Der Weltkrieg am 29. Oktober 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

Westfront 1. Weltkrieg: Von den Amerikanern bei Bouillonville eroberter deutscher Beute-Tank
Von den Amerikanern bei Bouillonville eroberter deutscher Beute-Tank
Aufnahme vom 29. Oktober 1918

 Der deutsche Heeresbericht:

Starke englische Angriffe bei Famars abgewiesen

Großes Hauptquartier, 29. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht: In der Lys-Niederung wiesen wir Teilangriffe des Gegners bei Olsene ab. Stärkere feindliche Abteilungen, die nordwestlich von Conde das östliche Schelde-Ufer zu gewinnen suchten, wurden im Gegenstoß zurückgeworfen. Südlich der Schelde drangen starke englische Angriffe bei Famars vorübergehend in unsere Linien ein. Das Infanterie-Regiment Nr. 176 unter Hauptmann Preusser warf den Feind völlig zurück. Die 7. Batterie Feldartillerie-Regiments Nr. 38, die 7. Batterie Feldartillerie- Regiments Nr. 71 und die Infanteriegeschützbatterie Nr. 38 trugen in vorderster Linie wesentlich zum Erfolge bei. Östlich von Artres wurden Teilangriffe des Gegners abgewiesen. Der Feind setzt die Zerstörung der Ortschaften in und östlich der Schelde-Niederung fort. Auch Valenciennes lag unter starkem feindlichen Feuer.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Angriffe der Franzosen gegen den Oise-Kanal zwischen Etreux und Lesquielles scheiterten in unserem zusammengefaßten Artilleriefeuer. Schwache Teile, die über den Kanal vorstießen, wurden im Gegenstoß zurückgeworfen. Westlich von Guise kamen feindliche Angriffe in unserem Feuer nicht voll zur Entwicklung. Am Souche-Abschnitt beiderseits der Straße
Laon-Marle wiesen posensche und westpreußische Regimenter am frühen Morgen starke Angriffe des Gegners ab.
Heeresgruppe Gallwitz:
Zwischen Aire und Maas zeitweilig auflebende Artillerietätigkeit.
Wir schossen in den beiden letzten Tagen 49 feindliche Flugzeuge und 3 Fesselballone ab.

Der Chef des Generalstabes des Feldheeres. 1)

 

Heftige französische Angriffe gescheitert

Berlin, 29. Oktober, abends. (Amtlich.) 
Teilkämpfe südlich der Lys und südlich von Le Quesnoy. Zwischen Nizy-le-Comte und der Aisne, sind in den Nachmittagsstunden sehr heftige Angriffe der Franzosen gescheitert.
1)

 

Deutschland und das Sonderfriedensangebot Österreich-Ungarns

Graf Andrassy
Graf Andrassy
K. u. k. Außenminister
Graf Wedel
Graf Wedel
Deutscher Botschafter in Wien

Wien, 29. Oktober. 
Das k. u. k. Telegraphen-Korrespondenz-Bureau meldet: Gegenüber den von verschiedenen inländischen Blättern gebrachten Mittelungen, von denen sich eine auf eine Unterredung mit dem hiesigen deutschen Botschafter beruft, sind wir ermächtigt, nachstehendes festzustellen: Die Kaiserlich deutsche Regierung war durch wiederholte Mitteilungen der maßgebenden Stellen Österreich-Ungarns seit längerem in Kenntnis, daß die Monarchie den Krieg höchstens bis zu einem bestimmten Zeitpunkte werde fortführen können. Unmittelbar nach dem Amtsantritt des Grafen Andrassy am 26. d. M. hat der Kaiser dem Deutschen Kaiser in einem freundschaftlichen Telegramm in unzweideutiger Weise mitgeteilt, daß Österreich-Ungarn nunmehr veranlaßt sei, den entscheidenden Schritt zu unternehmen. In einer Unterredung zwischen dem Minister des Äußern und dem Kaiserlich deutschen Botschafter in Wien am gleichen Tage war letzterer gleiches auf den bevorstehenden Schritt der Monarchie vorbereitet worden. Noch vor der Absendung der Note an den Präsidenten der Vereinigten Staaten fand dann am 27. d. M. eine hierauf bezügliche Unterredung zwischen dem Grafen Andrassy und dem Grafen Wedel statt.

Zusatz des W. T. B.: 
Durch das Friedensangebot an Präsident Wilson war dem Wunsche der österreichisch-ungarischen Regierung auf einen baldigen Friedensschluß in vollem Umfange Rechnung getragen worden. Der Schwerpunkt der Demarche des Grafen Andrassy aber liegt in dem Angebot eines "Separatfriedens“. Daß ein solches Angebot "innerhalb 24 Stunden“ beabsichtigt sei, hat Kaiser Karl dem Deutschen Kaiser am 26. Oktober als einen "unabänderlichen Entschluß“ mitgeteilt.
Die Kaiserliche Regierung wurde damit vor eine vollendete, unabänderliche Tatsache gestellt, ohne daß ihr die Möglichkeit geboten worden war, dazu Stellung zu nehmen. Die Darstellung des k. u. k. Telegraphen - Korrespondenz - Bureaus muß daher als irreführend zurückgewiesen werden.
1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 29. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplatz:
Der gestrige Tag verlief für die tapferen Verteidiger des Asolone, Pertica und Solarolo ohne größere Infanteriekämpfe. Im Bereiche des Spinuccia haben unsere Truppen durch Gegenstöße Stellungsberichtigungen durchgeführt. Im Alano-Becken wurden unsere Sicherungstruppen zurückgedrückt. Die von starken feindlichen Kräften gegen unsere dortigen Kernstellungen unternommenen Angriffe brachen unter schweren Feindverlusten zusammen. Das ungarische Heeres-Infanterie-Regiment Nr. 133 und das Honved-Regiment Nr. 17 haben sich besonders hervorgetan. Am Piave tobt die Schlacht weiter. Der Feind vermochte erhebliche Verstärkungen heranzuziehen und setzt unter Entwicklung mächtiger Artilleriemassen seine Angriffe fort. Es wurde bei Valdobbiadene, nördlich von Morago und Seraglio, nächst den Piave-Brücken südlich von Susgana, bei Tezze und Polo di Piave erbittert gerungen. Wohl gelang es den Ententetruppen, dank der tapferen, überaus aktiv geführten Gegenwehr unserer Divisionen, nirgends, unsere Stellungen zu durchbrechen, doch wurde gegen Abend der Entschluß gefaßt, die am stärksten angegriffenen Abschnitte in eine hintere Linie zurückzunehmen. Diese Bewegung wurde in der Nacht durchgeführt.
Balkan-Kriegsschauplatz:
In Albanien haben unsere Nachhuten Alessio geräumt. An der Orina-Grenze herrscht wieder Ruhe.
In Serbien gingen unsere gestrigen Märsche ohne Gefechtsberührung mit dem Feinde vor sich. Dieser gelangte bis Palanka.

  Der Chef des Generalstabes.

 

Ausrufung der tschechoslowakischen Republik

Berlin, 29. Oktober. 
Den Blättern zufolge ist gestern in Prag die tschechische Republik proklamiert worden.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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