Bericht
aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 28. Januar 1915
von Gersdorff
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von der Planitz
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d´Elsa
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Einen knappen Tagemarsch von Soissons entfernt, also
nicht allzuweit von dem Kampffelde vom 13. und
14. Januar, über
das wir erst vor kurzem berichteten, hatten die Sachsen am 25. Januar
ihren Ehrentag. Die Kämpfe fanden auf der Hochebene von Craonne,
also auf historischem Boden statt. Das Gehöft Hurtebise, um dessen
Besitz am 6. und 7. März 1814 Franzosen und Russen erbittert gekämpft
hatten, bis es von den letzteren angezündet und geräumt wurde, liegt
- auch heute von französischer Artillerie gänzlich zerschossen und
ausgebrannt - als trauriger Mauerrest dicht hinter der Mitte der
deutschen Stellungen, aus denen heraus der Angriff erfolgte; ost-
und westwärts an das Gehöft anschließend, folgten die deutschen
Schützengraben dem Chemin des Dames, einem die Hochfläche von Craonne
entlang führenden Höhenwege, der im Jahre 1770 von dem Besitzer
des nahe gelegenen herrlichen Schlosses Le Bôve für die Prinzessinnen
von Frankreich angelegt worden war. Den deutschen Gräben dicht
gegenüber lagen die französischen in dreifacher Reihe. Die vorderste
Linie der letzteren nahm ganz ähnlich wie bei Soissons den Südrand
der Hochfläche und damit eine für Infanteriewirkung und Artilleriebeobachtung
günstige Stelle ein. Dazu stützte sich der linke Flügel auf ein
starkes, wohlausgebautes Erdwerk, und die Mitte besaß in der Höhle
von Creute einen bombensicheren Unterschlupf für starke Reserven.
Diese geräumige Höhle, eine der zahlreichen des großen Pariser Kalksteinbeckens,
diente einst den Bewohnern als Weinkeller, später als Wirtschaftsraum
und Stallung. Hier suchten 1814 die Einwohner wahrend der Schlacht
von Craonne Schutz vor dem Artilleriefeuer. Bei dem gegenwärtigen
Stellungskampfe war der Besitz eines derartigen Raumes von nicht
zu unterschätzender Bedeutung.
Es galt, den Franzosen die erwähnten Stellungen samt Erdwerk und Höhlen
zu entreißen. Nach ausgiebiger artilleristischer Vorbereitung schritt
unsere Infanterie, die unter den Befehlen der Generale v. Gersdorff und
von der Planitz stand, wahrend der Oberbefehl in Händen des Generals der
Infanterie d´Elsa lag , auf der ganzen Linie zum Angriff. Binnen wenigen
Minuten waren das Erdwerk und die durch das Feuer unserer Artillerie stark
erschütterte erste französische Linie erstürmt. Kurz darauf war auch die
zweite Linie in deutscher Hand. Über die Höhle hinweg ging dann der
Sturm gegen die dritte und letzte Stellung des Feindes. Binnen einer halben
Stunde war der Angreifer im Besitz des Erdwerkes und der drei Linien mit
Ausnahme des linken Angriffsflügels, wo der Feind erbitterten Widerstand
leistete. Auch die Höhle selbst, die nur einen, nach Süden gerichteten
schmalen Ausgang hatte, war noch in französischem Besitz.
Während sich unsere Truppen bereits südlich der Höhle in den eroberten
Stellungen einrichteten, wurde der Höhleneingang umstellt und unter Maschinengewehrfeuer
genommen. Es wurde Mitternacht, bis sich die hier eingeschlossene Besatzung
von rund 300 Köpfen ergab. Auf dem linken Angriffsflügel dauerten die
Kämpfe bis zum 26. Januar 5 Uhr morgens. Zu dieser Stunde war auch hier
der Widerstand des Feindes endgültig gebrochen, und der Angreifer auf
einer Frontbreite von 1500 Metern im Besitz des von ihm gesteckten Zieles:
der drei französischen Linien.
Fünf Offiziere, 1100 Mann, acht Maschinengewehre, ein Scheinwerfer und
ein großes, in der Höhle niedergelegtes Pionier-Depot waren in deutsche
Hand gefallen. Was von den französischen Verteidigern noch entkam, flüchtete
den Hang hinunter und grub sich dort ein, den Deutschen nunmehr die Hochflache
und damit ausgezeichnete neue Stellungen überlassend. Bei den französischen
Gefangenen und Toten - die Zahl der letzteren wird auf mindestens 1500
geschätzt - wurden die Nummern der Regimenter 18, 34, 49, 143, 218 und
249 festgestellt. Sie geboren zum XVIII. Armeekorps. Der zum Teil den
Pyrenäen entstammende Ersatz hat sich in der Verteidigung sehr tapfer
geschlagen. Aber auch er vermochte der unvergleichlichen Angriffslust
und Tapferkeit unserer Truppen auf die Dauer nicht zu widerstehen.
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