Eine
Sonderfriedensaktion Österreich-Ungarns
Einladung
an alle Kampfführenden zu einer direkten Aussprache
Wien,
14. September.
In einer amtlichen Verlautbarung heißt es u. a.:
Es müssen wirksamere Mittel und Wege in Erwägung gezogen
werden, durch die den verantwortlichen Faktoren aller Länder
Gelegenheit geboten werden könnte, die gegenwärtig vorhandenen
Möglichkeiten einer Verständigung zu überprüfen. Es hat sich
doch eine Atmosphäre gebildet, welche die Erörterung des
Friedensproblems nicht mehr ausschließt. Mühsam und langwierig ist
der Weg, der zur Herstellung friedlicher Beziehungen zwischen den
durch Haß und Erbitterungen getrennten Völkern führt. Doch ist es
unsere Pflicht, den Weg der Verhandlungen zu betreten. Nur ein
Friede, der die heute noch auseinandergehenden Auffassungen der
Gegner in einer gerechten Weise ausgleichen könnte, würde der von
allen Völkern ersehnte dauernde Friede sein. In diesem Bewußtsein
und unentwegt bemüht, im Interesse des Friedens tätig zu sein,
tritt nun die österreichisch-ungarische Monarchie neuerlich mit
einer Anregung hervor, um eine direkte Aussprache zwischen den
einander feindlich gegenüberstehenden Mächten herbeizuführen.
Die österreichisch-ungarische Regierung hat beschlossen, allen
Kriegführenden, Freund und Feind, einen von ihr für gangbar
gehaltenen Weg zu weisen und ihnen vorzuschlagen, im freien
Gedankenaustausch gemeinsam zu untersuchen, ob jene Voraussetzungen
gegeben sind, welche die baldige Einleitung von
Friedensverhandlungen als aussichtsvoll erscheinen lassen. Zu diesem
Behufe hat die k. und k. Regierung die Regierungen aller
kriegführenden Staaten zu einer vertraulichen und unverbindlichen
Aussprache an einem Orte des neutralen Auslandes eingeladen und an
sie eine in diesem Sinne verfaßte Note gerichtet. Mit einer Note
wurde dieser Schritt zur Kenntnis des Heiligen Stuhles gebracht und
hierbei an das dem Frieden zugewendete Interesse des Papstes
appelliert. Ferner wurden auch die Regierungen der neutralen Staaten
von der Demarche verständigt. Das stets enge Einvernehmen, welches
zwischen den vier verbündeten Machten besteht, bietet die Gewähr
dafür, daß die Verbündeten Österreich-Ungarns, an welche der
Vorschlag gleich weise ergeht, die in der Note entwickelte
Auffassung teilen.
In der amtlichen Mitteilung heißt es u. a. weiter:
Weit ausgesprochener als auf dem Gebiete der konkreten Kriegsziele
ist die Annäherung der Auffassung hinsichtlich jener Richtlinien
gediehen, auf deren Grundlage der Friede geschlossen und die
künftige Ordnung Europas und der Welt aufgebaut werden soll.
Präsident Wilson hat in dieser Richtung in seinen Reden vom 12.
Februar und vom 14. Juli dieses Jahres Grundsätze formuliert, die
bei seinen Alliierten nicht auf Widerspruch gestoßen sind, und
deren weitgehende Anwendung auch auf seiten der Vierbundmächte
keinem Einwande begegnen dürfte, vorausgesetzt, daß diese
Anwendung allgemein und mit den Lebensinteressen der betreffenden
Staaten vereinbar sei. 1) |