Der Weltkrieg am 10. November 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT


Ein amerikanisches Flugabwehr-MG in Raucourt
Aufnahme vom 10. November 1918

 Der deutsche Heeresbericht:

Rückzugsbewegungen zwischen Schelde und Maas

Großes Hauptquartier, 10. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Zwischen der Schelde und der Maas ist der Feind gestern unseren Bewegungen über Bonsec-Leuze-St. Ghislain-Maubeuge-Trelon und über die Sarmonne westlich von Charleville gefolgt. Auf den östlichen Maashöhen und in der Ebene von Woevre wurden mehrfache Vorstöße der Amerikaner abgewiesen.

Der Erste Generalquartiermeister
    Gröner.
1)

 

Bildung der Regierung Ebert-Haase – "Rat der Volksbeauftragten"

Ebert
Ebert
Haase
Haase
Scheidemann
Scheidemann

Berlin, 10. November.
Nach der Versammlung im Zirkus Busch tagte das politische Kabinett und konstituierte sich als Körperschaft mit gleichen Rechten als Rat der Volksbeauftragten. Den Vorsitz führen Ebert und Haase mit gleichen Rechten. Über die Besetzung der fachmännischen Ministerien hat der Rat der Volksbeauftragten Beratungen gepflogen, die noch nicht zum Abschluß gekommen sind.

Berlin, 10. November.
Die Regierung ist perfekt. Die Verhandlungen zwischen der Sozialdemokratischen Partei und der Unabhängigen Sozialdemokratie zwecks Bildung einer gemeinsamen Regierung sind soeben zum Abschluß gelangt.
Der Vorstand der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei hat an den Vorstand der Sozialdemokratischen Partei ein Schreiben gerichtet, das die Bedingungen für den Eintritt der Unabhängigen Sozialdemokratie in das Kabinett enthält.
Die Sozialdemokratische Partei hat die in diesem Schreiben vorgelegten Bedingungen angenommen, worauf die Unabhängige Sozialdemokratische Partei ihre Zustimmung zum Eintritt in das Kabinett erklärte. Die Sozialdemokratische Partei hat die Abgeordneten Ebert, Landsberg und Scheidemann als Minister in Aussicht genommen. Das Kabinett wird also aus Barth, Dittmann, Ebert, Haase, Landsberg und Scheidemann bestehen.

 

Wilhelm II. in Holland

Berlin, 10. November.
Der Kaiser ist mit zehn Herren Gefolge in Arnheim in Holland eingetroffen und wird dort in der Villa des Baron Bentinck Wohnung nehmen.

Amsterdam, 10. November.
Holländische Blätter melden: Heute früh 7 Uhr trafen in Eysden auf der Straße von Visse her zehn Autos mit kaiserlichen Wappen ein. Die Insassen waren: der Kaiser, der Kronprinz, höhere Offiziere und Hofwürdenträger, im ganzen 51 Personen. Sie verließen Spaa um 5 Uhr morgens und fuhren über Verviers und Battice. Um 8 Uhr morgens traf in Eysden ein Hofzug mit den Archiven und dem Personal des Großen Hauptquartiers ein. Die Autos wurden auf Waggons geladen, und mit der Eisenbahn setzten der Kaiser und sein Gefolge die Reise in nördlicher Richtung fort.

 

Die Waffenstillstandsbedingungen

Berlin, 10. November.
Folgendes ist ein Auszug aus den Waffenstillstandsbedingungen:
1. Inkrafttreten 6 Stunden nach Unterzeichnung.
2. Sofortige Räumung von Belgien, Frankreich, Elsaß-Lothringen binnen 14 Tagen. Was an Truppen nach dieser Zeit übrigbleibt, interniert oder kriegsgefangen.
3. Abzugeben 5000 Kanonen, zunächst schwere, 30000 Maschinengewehre, 3000 Minenwerfer, 2000 Flugzeuge.
4. Räumung des linken Rheinufers, Mainz, Koblenz, Köln besetzt vom Feind auf Radius von 30 Kilometern Tiefe.
5. Auf rechtem Rheinufer 30 bis 40 Kilometer Tiefe neutrale Zone, Räumung in 11 Tagen.
6. Auf linkem Rheinufergebiet nichts hinwegführen, alle Fabriken, Eisenbahnen usw. intakt belassen.
7. 5000 Lokomotiven, 150000 Waggons, 10000 Kraftwagen abgeben.
8. Unterhalt der feindlichen Besatzungstruppen durch Deutschland.
9. Im Osten alle Truppen hinter Grenze vom 1. 8. 1914 zurücknehmen, Termin dafür nicht angegeben.
10. Verzicht auf Verträge von Brest-Litowsk und Bukarest.
11. Bedingungslose Kapitulation von Ostafrika.
12. Rückgabe des Standes der Belgischen Bank, des russischen und rumänischen Goldes.
13. Rückgabe der Kriegsgefangenen ohne Gegenseitigkeit.
14. Abgabe von 160 U-Booten, 8 leichten Kreuzern, 6 Dreadnoughts; die übrigen Schiffe desarmiert und überwacht von Alliierten in neutralen oder alliierten Häfen.
15. Sicherheit der freien Durchfahrt durch das Kattegat; Wegräumung der Minenfelder und Besetzung aller Forts und Batterien, von denen aus diese Durchfahrt gehindert werden könnte.
16. Blockade bleibt bestehen. Deutsche Schiffe dürfen weiter gekapert werden.
17. Alle von Deutschland für Neutrale verhängten Beschränkungen der Schiffahrt werden aufgehoben.
18. Waffenstillstand dauert 30 Tage.

 

Eine Note an Wilson um Milderung der Bedingungen

Berlin, 10. November. (Amtlich.)
Heute morgen fand eine Besprechung der Staatssekretäre statt. Nach Bekanntgabe der Bedingungen des Waffenstillstandes wurden die Bedingungen angenommen. Entsprechende Weisungen sind der Friedensdelegation gegeben worden.
Heute nacht ist folgende Note an den Staatssekretär Lansing nach Washington gefunkt worden:
Herr Staatssekretär. Überzeugt von der Gemeinsamkeit der demokratischen Ziele und Ideale hat sich die deutsche Regierung an den Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten mit der Bitte gewandt, den Frieden wiederherzustellen. Dieser Friede sollte den Grundsätzen entsprechen, zu denen Präsident Wilson sich stets bekannt hat. Er sollte eine gerechte Lösung aller strittigen Fragen und eine dauernde Versöhnung der Völker zum Zwecke haben. Der Präsident hat ferner erklärt, daß er nicht mit dem deutschen Volke Krieg führen und es in seiner friedlichen Entwicklung nicht behindern wolle.
Die deutsche Regierung hat die Bedingungen für den Waffenstillstand erhalten.
Nach einer Blockade von 50 Monaten würden diese Bedingungen, insbesondere die Abgabe der Verkehrsmittel und die Unterhaltung der Besatzungstruppen bei gleichzeitiger Fortdauer der Blockade, die Ernährungslage Deutschlands zu einer verzweifelten gestalten und den Hungertod von Millionen Männern, Frauen und Kindern bedeuten.
Wir mußten die Bedingungen annehmen.
Wir machen aber den Präsidenten Wilson feierlich und ernst darauf aufmerksam, daß die Durchführung der Bedingungen im deutschen Volke das Gegenteil der Gesinnung erzeugen muß, die eine Voraussetzung für den Neuaufbau der Völkergemeinschaft bilden und einen dauerhaften Rechtsfrieden verbürgt.
Das deutsche Volk wendet sich daher in letzter Stunde nochmals an den Präsidenten mit der Bitte, auf eine Milderung der vernichtenden Bedingungen bei den alliierten Mächten hinzuwirken.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts.
Solf.

 

Der 1. Weltkrieg im November 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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