Der Weltkrieg am 13. Oktober 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Fortschreitender Angriff in Serbien

Großes Hauptquartier, 13. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Englische Vorstöße nordöstlich von Vermelles wurden leicht abgewiesen. Östlich von Souchez verloren die Franzosen wieder einige Grabenstücke, in denen sie sich am 11. Oktober noch halten konnten.
In der Champagne scheiterte gestern abend ein französischer Angriff südlich von Tahure. Ein an derselben Stelle heute früh wiederholter, in mehreren Wellen geführter Angriff brach gänzlich zusammen.
In den Vogesen büßten die Franzosen am Westhang des Schratzmännle einen Teil ihrer Stellung ein.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Westlich Dünaburg brach ein russischer Angriff in unserem Artilleriefeuer zusammen.
Versuche des Gegners, sich der von uns besetzten Inseln des Miadziolsees zu bemächtigen, scheiterten.
Ein russischer Angriff nordöstlich Smorgon, der bis an unsere Hindernisse gelangte, wurde abgewiesen.
Eins unserer Luftschiffe belegte in vergangener Nacht die befestigte und mit Truppen angefüllte Stadt Dünaburg ausgiebig mit Bomben.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Nichts Neues.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Der Feind wurde aus seinen Stellungen bei Rudka Bielsko-Wolskaja vertrieben, sowie über die Linie Aleksandrijahöhen nördlich davon zurückgeworfen.
Deutsche Truppen der Armee des Generals Grafen Bothmer warfen den Gegner nordwestlich Hajworonka (südwestlich Burkanow) aus mehreren Stellungen.
Balkankriegsschauplatz:
Der Widerstand der Serben konnte unsere Vorwärtsbewegung nur wenig aufhalten.
Südlich von Belgrad wurden Dorf Zeleznik und Höhen östlich beiderseits der Topoiderska gestürmt. Der Angriff auf Pozarevac ist im günstigen Fortschreiten. Die Straße Pozarevac-Gradiste ist in südlicher Richtung überschritten.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die militärische Lage

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Die letzten Tage der Erwartung und der Entscheidung der nunmehr im Mittelpunkt des ganzen Krieges stehenden - oder besser von uns gestellten - Balkanereignisse sind von unseren Gegnern auf allen Kriegsschauplätzen zu verzweifelten Angriffen benutzt worden. Von den Frontabschnitten aber, wo der Feind nicht einmal die Kraft und Energie fand, die Fortsetzung der Durchbruchsschlachten wenigstens zu versuchen, setzten die Gegner mit Eifer sensationelle Meldungen über vergebliche Gegenstöße ganzer deutscher Divisionen und von abenteuerlichen Verlusten der Zentralmächte in die Welt. Amtliche Berichte und halbamtliche Bureaus wetteiferten in der Erfindung falscher, für die politischen Bedürfnisse der Ententediplomatie am Balkan zugeschnittener Nachrichten. So spielte in den englischen Meldungen die Erzählung von einer bedeutenden deutschen Schlappe bei Loos eine große Rolle, und die Franzosen beeilten sich, aus eigener Phantasie in ihren Bulletins noch einiges hinzuzufügen, was umso unvorsichtiger war, als sie von diesen Dingen nur vom Hörensagen wissen konnten. Wir wissen mit Bestimmtheit, daß gerade diese Berichte über die deutsche Schlappe bei Loos frei erfunden sind. Vor allem ist das "Hohenzollernwerk" ganz und fest in unsrer Hand. Die Feinde haben seit ihrem ersten Erfolg nichts mehr erreicht, während unsere Gegenstöße durchaus erfolgreich waren. Selbstverständlich kann es nicht deren Zweck sein, etwa die feindliche Linie zu durchbrechen, sondern es handelt sich dabei lediglich um eine aktive Form der Verteidigung. Auch in der Champagne ist es den Gegnern in den letzten Tagen nicht gelungen, ihre Fortschritte zu vergrößern, obwohl die Franzosen im Raum von Tahure mehrere neue Divisionen in den Kampf geworfen haben. Unsere Gesamtfront im Westen steht absolut fest und unerschütterlich.
Die Russen haben gewaltige Anstrengungen gemacht, um in diesen kritischen Tagen durch einen Durchbruch die Lage zu ihren Gunsten zu wenden. Alle Durchbruchsversuche im Südosten wie im Zentrum sind gescheitert, obwohl sie mit äußerster Kraft unternommen worden sind. Daß es sich dabei um eine ganz groß gedachte Aktion handelte, geht daraus hervor, daß die Russen nach dem Vorbild Joffres bei diesen Angriffen ungeheure Truppenmassen gegen unsere Stellungen anrennen ließen und große Kavalleriemassen bereit gestellt hatten, die im glücklichen Fall durch die Bresche durchdringen und unsere rückwärtigen Verbindungen zerstören sollten. Aber anstatt das Ostheer der Zentralmächte in wilder Panik vor sich herzujagen, stehen die russischen Reiterscharen hilflos und zwecklos vor einer ehernen Schranke, die nicht wankt und nicht weicht.
Gegenüber allen Sensationsberichten, aber auch gegenüber all diesen erfolglosen, blutigen und opferreichen Angriffen unserer Gegner mag es genügen, auf unsere deutschen Berichte zu verweisen, die keinen Zweifel darüber lassen: wo wir uns verteidigen, steht es gut, und wo wir angreifen, steht es vortrefflich!
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 13. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Bei Burkanow an der Strypa wurde auch der vierte der gestern mitgeteilten russischen Angriffe durch österreichisch-ungarische und deutsche Bataillone abgeschlagen; sonst im Nordosten keine besonderen Ereignisse.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern nachmittag begannen die Italiener ein lebhaftes Geschützfeuer aus schweren und mittleren Kalibern gegen die Hochfläche von Lafraun. Auch gegen einzelne Abschnitte der küstenländischen Front entfaltete die feindliche Artillerie eine erhöhte Tätigkeit. Annäherungsversuche italienischer Infanterieabteilungen gegen Vrsic und den Tolmeiner Brückenkopf wurden abgewiesen. Am Nordwestteil der Hochfläche von Doberdo zwang ein Feuerüberfall den Feind zum fluchtartigen Verlassen seiner vordersten Deckungen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Unsere Angriffe schreiten trotz heftiger Gegenwehr des Feindes überall vorwärts. An der unteren Drina warfen unsere Truppen die Serben aus mehreren Gräben. Südlich von Belgrad wurden dem Gegner einige zäh verteidigte Stützpunkte entrissen. Serbische Gegenstöße scheiterten stets unter großen Verlusten für den Feind.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 13. Oktober.
An der Dardanellenfront beschoß unsere Artillerie ein feindliches Lager in der Gegend von Buyuk Kemikli und verursachte schwere Verluste. Bei Ari Burun und Sed ül Bahr gegenseitiges schwaches Infanterie-, Artillerie- und Bombenfeuer. Am 10. Oktober wurde ein feindlicher Flieger, der in der Gegend östlich von Elarich einen Erkundungsflug unternahm, von uns herabgeschossen. Das Flugzeug wurde erbeutet, die Insassen wurden gefangengenommen.

 

Der Aufmarsch der Bulgaren

In breiter Front haben bulgarische Truppen die Grenzen Altserbiens angegriffen und - so scheint es - an zahlreichen Stellen überschritten.  Der Kampf ist seit zwei Tagen im Gang. Serbien steht im Zweifrontenkrieg. Während auf der ganzen Nordfront des Königreichs deutsche und österreichisch-ungarische Truppen über die Grenzflüsse ins Innere des Landes eingerückt sind, ist ein bulgarisches Heer an der Ostgrenze Altserbiens aufmarschiert. Die Serben sind in schwerster Gefahr. Sie haben gewiß mit der Wahrscheinlichkeit gerechnet, nach zwei Seiten kämpfen zu müssen, aber die Tatsache, daß das Wahrscheinliche wirklich geworden ist, und daß dies in einem Zeitpunkt und unter Umständen geschehen ist, die der Entente gebieten, mit ihren schwachen Hilfskräften unten in Salonik der serbischen Tragödie zuschauen zu müssen, ohne entscheidende Hilfe bringen zu können, dieses Verhängnis ist für Serbien und das serbische Volk ein furchtbarer Schlag, für die Entente eine entscheidende Niederlage, für die Zentralmächte ein großartiger Sieg.
Der Angriff der Bulgaren richtet sich, soviel bis jetzt zu sehen ist, einmal gegen den Abschnitt des Timok und zwar gegen den oberen Lauf des Flusses, der ganz im serbischen Gebiet liegt. (Der Unterlauf bildet die Grenze.) Saitschar und Knjatschewatz liegen in der Nordostecke Serbiens im Timoktal und an der Bahn nach Nisch. Saitschar, eine serbische Grenzfestung, ist zugleich die Eingangspforte zu dem Weg nach dem Morawatal, das durch die Bahn Saitschar-Paracin erreicht wird. In diesem Abschnitt stehen die bulgarischen Truppen nordöstlich von dem Verkehrszentrum Nisch. Die Bulgaren stehen in diesem ganzen Abschnitt vor sehr großen Gelände- und Verkehrsschwierigkeiten. Die Gebirgszüge, die das obere Timoktal vor einem Einfall schützen, sind äußerst rauh und erheben sich bis über 2000 Meter. Die bulgarische Armee hat aber im zweiten Balkankrieg gezeigt, daß Geländeschwierigkeiten für dieses kriegsgeübte Volk keine wesentliche Rolle spielen.
Ein zweiter Angriffsabschnitt liegt westlich von Sofia. Dorthin führen zwei Bahnlinien bis zu der nach Westen ausgebuchteten Grenze. Die berühmte Bahn nach Salonik tritt in diesem Raum bis auf 18 Kilometer an die bulgarische Grenze heran. Auch hier, zwischen Leskowatz und Vrania sind dem serbischen Tal - der oberen Morawa – gewaltige Gebirgszüge schützend vorgelagert.   Das Gelände ist durch tief eingeschnittene Seitentäler zerfurcht. Eine solche Furche bildet die Vlasina, zwischen Leskowatz-Vrania und der Grenze. Am Oberlauf des Flüßchens, das bei Leskowatz mündet, liegt der kleine Flecken Vlasina. Dorthin sind die bulgarischen Truppen über die mehr als 1700 Meter hohen Grenzkämme nach Serbien hinabgestiegen. Dringen sie dort siegreich vor, dann durchschneiden sie nicht nur die Bahn Nisch-Salonik, sondern stehen zugleich den serbischen Truppen, die im Norden kämpfen, im Rücken. Bleiben sie jedoch, was weniger wahrscheinlich ist, an ihrem Standort stehen, so bilden sie immerhin den Flankenschutz für die bulgarische Nordgruppe und decken Sofia gegen einen etwaigen Angriff durch serbische oder englisch-französische Truppen.
2)

Karte von Serbien

 

Rücktritt Delcassés - Die Demission angenommen


Delcassé

Paris, 13. Oktober. (Meldung der Agence Havas.)
Im heutigen Ministerrate teilte der Ministerpräsident Viviani mit, daß Delcassé ihm sein Rücktrittsgesuch als Minister des Äußeren überreicht habe. Das Rücktrittsgesuch wurde angenommen. Viviani übernimmt das Ministerium des Äußeren zusammen mit dem Vorsitz im Kabinett.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung"

 

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