Der Weltkrieg am 24. September 1918

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Artilleriekampf westlich St. Quentin

Großes Hauptquartier, 24. September.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht:
Nordwestlich von Dixmuiden und nordöstlich von Ypern machten wir bei erfolgreichen Unternehmungen 70 Gefangene. Nördlich von Moeuvres wurden Teilangriffe des Feindes abgewiesen. Die Artillerietätigkeit war im Kanalabschnitt südlich von Arleux gesteigert.
Heeresgruppe Böhn:
In örtlichen Gegenangriffen nahmen wir südlich von Villers-Guislain und östlich von Epéhy Teile der in den letzten Kämpfen in Feindeshand verbliebenen Grabenstücke wieder und machten hierbei Gefangene. Gegenstöße des Feindes wurden abgewiesen. Zwischen Omignon-Bach und der Somme lebte der Artilleriekampf am Abend auf.
Leutnant Rumey errang seinen 41. Luftsieg.
Bei den anderen Heeresgruppen keine besonderen Kampfhandlungen. Lebhafte Erkundungstätigkeit in der Champagne.

Der Erste Generalquartiermeister
    Ludendorff.
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Neue feindliche Angriffe bei St. Quentin gescheitert

Berlin, 24. September, abends. (Amtlich.) 
Nordwestlich von St. Quentin sind erneute heftige Angriffe des Feindes zwischen dem Omignon-Bach und der Somme gescheitert.
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Reichskanzler Graf Hertling zur Friedensfrage 

Die mißglückte Offensive - Belgien - Der Völkerbund


Graf Hertling

Berlin, 24. September. 
In der heutigen Sitzung des Hauptausschusses des Reichstages sagte der Reichskanzler Graf Hertling in längerer Rede u. a.: 
"Wie Ihnen bekannt ist, hat sich weiter Kreise der Bevölkerung eine tiefgehende Verstimmung bemächtigt. Wenn die Mißstimmung durch unsere gegenwärtige militärische Lage, durch die Ereignisse an der Westfront beeinflußt ist, so muß ich mit allem Nachdruck erklären, daß sie weit über das berechtigte Maß hinausgeht. Gewiß, unsere letzte großangelegte Offensive hat uns nicht den erhofften Erfolg gebracht, das muß ohne weiteres zugegeben werden. Die Heeresleitung hat sich veranlaßt gesehen, unsere weit vorgeschobenen Linien auf die sogenannte Siegsried-Stellung zurückzunehmen. Die Lage ist ernst, aber wir haben keinen Grund, kleinmütig zu sein. Wir haben schon Schwereres durchzumachen gehabt. Die hartnäckigen Durchbruchsversuche des Feindes werden scheitern. Unsere Feldherren, Hindenburg und Ludendorff, werden sich wie jeder früheren so auch der gegenwärtigen Lage gewachsen zeigen, und der voreilige Siegesjubel der Feinde wird bald wieder abflauen. Wir haben den Krieg vom ersten Tage an als einen Verteidigungskrieg geführt. Nur um unserer Verteidigung willen sind wir in Belgien eingerückt. Als wir in Belgien einrückten, haben wir das geschriebene Recht verletzt, aber es gibt, wie für den Einzelnen, so auch für die Staaten ein anderes Recht, das ist das Recht der Selbstverteidigung und der Notwehr. Nachträglich haben wir dann aus den belgischen Archiven ersehen, wie bedenklich es längst vor Ausbruch des Krieges um die belgische Neutralität bestellt war. Um unsere Verteidigung allein hat es sich bei allen den weiteren Kämpfen gehandelt. Und in Frankreich, das nunmehr der hauptsächlichste Kriegsschauplatz geworden ist, haben wir nie ein Hehl daraus gemacht, daß uns jeder Gedanke an Eroberung fern liegt. Die Lage ist ernst, aber zu tiefer Mißstimmung gibt sie keinen Anlaß. Der eherne Wall an der Westfront wird nicht durchbrochen werden, und der Unterseebootkrieg erfüllt langsam aber sicher seine Aufgabe. Die Stunde wird kommen, weil sie kommen muß, wo auch die Feinde zur Vernunft kommen und sich bereit finden werden, dem Kriege ein Ende zu machen. Inzwischen gilt es, kaltblütig und zuversichtlich, einheitlich und festgeschlossen zusammenzustehen. Die Regierung will nur mit dem Volke und für das Volk arbeiten. Die Staatsregierung ist fest entschlossen, die preußische Wahlreformvorlage zur Annahme zu bringen und wird dabei vor keinem ihr verfassungsmäßig zu Gebote stehenden Mittel zurückschrecken."
Graf Hertling schloß: 
"Bekanntlich hat der Präsident der Vereinigten Staaten in 14 Punkten die Richtlinien für einen Friedensschluß aufgestellt. Ich habe am 24. Januar d. J. in Ihrem Ausschusse die sämtlichen Punkte besprochen und zu dem letzten derselben bemerkt, daß mir der hier angeregte Gedanke eines Völkerbundes durchaus sympathisch sei unter der Voraussetzung, daß ehrlicher Friedenswille und die Anerkennung des gleichen Rechtes aller Bundesstaaten gewährleistet sei. Herr Wilson hat dann in einer Botschaft vom 11. Februar einen weiteren Schritt in der gleichen Richtung unternommen und in 4 Punkten die Grundsätze aufgestellt, welche seiner Meinung nach bei einem gegenseitigen Meinungsaustausch Anwendung zu finden hätten. Ich habe in meiner Reichstagsrede vom 25. Februar mich im Prinzip damit einverstanden erklärt, daß ein allgemeiner Friede auf solcher Grundlage erörtert werden könne, Herr Wilson hat aber weder damals, noch später hiervon Notiz genommen. Ich nehme keinen Anstand, mich heute nochmals zu dieser Frage zu äußern und in aller Kürze auf Ziel und Grundlage eines solchen Verbandes hinzuweisen. Es handelt sich um die Forderung einer allgemeinen, gleichmäßigen und sukzessiven Abrüstung, um die Errichtung obligatorischer Schiedsgerichte, um die Freiheit der Meere, um den Schutz der kleinen Nationen. Was den ersten Punkt betrifft, so habe ich schon am 24. Januar unter Berufung auf früher abgegebene Erklärungen den Gedanken einer Rüstungsbeschränkung als durchaus diskutabel bezeichnet und dabei hinzugefügt, daß die Finanzlage sämtlicher europäischer Staaten nach dem Krieg einer befriedigenden Lösung dieser Frage die wirksamste Unterstützung leihen würde. Wenn es gelänge, eine internationale Verständigung dahin zu treffen, daß strittige Rechtsfragen zwischen verschiedenen Staaten stets einem Schiedsgerichte vorgelegt werden müßten und dies den Gliedern des Völkerbundes zur Pflicht gemacht würde, so wäre dies ohne Zweifel ein bedeutsamer Schritt zur Erhaltung des allgemeinen Friedens. Über die Freiheit der Meere habe ich mich schon früher geäußert; sie bildet eine notwendige Voraussetzung für den uneingeschränkten Verkehr der Staaten und Völker. Hier aber werden, selbstverständlich nicht auf unserer Seite, die größten Schwierigkeiten gemacht werden. Als ich seinerzeit diesen Punkt berührte und auf die Konferenzen hinwies, welche von einer ehrlichen Durchführung verlangt würden, also ungehemmter Zugang für alle Nationen zu den Binnenmeeren, keine Vormachtstellung Englands in Gibraltar und Malta wie am Suezkanal, hat eine englische Zeitung dies als Unverschämtheit bezeichnet. Endlich der Schutz der kleinen Nationen. Hier können wir sofort und ohne Vorbehalt feststellen, daß wir ein reines Gewissen haben."
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Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Wien, 24. September.
Amtlich wird verlautbart:
Italienischer Kriegsschauplatz:
An der Tiroler Südfront Artillerie- und Patrouillenkämpfe.
Auf der Hochfläche zwischen Canove und dem Monte di Val Bella setzten unsere Gegner gestern zu neuerlichen Angriffen an.
Am Monte Sisemol, gegen den der Feind sein unterstützendes Artilleriefeuer zur größten Heftigkeit steigerte, glückte es französischen und italienischen Sturmabteilungen, in unsere Linien einzudringen. Ein Gegenstoß trieb den Feind in seine Gräben zurück. Annäherungsversuche gegen unsere Stellungen nördlich des Monte Tomba wurden abgewiesen.
An der Westfront und in Albanien keine besonderen Ereignisse.

  Der Chef des Generalstabes.

 

Der 1. Weltkrieg im September 1918

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 8
Nationaler Verlag, Berlin (1918)

 

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