warfen ihn in schneidigem Gegenstoß wieder zurück und machten hierbei etwa 100 Gefangene.
Vor Cambrai nichts Neues. Teilkämpfe südlich von Aubencheul und bei Proville, in denen 70 Gefangene eingebracht wurden.
Heeresgruppe Böhn:
Auf breiter Front zwischen Le Catelet und nördlich von St. Quentin setzte der Engländer erneut zu einheitlichem Durchbruchsversuch an. Beim ersten Ansturm gelang es dem Gegner, Le Catelet zu nehmen, bis Beaurevoir und Montbrehain vorzustoßen und in Sequehart einzudringen. Beiderseits von Le Catelet warfen wir den Feind wieder in und über seine Ausgangsstellungen zurück. Teile der Reserve-Infanterie-Regimenter 90 und 27 unter Major Goder, Rittmeister Freiherr v. Wangenheim und Oberleutnant Sleuner, sowie Batterien des 2. Garde-Feldartillerie-Regiments und des Feldartillerie-Regiments 208 zeichneten sich hierbei besonders aus. Beaurevoir wurde wiedergenommen. Umfassend angesetzter Angriff sächsischer, rheinischer und lothringischer Bataillone brachte uns wieder in den Besitz von Montbrehain. Sequehart blieb nach wechselvollem Kampf in Händen des Feindes. Am Abend folgten starkem Feuer südlich von St. Quentin feindliche Angriffe, die vor unseren Linien scheiterten.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Auf dem Rücken und an den Hängen des Chemin-des-Dames dauerten die heftigen Vorpostenkämpfe auch gestern an. Stärkerer Angriff der Italiener wurde abgewiesen.
An der neuen Aisne- und Kanalfront nordwestlich von Reims stehen wir überall in Gefechtsberührung mit dem Feinde.
In der Champagne griff der Franzose mit teilweise frisch eingesetzten französischen und amerikanischen Divisionen auf breiter Front zwischen
der Suippes und der Aisne an. Seit Beginn der Schlacht östlich der Suippes und bei St. Marie-à-Py im Kampf stehende westfälische und Jäger-Regimenter schlugen auch gestern wieder alle Angriffe des Feindes ab und machten hierbei mehr als 100 Gefangene. Nördlich von Somme-Py gelang es dem Gegner, auf dem Höhenzuge zwischen St. Etienne und Somme-Py, dem Weißen Berge und Medeah-Höhe Fuß zu fassen, im Gegenangriff warfen wir den Feind über die Höhen zurück. Kleine Franzosennester sind zurückgeblieben.
Auf der Front zwischen Orfeuil und der Aisne sind die Angriffe des Feindes vor unseren Linien gescheitert. Südlich von Liry und südwestlich von Monthois kam es hierbei zu besonders heftigen Kämpfen. Regimenter der Garde und aus Pommern, Rheinländer und Bayern warfen den Feind hier völlig zurück. Im Verein mit bayerischen Pionieren wurde dem in Challerange eingedrungenen Gegner der Ort wieder entrissen. Auch am Abend wiederholte Angriffe scheiterten. Heftige Teilangriffe des Feindes zwischen der Aisne und dem Argonner Walde wurden abgewiesen.
Wir schossen gestern 25 feindliche Flugzeuge und 7 Fesselballone ab. Leutnant Jacob errang seinen 35., Vizefeldwebel Dörr seinen 30. Luftsieg.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
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Amerikanische Durchbruchsversuche gescheitert

Berlin, 4.Oktober, abends. (Amtlich.) 
Heftige Angriffe des Feindes beiderseits von Roeselare, nördlich von St. Quentin, am Chemin-des-Dames und in der Champagne wurden abgewiesen. Zwischen den Argonnen und der Maas sind erneute Durchbruchsversuche der Amerikaner gescheitert.
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Dr. Solf Staatssekretär des Auswärtigen Amtes


Dr. Solf

Berlin, 4. Oktober. 
Die Reichstagsabgeordneten Gröber, Scheidemann und Erzberger sind zu Staatssekretären ohne Portefeuille ernannt worden. Auch die angekündigte Ernennung des Reichstagsabgeordneten Bauer zum Staatssekretär des neu zu errichtenden Reichsarbeitsamtes ist heute erfolgt. Zum Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ist der Staatssekretär des Reichskolonialamtes Dr. Solf berufen worden. Er wird sich aber, wie wir hören, auch in dieser neuen Stellung während der Dauer des Krieges von seinem bisherigen Ressort nicht trennen, dessen Geschäfte von dem Unterstaatssekretär Dr. Gleim geführt werden sollen.
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Italienische Beschießung von Durazzo

Wien, 4. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplatz:
Ein durch Artillerie unterstützter Angriff italienischer Sturmtrupps auf Stellungsteile in den Judikarien scheiterte im Handgranatenfeuer unserer Besatzungen.
Albanischer Kriegsschauplatz:
Die Rückverlegung unserer Gefechtsfront vollzieht sich plangemäß und ohne Störung durch den nachrückenden Feind. Am 2. Oktober haben etwa 30 Einheiten feindlicher Seestreitkräfte und eine größere Anzahl feindlicher Flieger durch zwei Stunden Stadt und Hafen von Durazzo bombardiert. Der Sachschaden ist unbedeutend. Ein Versuch des Gegners, mit Torpedofahrzeugen und Gleitbooten in den Hafen einzudringen, scheiterte an der Abwehr der Landverteidigung und eigener Seestreitkräfte, wobei ein feindliches Gleitboot in den Grund geschossen wurde.

  Der Chef des Generalstabes. 1)

 

Abdankung des Zaren Ferdinand von Bulgarien


Ferdinand von Bulgarien


Boris von Bulgarien

Sofia, 4. Oktober. 
König Ferdinand hat gestern zugunsten des Kronprinzen Boris abgedankt. König Boris trat die Regierung an.
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Waffenstillstand Bulgariens mit der Entente unterzeichnet - Die Friedensbedingungen für Bulgarien

Berlin, 4. Oktober. 
Der Transozeangesellschaft geht aus Sofia unter dem Datum des 2. Oktober die folgende Meldung zu: Bulgariens Waffenstillstand mit der Entente ist heute unterzeichnet worden. Die offizielle Veröffentlichung dieses Schrittes und der Bedingungen erfolgt am 4. Oktober in der Sobranje. Über die Friedensbedingungen verlautet folgendes: 1. Demobilisierung des bulgarischen Heeres bis auf eine, nach anderen Mitteilungen, zwei Divisionen. Die westlich des Meridians von Skopie befindlichen bulgarischen Truppen werden in Kriegsgefangenschaft übergeführt. 2. Räumung aller seit 1915 besetzten fremden Gebiete, doch erhält Bulgarien voraussichtlich die Dobrudscha bis Kobanin. Die mazedonische Frage bleibt offen bis zum allgemeinen Friedenskongreß. 3. Abzug aller Deutschen und Österreicher binnen vier Wochen. 4. Die Unverletzlichkeit Altbulgariens wird garantiert, ebenso seine Souveränität.
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Wilsons Rede über den Völkerbund 

Die neuen fünf Punkte

US-Präsident Woodrow Wilson
US-Präsident Woodrow Wilson

Berlin, 4. Oktober. 
Präsident Wilson sagte in seiner Rede vom 27. vorigen Monats, deren englischer Text eingetroffen ist, u. a. folgendes: Es ist notwendig, daß alle, die an den Tisch der Friedensverhandlungen kommen, bereit und willig sind, den Preis zu bezahlen, den einzigen Preis, der uns den dauernden Frieden verschaffen kann, und daß sie bereit und willig sind, in irgendeiner männlichen Weise das einzige Instrument zu schaffen, durch das sichergestellt werden kann, daß die Friedensabmachungen respektiert und ausgeführt werden. Dieses unerläßliche Instrument ist ein Völkerbund, geschlossen unter Bedingungen, die ihn wirksam machen. Und so viel ich sehe, muß die Bildung dieses Völkerbundes und eine klare Bestimmung seiner Gegenstände ein Teil und in gewissem Sinne der wesentlichste Teil des Friedensvertrages selbst sein. Es ist notwendig, den Frieden zu verbürgen, und der Friede kann nicht nachträglich verbürgt werden. Aber diese allgemeinen Ausdrücke erschöpfen den ganzen Gegenstand nicht. Einige Einzelheiten sind notwendig, um sie weniger als These und mehr als praktisches Programm klingen zu lassen. Ich spreche von diesen Einzelheiten mit um so größerem Vertrauen, weil ich sie als die autoritative Auslegung der Regierung von ihrer eigenen Pflicht in Sachen des Friedens bezeichnen kann.
1. Die unparteiische Gerechtigkeit darf keine Unterscheidung zwischen denen einschließen, gegen die wir gerecht zu sein wünschen und denen, gegen die wir nicht gerecht zu sein wünschen. Es muß eine Gerechtigkeit sein, die keine Begünstigung kennt und keine vermiedenen Maßgabe, sondern gleiche Rechte für die verschiedenen in Betracht kommenden Völker.
2. Kein besonderes oder abgetrenntes Interesse irgendeiner einzelnen Nation oder einer Gruppe von Nationen, das mit dem gemeinsamen Interesse aller unverträglich ist, kann zur Grundlage irgendeines Teiles des Abkommens gemacht werden.
3. Es kann in der allgemeinen gemeinsamen Familie des Völkerbundes keine Verbände, Bündnisse oder besondere Abmachungen und Verständigungen geben.
4. Es kann, und das geht mehr ins einzelne, keine besonderen wirtschaftlichen Kombinationen innerhalb des Bundes geben, keine Anwendung irgendeiner Form wirtschaftlichen Boykotts oder Ausschlusses, abgesehen von der im Völkerbund selbst als Strafmaßregel verhangten Ausschließung von den Weltmärkten, die als Mittel der Disziplin und der Kontrolle dient.
5. Alle internationalen Abmachungen und Verträge jeder Art müssen der ganzen übrigen Welt bekanntgegeben werden. Die Sonderbündnisse und die wirtschaftlichen Rivalitäten und Feindschaften sind in der modernen Welt eine ergiebige Quelle von Plänen und Leidenschaften geworden, die zum Kriege führten. Es wäre ein unaufrichtiger und unsichere Friede, der das nicht durch bestimmte Formeln ausschlösse.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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