Die
Unruhen in Irland
London,
28. April. (Priv.-Tel.)
Reuter meldet:
Im Unterhaufe erklärte Asquith, der Zustand in Irland sei noch ernst. Die
Aufständischen halten auch fernerhin wichtige öffentliche Gebäude in
Dublin besetzt, und es werde immer noch in den Straßen gekämpft Es seien
Anzeichen dafür vorhanden, daß die Bewegung sich ausbreite, vor allen
Dingen im Westen, wo die strengsten Vorsichtsmaßregeln getroffen und die
Truppen, soweit es die Lage erfordere, verstärkt wurden. Das Kriegsgesetz
werde über ganz Irland verhängt werden und General Sir John Maxwell
erhielt Vollmacht unter dem Kriegsrecht. Die Regierung werde eine genaue
Untersuchung nach den Ursachen und der Verantwortung für den Aufstand
einleiten. Redmond erklärte, daß er im Namen der Nationalisten und der
überwältigenden Mehrheit des irischen Volkes sein Gefühl der Verachtung
gegenüber den Rebellen auszusprechen wünsche. Carson sagte, er schließe
sich gern Redmond an und werde wie dieser alles mögliche tun, um den
Aufruhr niederzuringen. Soweit Reuter. Daß die Regierung es nicht wagte,
die volle Wahrheit über den Aufstand in Irland zu sagen, geht aus den
Blättern hervor. Birrell war bei der vorsichtigen Art, mit der er von dem
Aufstand sprach, wie er selbst zugab, von der Erwägung geleitet, zu
verhindern, daß nach den neutralen Ländern "übertriebene"
Nachrichten von der irischen Bewegung telegraphiert würden. Vor allen
Dingen geschah dies im Hinblick auf die zahlreichen Iren Amerikas. Die
"Times" beklagt sich lebhaft darüber, daß Mitteilungen über
den Aufstand sehr spärlich flossen. Jeder müsse spüren, daß nicht die
volle Wahrheit gesagt werde. Wenn dies geschehe, um nicht die öffentliche
Meinung zu beunruhigen, so sei dies eine falsche Berechnung, denn nun habe
die Phantasie vollkommen freies Spiel. Weiter wirft die "Times"
der Regierung von Irland vor, daß sie die Bewegung habe kommen sehen
müssen. Es seien genug Anzeichen dafür vorhanden gewesen. Birrell habe
es jedoch vorgezogen, den Kopf in den Sand zu stecken. Jeder, der Irland
kenne, müsse übrigens von dem kommenden Aufstand überzeugt gewesen
sein, und es sei unmöglich, anzunehmen, daß die Unterbeamten den
Minister ohne nähere Informationen gelassen hätten. Auch Lord Lansdowne
habe im Oberhause zugegeben, daß man allgemein gewußt habe, was brüte.
Die Sinn Feiner hätten mit ihren Vorbereitung absolut kein Geheimnis
gemacht. Sie bewaffneten sich, sie wurden gedrillt, sie hielten Paraden ab
und veranstalteten selbst Straßenkämpfe in der Hauptstadt, alles dies
ließ der Minister zu. Er habe sein Amt wie eine Sinekure aufgefaßt.2) |