Der Weltkrieg am 10. Juli 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erfolgreiche Kämpfe in der Champagne und im Priesterwalde

Großes Hauptquartier, 10. Juli.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Tagsüber war die Gefechtstätigkeit auf der ganzen Front gering. Drei französische Angriffe bei Launois (am Südhang der Höhe 631 bei Ban de Sapt) scheiterten bereits in unserem Artilleriefeuer.
Nachts wurde in der Champagne, nordwestlich von Beau Séjour Ferme, ein vorspringender französischer Graben gestürmt; östlich anschließend unternahmen wir einige erfolgreiche Sprengungen.
Zwischen Ailly und Apremont fanden vereinzelte Nahkämpfe statt.
Im Priesterwalde verbesserten wir durch einen Vorstoß unsere neuen Stellungen. Seit 4. Juli sind in den Kämpfen zwischen Maas und Mosel 1798 Gefangene gemacht, darunter 21 Offiziere, 3 Geschütze, 12 Maschinengewehre, 18 Minenwerfer erbeutet. Bei Leintrey, östlich von Lunéville, wurden nächtliche Vorstöße des Feindes gegen unsere Vorposten abgewiesen.
Östlicher Kriegsschauplatz: 
Bei Ossowiez wurde ein feindlicher Angriff zurückgeschlagen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Die Lage bei den deutschen Truppen ist unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Fortdauer der Kämpfe bei Krasnik

Wien, 10. Juli.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Situation ist im großen unverändert.
Nördlich Krasnik erneuerten die Russen in der vergangenen Nacht nochmals erfolglos ihre Angriffe.
Italienischer Kriegsschauplatz: 
Die Ruhe an der küstenländischen Front hielt im allgemeinen an. Ein feindlicher Angriffsversuch bei Sdraussina wurde abgewiesen.
Im Kärntner Grenzgebiet hat sich nichts ereignet. An der Tiroler Front wurde ein italienischer Angriff auf unsere Stellungen nordöstlich des Kreuzbergsattels zum Stehen gebracht.
Gegen den Col di Lana gingen vorgestern nachmittag mehrere feindliche Bataillone vor. Das Feuer eines unserer Forts zwang sie zur Umkehr. Gestern vormittag versuchte ein Bataillon einen neuen Angriff; erst auf die kleinsten Entfernungen beschossen, hatte es große Verluste und mußte gleichfalls zurück. Die braven Standschützen betätigen im schwierigsten Hochgebirge ihre Unternehmungslust in erfolgreichen Kämpfen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 10. Juli.
Das Hauptquartier teilt mit:
An der Kaukasusfront versuchte am 8. Juli ein feindliches Kavallerie-Regiment auf dem rechten Flügel in der Nähe der Grenze eine unserer Abteilungen anzugreifen, die dem Feinde eine beherrschende Höhe abgenommen und besetzt hatte. Wir schlugen den Feind unter schweren Verlusten für ihn zurück. An der Dardanellenfront trat am 9. Juli bei Ari Burun und Sed ul Bahr keine Veränderung ein; es fand dort nur das gewöhnliche Artillerie- und Infanteriefeuer statt. Unsere vorgeschobenen anatolischen Batterien beschossen wirksam das feindliche Lager bei Tekke Burun sowie das Gelände in der Umgebung von Sed ul Bahr und eine auf dem Marsch befindliche Infanterieabteilung. Am Nachmittag brach in der Umgebung von Tekke Burun ein großer Brand aus; wir hörten von Zeit zu Zeit Explosionen.

 

Ein englisches Panzerschiff vor Kaba Tepe vertrieben

Konstantinopel, 10. Juli.
An der Dardanellenfront fand am 10. Juli bei Ari Burun und Sed-ül-Bahr keinerlei Veränderung statt, außer zeitweiligem Artilleriefeuer. Am Nachmittag erschien ein feindliches Panzerschiff vom Typ des "Nelson" vor Kaba Tepe unter dem Schutz von vier Torpedobooten und schleuderte ohne Erfolg mehr als 200 Granaten gegen unsere Stellungen. Wir haben nur einen Toten und zwei Verwundete. Mehrere Schüsse unserer Artillerie erreichten das Schiff und zwangen es sich zurückzuziehen. Infolge des wirksamen Feuers unserer anatolischen Batterien verlor die Tätigkeit des Feindes bei Ari Burun ihre bisherige Lebhaftigkeit. Diese Batterien feuerten gestern besonders gegen eine Haubitzbatterie westlich von Hissarlik wirksame Schüsse ab, wobei eine Haubitze einen Volltreffer erhielt. Feindliche Flieger überflogen die anatolische Seite der Meerenge, wurden aber durch das Feuer unserer Abwehrbatterien vertrieben. Auf den übrigen Fronten keinerlei Veränderung.
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Eine englische Niederlage in Arabien

London, 10. Juli.
Das Reutersche Bureau meldet amtlich: 
Infolge von Gerüchten, daß eine türkische Streitmacht von Jemen im Hinterlande von Aden die Grenze überschritten habe und gegen Lahedj vorrücke, schickte der Offizier, der in Aden den Oberbefehl führt, ein Kamelreiterkorps zur Aufklärung aus. Das Korps
berichtete, daß eine türkische Abteilung mit Feldgeschützen und einer großen Zahl von Arabern heranrücke. Es zog sich nach Lahedj zurück, wo es durch die Vorhut einer beweglichen Kolonne aus Aden, bestehend aus 250 Infanteristen mit zwei zehnpfündigen Geschützen, verstärkt wurde. Unsere Truppen in Lahedj wurden am 4. Juli von einer aus mehreren tausend Türken bestehenden Streitmacht angegriffen, die über 20 Geschütze verfügte und durch zahlreiche Araber verstärkt war. Unsere Truppen hielten sich aber trotz des feindlichen Feuers bis zum Einbruch der Nacht in den Stellungen. Ein Teil der Stadt Lahedj brannte. In der Nacht fanden noch Kämpfe Mann gegen Mann statt. Frontangriffe des Feindes wurden abgewiesen. Später begann der Feind aber unsere Truppen auch auf der Flanke anzugreifen. Inzwischen zog der Rest der beweglichen Kolonne aus Aden nach Lahedj. Er wurde durch Wassermangel und den lockeren Sand in seinen Bewegungen aufgehalten. Infolgedessen wurde beschlossen, die kleine Truppenabteilung, die Lahedj hielt, solle sich zurückziehen. Der Rückzug wurde am 5. Juli morgens in guter Ordnung durchgeführt. Das Detachement stieß zu dem Rest der Kolonne, der sich in Birnasr befand. Außer unter großer Hitze und Wassermangel hatten unsere Truppen auch unter Desertionen arabischer Transportgehilfen zu leiden. Sie zogen sich daher nach Aden zurück. Drei britische Offiziere wurden verwundet. Wir nahmen einen türkischen Major und 13 Mann gefangen.
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Ehrenvolle Bedingungen der Kapitulation in Südwestafrika

London, 10. Juli.
Nach einer Meldung des Reuterschen Bureaus betragen die deutschen Truppen in Südwestafrika, die sich ergeben haben, 204 Offiziere, 3166 Mann mit 37 Feldgeschützen und 22 Maschinengewehren.
Reuters Sonderdienst meldet dazu aus Kapstadt:
Botha verlangte die Übergabe der Deutschen bis zum 9. Juli 5 Uhr nachmittags, widrigenfalls der Angriff beginnen würde. Die Deutschen sahen ein, daß sie keine Hoffnung auf Entkommen hatten, und nahmen deshalb das Ultimatum an. Die gesamte deutsche Streitmacht, die nach der Union gebracht wird, soll gefangengehalten werden, bis der Krieg beendet ist, außer den Gefangenen, die in einem vorgeschriebenen Bezirk auf Ehrenwort freigegeben werden.
Dieselbe Quelle meldet aus Pretoria: 
General Botha berichtet, daß die Umzingelungsbewegung sehr schwer durchzuführen war. Man mußte unausgesetzt Tag und Nacht marschieren und lange Strecken ohne Wasser mit großer Geschwindigkeit durchmessen. Eine berittene und eine unberittene Infanteriebrigade werden vorläufig in Otavi bleiben. Gemäß den Übergabebedingungen werden die Offiziere der aktiven Truppen ihre Waffen behalten. Sie können gegen Ehrenwort ihren Wohnplatz unter gewissen Einschränkungen auswählen. Die übrigen Gefangenen werden in Orten, die die Union ihnen anweist, interniert. Die Reservisten aller Ränge werden ihre Waffen abliefern, ein Paroleformular ausfüllen und nachher wieder nach ihren Wohnorten zurückkehren können, um ihren gewohnten Berufen nachzugehen. Die Offiziere dürfen ihre Pferde behalten. Die Polizeitruppen werden wie aktives Militär behandelt. Die bürgerlichen Behörden können nach ihren Wohnorten zurückkehren, nachdem sie eine Paroleerklärung unterzeichnet haben, aber ohne ihr Amt ausüben und Gehaltsansprüche an die Union stellen zu können. Alles Kriegsmaterial wird an die Union abgeliefert. In dem Paroleformular verpflichtet sich der Unterzeichnende, die Feindseligkeiten während des gegenwärtigen Krieges nicht wieder aufzunehmen.
Anmerkung des W. T. B.:
Diese Reuter-Meldungen beweisen, daß die Übergabe unter sehr ehrenvollen Bedingungen an die erdrückende englische Übermacht erfolgt sein muß.
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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

 

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