Der Weltkrieg am 4. Oktober 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Vergebliche französische und russische Angriffe

Großes Hauptquartier, 4. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Gestern früh erschienen vor Zeebrügge 5 Monitore und legten ein wirkungsloses Feuer auf die Küste; drei belgische Bewohner fielen dem Feuer zum Opfer.
Unsere Küstenartillerie traf einen Monitor, der schwer beschädigt abgeschleppt werden mußte.
Gegen die englische Front nördlich von Loos, aus der nachts ein vergeblicher Ausfall gegen unsere Stellung westlich von Haisnes unternommen wurde, machten die Angriffsarbeiten weitere Fortschritte. Südlich des Souchezbaches konnten sich die Franzosen in einem kleinen Grabenstück an der Höhe nordwestlich Givenchy festsetzen. Südlich dieser Höhe wurden französische Angriffe abgeschlagen.
Das 40 Meter lange Grabenstück nordöstlich von Neuville wurde von uns wiedergenommen.
In der Champagne setzten gestern nachmittag die Franzosen in der Gegend nordwestlich von Massiges und nordwestlich von Ville-sur-Tourbe vergeblich zum Angriff an. Ihre Ansammlungen wurden unter konzentrisches Feuer genommen. Ein starker Nachtangriff gegen unsere Stellungen nordwestlich Ville-sur-Tourbe brach im Artillerie- und Maschinengewehrfeuer unter schweren Verlusten zusammen.
Der Bahnhof Chalons, der Hauptsammelort des Nachschubes für die französische Angriffstruppe in der Champagne ist, wurde heute nacht mit sichtbarem Erfolge von einem unserer Luftschiffe mit Bomben belegt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Die Russen schritten gestern nach ausgiebiger Artillerievorbereitung fast auf der ganzen Front zwischen Postawy und Smorgon in dichten Massen zum Angriff, der unter ungewöhnlich starken Verlusten zusammenbrach; nächtliche Teilunternehmungen blieben ebenso erfolglos.
Auch südwestlich von Lennewaden (an der Düna) wurde ein feindlicher Vorstoß abgewiesen.
Bei den anderen Heeresgruppen ist die Lage unverändert.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Lebhafte Kämpfe an der Tiroler Grenze

Wien, 4. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der gestrige Tag verlief ohne besondere Ereignisse; die Lage blieb unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Front entfalteten die Italiener eine lebhaftere Tätigkeit, die auf den Hochflächen von Vielgereuth und Lafraun zu größeren und andauernden Kämpfen führte. Im Tonalegebiet wurde ein nach heftigem Artilleriefeuer gestern abend angesetzter Angriff des Feindes auf die Albiolospitze blutig abgewiesen. Auf der Hochfläche von Vielgereuth standen unsere Stellungen auf dem Plaut (nördlich des Maroniaberges) seit frühem Morgen unter dem Schnellfeuer schwerer und mittlerer Geschütze. Vormittags gingen von der bereitgestellten feindlichen Infanterie schwache Abteilungen zu einem vergeblichen Angriff vor. Abends erneuerte der Gegner diesen Angriff mit starken, hauptsächlich aus Bersaglieri und Alpinitruppen zusammengesetzten Kräften und kam nahe an unsere Hindernisse heran. In der Nacht gelang es ihm, einen feldmäßigen Stützpunkt zu nehmen. Unsere Truppen warfen ihn jedoch nach hartnäckigem, bis in die Morgenstunden währenden Kampf wieder hinaus. So blieben alle Stellungen in unserem Besitz. Auf der Hochfläche von Lafraun zwang schon unser Geschützfeuer die vorgehende Infanterie zu verlustreichem Rückzuge. Auch im Raume von Buchenstein wurde das Vorgehen schwächerer Abteilungen leicht vereitelt. An den übrigen Fronten keine wesentlichen Ereignisse.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
An der unteren Drina lebhaftes Geplänkel; sonst Ruhe.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 4. Oktober.
An der Dardanellenfront ist nichts Bedeutendes vorgefallen, außer Gefechten zwischen Erkundungsabteilungen und dem gewöhnlichen Artillerie- und Infanteriekampf. Am 2. Oktober ließen wir bei Sed ül Bahr vor unserem rechten Flügel eine Mine springen, die eine feindliche Gegenmine zerstörte.

 

Russisches Ultimatum an Bulgarien

Petersburg, 4. Oktober. (Meldung der Petersburger Telegraphenagentur.)
Der russische Gesandte in Sofia ist beauftragt worden, unverzüglich dem Ministerpräsidenten Radoslawow eine Note zu überreichen, in der es u. a. heißt: Der russische Gesandte hat darum Auftrag erhalten, Bulgarien mit dem gesamten Personal der Gesandtschaft und Konsulate zu verlassen, wenn die bulgarische Regierung nicht binnen 24 Stunden offen die Beziehungen zu den Feinden der slawischen Sache und Rußlands abbricht und wenn sie nicht unverzüglich dazu schreitet, die Offiziere zu entfernen, welche Armeen der Staaten angehören, die sich mit den Mächte der Entente im Kriege befinden.

 

Englisch-französische Truppenlandung in Saloniki

General Hamilton
General Hamilton

Mailand, 4. Oktober.
Der Sonderberichterstatter des "Corriere della Sera" in Athen drahtet: General Hamilton der Höchstkommandierende der englisch-französischen Dardanellenstreitkräfte, ist am Donnerstag unerwartet in Saloniki eingetroffen. Hamilton erklärte, beauftragt zu sein, Ausschiffung der Truppen vorzubereiten, die die Vierverbandsmächte nach Mazedonien schicken und die zusammen mit dem griechischen Heere gegen den bulgarischen Angriff auf Serbien operieren würden.
Der Berichterstatter des "Corriere della Sera" fügt hinzu, daß Hamilton sich mit 50 Offizieren, vielen Pferden und einigen Automobilen in Saloniki ausgeschifft habe.

 

Einspruch Griechenlands gegen den Durchmarsch der Ententetruppen

Mailand, 4. Oktober.
Wie Mailänder Blätter aus Athen melden, hat Venizelos gegen den geplanten englisch-französischen Truppendurchmarsch protestiert; er sagt, daß dieses der griechischen Neutralität einen um so empfindlicheren Schlag versetzen würde, als er von zwei großen kriegführenden Nationen unternommen werde. Auch vom balkanischen Gesichtspunkte aus darf aus der Gefahr, die Serbien gegenwärtig bedroht und die Entsendung internationaler Truppen veranlaßt, vor der Verwirklichung des casus foederis kein Nachteil für die griechische Neutralität erwachsen.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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