Der Weltkrieg am 8. Januar 1916

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Erfolgreicher Vorstoß am Hartmannsweilerkopf

Großes Hauptquartier, 8. Januar.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Gefechtstätigkeit wurde auf dem größten Teile der Front durch die Witterung ungünstig beeinflußt.
Südlich des Hartmannsweilerkopfes wurde den Franzosen durch einen überraschenden Vorstoß ein Grabenstück entrissen. Über 60 Jäger fielen gefangen in unsere Hand.
Östlicher Kriegsschauplatz und Balkankriegsschauplatz:
Keine Ereignisse von Bedeutung.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Russisches Trommelfeuer an der beßarabischen Front

Wien, 8. Januar.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Die Schlacht in Ostgalizien und an der Grenze der Bukowina ist gestern aufs neue entbrannt. An der Strypa hat, wie bereits gemeldet wurde, der Feind schon vor Tagesanbruch seine Angriffe begonnen. Einige starke Abteilungen der Sturmtruppen waren unter dem Schutze des Nebels bis zu unseren Batterien vorgedrungen, als der Gegenangriff der Honvedregimenter Nr. 16 und 24 und des mittelgalizischen Infanterieregiments Nr. 57 einsetzte und die Angreifer über unsere Stellungen zurückschlug. Unter den 720 hierbei gefangenen Russen befinden sich 1 Oberst und 10 andere Offiziere.
Unsere Linien am Dnjestr standen tagsüber meist unter starkem Geschützfeuer.
An der beßarabischen Front leitete der Gegner seine Angriffe kurz vor Mittag durch Artillerietrommelfeuer ein. Seine Anstrengungen waren abermals gegen unsere Stellungen bei Toporoutz und östlich von Rarancze gerichtet. Die Kämpfe waren wieder außerordentlich erbittert. Teile dieser Angriffskolonnen vermochten in unsere Gräben einzudringen, wurden aber durch Reserven im Handgemenge wieder zurückgetrieben. Wir nahmen hierbei 1 Offizier und 250 Mann gefangen. Bei Berestiany in Wolhynien wiesen unsere Truppen russische Erkundigungsabteilungen ab.  
Am Styr vereitelte die Artillerie durch konzentrisches Feuer einen Versuch der Russen, den Kirchhof nördlich von Czartorysk zurückzugewinnen.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Die Italiener hielten den Nordteil des Tolmeiner Brückenkopfes und unsere Stellungen nördlich davon, besonders den unlängst genommenen Graben, gegen den sich auch gestern wieder mehrere Angriffsversuche richteten, unter sehr lebhaftem Artilleriefeuer. Auch bei Oslavija und stellenweise im Abschnitte der Hochfläche von Doberdo fanden ziemlich heftige Geschützkämpfe statt.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Keine Änderung.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1)

Karte zum 1. Weltkrieg

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 8. Januar.
An der Dardanellenfront in der Nacht vom 6. zum 7. Januar ziemlich lebhafter Bombenkampf auf unserem rechten und linken Flügel. Am 7. Januar beschoß unsere Artillerie vier Stunden lang mit Unterbrechungen, aber heftig die unserem rechten Flügel gegenüberliegenden feindlichen Schützengräben und verursachte dort schwere Schäden. Im Zentrum zerstörten unser Artilleriefeuer und unsere Bomben einige Schützengräben und Minenwerferstellungen des Feindes. Auf dem linken Flügel schwacher Feueraustausch. Die feindliche Landartillerie, zwei Kreuzer, ein Monitor und vier Torpedoboote erwiderten das Feuer durch erfolgloses Bombardement auf unsere Artillerie und hinter unsere Schützengräben. Um 2 Uhr nachmittags rief unser Feuer in dem feindlichen Lager bei Tekke Burun eine Feuersbrunst hervor. In der Nacht vom 6. zum 7. Januar beschossen unsere Batterien an der Meerenge wirksam feindliche Lager bei Sed ül Bahr und am 7. Januar feindliche Batterien in der Gegend von Tekke Burun. Die feindlichen Batterien bei Sed ül Bahr, ein Panzer und ein Monitor, die bei Tekke Burun lagen, erwiderten das Feuer ohne Erfolg. Am 8. Januar beschossen unsere anatolischen Batterien wirksam die Häfen von Sed ül Bahr und Tekke Burun, eine Gruppe feindlicher Truppen und die Täler bei Kerevisdere und Mortoliman.

 

Weißbuch über die "Baralong"-Affäre

London, 8. Januar. (Reuter.)
Die englische Regierung hat ein Weißbuch über die Beschwerden der deutschen Regierung gegen die Besatzung des englischen Hilfskreuzers "Baralong" ausgegeben. Der Staatssekretär des Auswärtigen, Sir Edward Grey, sagt darin, die englische Regierung habe mit großer Genugtuung, aber auch mit Erstaunen vernommen, daß Deutschland sich ernsthaft für die Grundlagen einer zivilisierten Kriegführung einsetze und für diejenigen, welche sie mit Vorbedacht beiseite setzen, Bestrafung fordere. Der Vorfall, welcher die deutsche Regierung plötzlich daran erinnert habe, daß es derartige Grundlagen gebe, sei ja allerdings einer, bei welchem Engländer und nicht Deutsche die Übeltäter sein sollten; aber die englische Regierung nehme nicht an, daß beabsichtigt werde, das Gebiet gerichtlicher Untersuchungen willkürlich zu beschränken. Es würde ungereimt sein, den "Baralong"-Fall allein als Gegenstand einer Untersuchung auszuwählen. Selbst wenn die Beschuldigungen der deutschen Regierung zugegeben würden, was die englische Regierung jedoch nicht tue, so wäre die Anklage gegen Kommandant und Mannschaft der "Baralong" von geringer Bedeutung im Vergleiche mit den Freveltaten, welche von deutschen Offizieren zu Lande und zur See absichtlich gegenüber Kämpfern und Nichtkämpfern begangen worden seien.
Grey erwähnt sodann drei Fälle, welche sich in denselben Tagen, wie der "Baralong"-Fall, ereignet hätten: 1. die Versenkung der "Arabic" durch ein deutsches Unterseeboot, welches ohne vorherige Warnung gehandelt und keinen Versuch gemacht habe, die Besatzung der "Arabic", die keinen Widerstand geleistet habe, zu retten; 2. den Fall des deutschen Torpedobootszerstörers, welcher ein an der dänischen Küste gestrandetes englisches Unterseeboot entdeckt und, obgleich er es vorher nicht verfolgt, obgleich es sich in neutralen Gewässern befunden hätte und außerstande gewesen wäre, sich zu verteidigen, das Unterseeboot und seine Mannschaft bei ihrem Versuche, zu schwimmen, beschossen hätte. Ein dritter Vorfall habe sich ungefähr 48 Stunden später abgespielt. Der Dampfer "Ruel" sei durch ein deutsches Unterseeboot angegriffen worden; er habe nicht den geringsten Widerstand versucht, um sich zu retten, und sei mit Kartätschen und aus Gewehren beschossen worden, wodurch ein Mann getötet und acht andere, darunter der Kapitän, schwer verletzt seien. Der unter Eid erstattete Bericht, auf den die Mitteilungen sich gründen, gebe keine Ursache an, welche diese rohe, kühlen Blutes begangene Missetat rechtfertigen würde.
Die britische Regierung sei der Ansicht, daß diese drei Fälle zusammen mit dem "Baralong"-Fall vor einen unparteiischen Untersuchungsrat gebracht werden könnten, z. B. vor eine aus amerikanischen Marineoffizieren zusammengesetzte Kommission. Sollte dieser Vorschlag angenommen werden, so würde die englische Regierung alles tun, was in ihrer Macht liegt, um die weitere Untersuchung zu erleichtern, und die Schritte tun, die die Gerechtigkeit erfordere. Die britische Regierung erachte es nicht für notwendig, auf die Beschuldigung zu antworten, daß die englische Flotte sich der Unmenschlichkeit schuldig gemacht habe. Die letzten Statistiken, die sie zur Verfügung habe, erwiesen, daß 1150 deutsche Matrosen gerettet worden seien. Die deutsche Flotte könnte diesen Rekord nicht schlagen, wahrscheinlich, weil sich ihr nicht die gleiche Gelegenheit geboten habe.
1)

 

Der 1. Weltkrieg im Januar 1916

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

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