Der Weltkrieg am 14. Oktober 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Befestigungen von Pozarevac in Serbien genommen - Abgeschlagene englische und französische Angriffe

Großes Hauptquartier, 14. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Während feindliche Monitore die Küste bei Westende und die feindliche Artillerie unsere Stellungen nördlich von Ypern ohne Erfolg beschossen, selten die Engländer fast auf der ganzen Front zwischen Ypern und Loos hinter Rauch- und Gaswolken zum Angriff an, der gänzlich scheiterte. An mehreren Stellen schlug die Rauchwolke in die feindlichen Gräben zurück. Nur nordöstlich und östlich von Vermelles konnten die Engländer in unseren vordersten Gräben an kleinen Stellen Fuß fassen, aus denen sie größtenteils mit Handgranaten schon wieder vertrieben sind. Fünf Angriffe ohne Benutzung von Rauchwolken, aber mit starken Kräften gegen die Stellungen westlich von Hulluch sind unter schweren Verlusten für den Feind abgeschlagen.
Südlich von Angrès wurden dem Feinde im Gegenangriff zwei Maschinengewehre abgenommen. Bei der Säuberung der kleinen Nester, die die Franzosen auf der Höhe östlich von Souchez noch besetzt hielten, blieben 400 Mann als Gefangene in unseren Händen.
In der Champagne setzten die Franzosen ihre Angriffe beiderseits von Tahure mit äußerster Erbitterung fort. Fünf Angriffe südlich, zwei nördlich der Straße Tahure - Souain brachen unter schweren Verlusten für die Angreifer zusammen. Nächtliche Angriffsversuche erstickte unser Artilleriefeuer im Keime.
Auf der Combreshöhe wurde ein feindlicher Graben von 120 Meter Länge gesprengt.
In den Vogesen versuchten die Franzosen, die ihnen am 12. Oktober am Schratzmännle abgenommene Stellung zurückzunehmen. An unserem Hindernis brach ihr Angriff nieder.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Westlich und südwestlich Illuxt warfen wir den Gegner aus seiner weiteren Stellung, machten 650 Gefangene und erbeuteten 3 Maschinengewehre.
Russische Angriffe westlich und südwestlich Dünaburg wurden abgewiesen.
Deutsche Truppen der Armee des Generals Grafen Bothmer nahmen Hajworonka (südlich Burkanow) und warfen die Russen über die Strypa zurück.
Balkankriegsschauplatz:
Südlich von Belgrad sind unsere Truppen im weiteren Vorgehen. Die Werke der West-, Nord-, Ost- und Südostfront des festungsartig ausgebauten Ortes Pozarevac sind genommen.

Die Agence Havas, das amtliche Nachrichtenorgan der französischen Regierung, wagt zu behaupten, der im deutschen Tagesbericht vom 3. Oktober veröffentlichte Befehl des Generals Joffre sei deutscherseits erfunden. Demgegenüber wird festgestellt, daß mehrere Urabzüge des Befehls in deutschen Händen sind, und daß eine große Anzahl gefangener Offiziere wie Mannschaften ihre Kenntnis des Befehls, den sie übrigens verschiedentlich in Abschrift auch bei sich führten, unumwunden zugegeben haben.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Erneuter Luftangriff auf London

Berlin, 14. Oktober.
Unsere Marineluftschiffe haben in der Nacht vom 13. zum 14. Oktober die Stadt London und wichtige Anlagen in ihrer Umgebung sowie die Batterien von Ipswich angegriffen. Im einzelnen wurden die City von London in mehreren Angriffen, die London Docks, das Wasserwerk Hampton bei London und Woolwich ausgiebig mit Brand- und Sprengbomben belegt. An allen Stellen wurden starke Sprengwirkungen und große Brände beobachtet. Trotz heftiger Gegenwirkung, die zum Teil schon an der Küste einsetzte, sind alle Luftschiffe unbeschädigt zurückgekehrt.

Der Chef des Admiralstabes der Marine. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Erstürmung serbischer Stellungen südöstlich Belgrad

Wien, 14. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Feind griff gestern unsere Stellung westlich von Tarnopol an. Er stürmte, drei Glieder tief, wobei er die Männer des ersten Gliedes nur mit Schutzschilden ausgerüstet hatte. Unsere Truppen schlugen ihn zurück; er erlitt große Verluste. Sonst im Nordosten kein besonderes Ereignis.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Das lebhafte Artilleriefeuer gegen unsere Stellungen auf den Hochflächen von Lafraun und Vielgereuth und gegen einzelne Stützpunkte der Dolomitenfront hält an. Ein Alpini-Bataillon, das gegen eine Vorstellung südlich von Riva vorstieß, wurde durch unser Geschützfeuer vertrieben. An der küstenländischen Front haben wir im Gebiete des Javorcek ein Stück italienischen Schützengrabens besetzt. Zwei italienische Angriffe auf den Mrzli Vrh, die nach heftiger Feuervorbereitung bis an unsere Hindernisse herangekommen sind, wurden abgeschlagen. An den anderen Teilen der Isonzofront wie gewöhnlich Geschützfeuer.
Serbischer Kriegsschauplatz:
Unsere Truppen stürmten gestern, aus der Gegend von Belgrad nach Südosten vordringend, die festungsartig verschanzten Stellungen auf dem Erino-Brdo, dem Cunak und der Stazara. Der Feind, der, wie Gefangene aussagen, den Befehl hatte, sich bis auf den letzten Mann zu halten, ging in regelloser Flucht gegen den Avalaberg und den Raum östlich davon zurück. Seine Verluste sind außerordentlich groß. Unsere schwere Artillerie hatte, wie immer bei ähnlichen Kriegshandlungen, auch an diesem Erfolg rühmenswerten Anteil.
Gleich günstig schreiten die Angriffe unserer Verbündeten an der unteren Morawa fort. Wir entrissen dem Gegner die Verschanzungen an der West-, Nord- und Ostfront von Pozarevac.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
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Der Kriegszustand zwischen Serbien und Bulgarien - Überfall durch serbische Truppen

Berlin, 14. Oktober.
Die hiesige bulgarische Gesandtschaft hat die offiziell Mitteilung erhalten, daß sich die bulgarische Regierung infolge des Überfalles durch serbische Truppen bei Köstendil, Trn und Bjelogradschik vom 14. Oktober 8 Uhr früh an im Kriegszustand mit Serbien befindet.
1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 14. Oktober.
Bei Anaforta fügten wir dem Feinde mit Bomben schwere Verluste zu. Bei Ari Burun zerstörte unsere Artillerie eine feindliche Maschinengewehrstellung. Torpedoboote des Feindes und ein Teil seiner Landbatterien beschossen wirkungslos unsere Artillerie. Bei Sed ül Bahr fügten unsere Aufklärungsabteilungen auf dem rechten Flügel in der Nacht zum 12. Oktober nach einem überraschenden Angriff mit Granaten auf die feindlichen Schützengräben dem Feinde schwere Verluste und schweren Schaden zu. Am 12. Oktober zerstörte eine von uns entzündete Mine vor dem linken Flügel einen großen Teil der feindlichen Schützengräben. Die von den Hospitalschiffen des Feindes in den letzten Tagen entfaltete Tätigkeit, obwohl in der letzten Zeit kein bedeutender Kampf stattgefunden hat, beweist klar den mißbräuchlichen Gebrauch dieser Schiffe zum Truppen- und Munitionstransport.
Ein Teil unserer flotte hat vor einigen Tagen in den Gewässern vor Sebastopol die russischen Dampfer "Cadia" und "Ahestron" versenkt. Ersterer hatte eine Zuckerladung an Bord, der letztere Butter.
An der Dardanellenfront bei Anaforta beschädigte unser Feuer am 13. Oktober ein feindliches Flugzeug, das östlich Tuzlagöl niederstürzte und schließlich von unserer Artillerie vernichtet wurde. Bei Ari Burun eröffnete der Feind ein zeitweise aussetzendes und wirkungsloses Feuer gegen alle unsere Stellungen. Bei Sed ül Bahr zwang unsere Artillerie ein feindliches Torpedoboot, das unseren linken Flügel von der Höhe des Kerevisdere zu beschießen versuchte, aus der Meerenge zu fliehen.

 

Ermordung deutscher Seeleute durch englische Seesoldaten

New York, 14. Oktober. (W. B.)
Die "World" meldet aus New Orleans:
Vier Amerikaner, Mitglieder der Mannschaft des Maultierschiffs "Nicosian", legten eine schriftliche eidliche Erklärung nieder, in der sie schildern, wie die Engländer elf hilflose Mitglieder der Besatzung eines deutschen Tauchbootes kaltblütig ermordet haben. In der eidlichen Erklärung wird zunächst der Angriff des Tauchbootes auf die „Nicosian" beschrieben. Nachdem die Mannschaft die "Nicosian" in Booten verlassen hatte, begann das Tauchboot die Zerstörung der "Nicosian" durch Beschießung. Inzwischen näherte sich ein vorher am Horizont gesichteter Dampfer, auf dessen Außenseite mittschiffs zwei Bretter mit aufgemalter amerikanischer Flagge angebracht waren. Die Insassen des Bootes waren erfreut durch den Gedanken, daß ein neutraler Dampfer in der Nähe sei, um sie aufzunehmen. Das die amerikanische Flagge führende Schiff, das sich später als das britische Kriegsschiff "Baralong" unter dem Kapitän Mc Bride herausstellte, kam an die "Nirostan" heran. Gleichzeitig verschwanden die vorerwähnten Bretter und an Stelle der amerikanischen wurde die britische Flagge gehisst. "Baralong" feuerte sofort auf das Tauchboot; später schoß die "Baralong" mit schwerem Geschütz. Mehrere Deutsche auf dem Tauchboot wurden getroffen. Das Tauchboot sank langsam. Die Mannschaft stand bis zur Hüfte im Wasser. Elf Mann, darunter der Kommandant, sprangen ins Wasser und schwammen auf die "Nicosian" zu. Fünf erreichten den Bord der "Nicosian", die anderen sechs hielten sich an herabgelassenen Tauen fest. Inzwischen erreichten unsere Boote die "Baralong" und wir gingen an Bord. Der Kapitän Mc Bride schien hocherfreut zu sein. Darauf befahl er seinen Leuten, sich an der Reeling aufzustellen und auf die sechs Deutschen unten im Wasser zu feuern. Sodann wies jemand darauf hin, daß fünf Deutsche auf der "Nicosian" seien. Von einigen Offizieren zur "Nicosian" begleitet, suchten nun britische Seesoldaten die Deutschen an Bord der "Nicosian" auf. Kapitän Mc Bride befahl den Seesoldaten, mit allen aufzuräumen und keine Gefangenen zu machen. Die Schriftstücke schildern eingehend, wie die einzelnen Deutschen erschossen wurden. Der Schiffszimmermann der "Baralong" ließ einen Deutschen mit hochgestreckten Händen auf sich zukommen und erschoß ihn dabei mit einem Revolver. Der Kommandant des Tauchbootes sprang von der "Nicosian" und schwamm auf die "Baralong" mit hocherhobenen Händen zu. Die Seesoldaten feuerten auf ihn von der "Nicosian" aus. Ein Schuß traf ihn in den Mund; schließlich versank er. Sodann kehrten die Seesoldaten auf die "Baralong" zurück; es herrschte große Freude unter ihnen. Diese Schriftstücke decken sich mit den seinerzeitigen Angaben des Amerikaners Dr. Banks, der damals Tierarzt auf der "Nicosian" war und besonders den Mißbrauch der amerikanischen Flagge betonte.
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Der 1. Weltkrieg im Oktober 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

2) "Frankfurter Zeitung"

 

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