Der Weltkrieg am 10. März 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Die Winterschlacht in der Champagne

Generaloberst v. Einem

Generaloberst v. Einem

Großes Hauptquartier, 10. März.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Die Gefechtstätigkeit war durch Schnee und starken Frost eingeschränkt, in den Vogesen sogar fast behindert.
Nur in der Champagne wurde weitergekämpft. Bei Souain blieben bayerische Truppen nach lang andauerndem Handgemenge siegreich.
Nordöstlich von Le Mesnil drang der Feind an einzelnen Stellen vorübergehend in unsere Linien ein. In erbittertem Nahkampfe, bei dem zur Unterstützung heraneilende französische Reserven durch unseren Gegenstoß am Eingreifen verhindert wurden, warfen wir den Feind endgültig aus unserer Stellung.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Ein erneuter Versuch der Russen, auf Augustow durchzustoßen, mißlang.
Der Kampf nordwestlich von Ostrolenka dauert noch an. Die Gefechte nordwestlich und westlich von Prasznysz nehmen weiter einen für uns günstigen Verlauf.
Ein Angriff von uns nordwestlich von Nowe Miasto macht Fortschritte.

Mit den heute und an den letzten Tagen gemeldeten Kämpfen ist die "Winterschlacht in der Champagne" so weit zum Abschluß gebracht, daß kein Wiederaufflackern mehr an dem Ergebnis etwas zu ändern vermag. Die Schlacht entstand, wie hier schon am 17. Februar mitgeteilt wurde, aus der Absicht der französischen Heeresleitung den in Masuren arg bedrängten Russen in einem ohne jede Rücksicht auf Opfer angesetzten Durchbruchsversuch, als dessen nächstes Ziel Stadt Vouziers bezeichnet war, Entlastung zu bringen. Der bekannte Abgang der Masurenschlacht zeigt, daß die Absicht in keiner Weise erreicht worden ist. Aber auch der Durchbruchsversuch selbst darf heute als völlig und kläglich gescheitert bezeichnet werden. Entgegen allen Angaben in den offiziellen französischen Veröffentlichungen ist es dem Feinde an keiner Stelle gelungen, auch nur den geringsten nennenswerten Vorteil zu erringen. Wir verdanken dies der heldenhaften Haltung unserer Truppen der Umsicht und Beharrlichkeit ihrer Führer, in erster Linie dem Generalobersten v. Einem sowie den kommandierenden Generalen Riemann und Fleck. In Tag und Nacht ununterbrochenen Kämpfen hat der Gegner seit dem 16. Februar nacheinander mehr als sechs voll aufgefüllte Armeekorps und ungeheure Massen schwerer Artilleriemunition eigener und amerikanischer Fertigung, oft mehr als 100000 Schuß in 24 Stunden, gegen die von zwei schwachen rheinischen Divisionen verteidigte Front von acht Kilometer Breite geworfen. Unerschütterlich haben die Rheinländer und die zu ihrer Unterstützung herangezogenen Bataillone der Garde und anderer Verbände dem Ansturm sechsfacher Überlegenheit nicht nur standgehalten, sondern sind ihm oft genug mit kräftigen Vorstößen zuvorgekommen. So erklärt sich, daß trotzdem es sich hier um reine Verteidigungskämpfe handelte, doch mehr als 2450 unverwundete Gefangene, darunter 35 Offiziere, in unseren Händen blieben. Freilich sind unsere Verluste einem tapferen Gegner gegenüber schwer, sie übertrafen sogar diejenigen, die die gesamten, an der Masurenschlacht beteiligten deutschen Kräfte erlitten, aber sie sind nicht umsonst gebracht. Die Einbuße des Feindes ist auf mindestens das Dreifache der unsrigen, d. h. auf mehr als 45000 Mann zu schätzen. Unsere Front in der Champagne steht fester als je. Die französischen Anstrengungen haben keinerlei Einfluß auf den Verlauf der Dinge im Osten auszuüben vermocht. Ein neues Ruhmesblatt hat deutsche Tapferkeit und deutsche Zähigkeit erworben, das sich demjenigen, das fast zu derselben Zeit in Masuren erkämpft wurde, gleichwertig anreiht.

Oberste Heeresleitung. 1)

Die "Frankfurter Zeitung" bemerkt dazu:
Dieser rückschauende Bericht der Obersten Heeresleitung auf dem der berechtigte Stolz auf die Taten einer ausgezeichneten Armee herausklingt, bringt uns eine Botschaft von außerordentlichem Wert. Der Zusammenbruch der französischen Offensive in der Champagne, die im Vergleich zu dem Kampfgetöse der Schlachten auf dem polnischen Kriegsschauplatz viel weniger laut und bemerkbar war, und deren Umfang und Bedeutung sich weniger deutlich gezeigt hat, weil sie in der äußeren Technik nichts sinnfällig Neues bot, bedeutet für unsere Gesamtlage einen großen Gewinn und eine Erleichterung. Die Schwere des Kampfes läßt sich aus der Größe der Verluste und aus dem Mißverhältnis der beiderseitigen Streitkräfte leicht erkennen. Auch unsere Verluste sind bedeutend, und sie mußten es sein, weil den dünnen Reihe der Verteidiger gewaltige Aufgaben tagelang immer aufs neue gestellt waren. Unsere Truppen - der amtliche Bericht nennt die Rheinländer - haben einen neuen glänzenden Beweis ihrer ungeschwächten Standfestigkeit und ihrer großem moralischen Stärke erbracht. Sie wußten, daß sie dem Feind an Zahl unterlegen seien, sie hatten unerhörte Kanonaden und die Strapazen eines echten Winterwetters, mit Sturm und Schnee, zu ertragen, aber sie haben vortrefflich durchgehalten. Aber wir wollen auch den Feind nicht vergessen, wollen uns nicht verhehlen, daß in dem hartnäckig fortgesetzten, äußerst verlustreichen, immer wieder zurückgeschlagenen und immer wieder erneuten Angriff auf eine ausgezeichnete Stellung und gegen vortreffliche Verteidiger ein bewundernswerter Mut und eine Kampfkraft liegt, die wir wohl beachten müssen. Die Franzosen waren allerdings stark in der Überzahl und es waren vermutlich meistens neu herangeholte Regimenter, die zum Sturm vorangingen, aber sie gingen vor. Und nicht zum letzten Mal. Der Feind schwächt sich immer mehr durch seine Angriffe, seine Bestände schmelzen zusammen und seine Kampfesfreude findet keine neue Kraft im Erfolg - denn alle Tapferkeit war umsonst und alle Angriffe blieben ohne greifbares Ergebnis - aber er ist noch nicht erschöpft und wir werden auf der Hut bleiben müssen, um uns seiner auch künftig und anderer Stelle zu erwehren, bis der Tag kommen wird, an dem unsere eigenen Fahnen zum großen und entscheidenden Sturm gegen den Feind vorangetragen werden können.

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Westfront 1915

 

"U 20" gesunken

Berlin, 10. März. (W. B. Amtlich.)
Einer Bekanntmachung der britischen Admiralität zufolge ist das deutsche Unterseeboot "U 20" durch den englischen Zerstörer "Ariel" gerammt und zum Sinken gebracht worden. Die Besatzung ist gerettet.
2)

 

Der Gefangenenaustausch

Berlin, 10. März. (W. B. Amtlich.)
Die "Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt:
Die durch Vermittlung einer neutralen Macht mit der russischen Regierung erfolgten Verhandlungen wegen Austausches der zum Waffendienst untauglichen Zivilpersonen sind nunmehr zum Abschluß gekommen. Es dürfen jetzt auch alle im Alter zwischen 17 und 45 Jahren stehenden männlichen deutschen Staatsangehörigen Rußland verlassen, wenn sie militäruntauglich, krank oder verkrüppelt sind. Ärzte und Geistliche, die nicht dem Militär angehören, sind ebenfalls zur Abreise aus Rußland berechtigt. Die Abreisenden dürfen ihr ganzes Gepäck, Geld, Wertsachen mit Ausnahme von Goldgeld und Bankeinlagen mitnehmen. Während mit Frankreich und England schon vor einiger Zeit eine Verständigung wegen des Austausches der dienstuntauglichen Kriegsgefangenen zustande kam, stockten die Verhandlungen mit der russischen Regierung weil diese auf den schon Ende Dezember 1914 gemachten deutschen Vorschlag immer noch keine Antwort erteilte. Wenn daher in einem Artikel der Petersburger Zeitung "Birshewija Wjedomosti" kürzlich die Sache so dargestellt wurde, als ob die Verzögerung auf das Verhalten der deutschen Regierung zurückzuführen sei, die immer noch Schwierigkeiten mache und die "Antwort an Russland" hinausschiebe, so heißt dieses die Wahrheit direkt auf den Kopf stellen. Die Anregung zu der Verständigung war von Deutschland ausgegangen; mit der Antwort ist also die russische Regierung an der Reihe.
2)

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Österreichisch-ungarische Erfolge in den Karpathen

Wien, 10. März.
Amtlich wird verlautbart:
An der Front in Russisch-Polen herrscht auch weiter lebhafte Gefechtstätigkeit.
In Westgalizien wurde das von unseren Truppen südlich Gorlice eroberte Gebiet noch erweitert. Ein anschließender Schützengraben des Feindes wurde erstürmt und 200 Mann zu Gefangenen gemacht.
Bei günstigeren Sichtverhältnissen hatte gestern in einigen Abschnitten der Karpathenfront unsere Artillerie durch gute Wirkungen sichtliche Erfolge. Eine nahe vor der eigenen Stellung liegende Bergrückenlinie, die von feindlicher Infanterie besetzt war, wurde infolge des flankierenden Feuers unserer Artillerie fluchtartig geräumt. Der Feind erlitt hierbei unter wirksamem Schrapnellfeuer schwere Verluste. Bei der Eroberung einer Stellung an dieser Front wurden 300 Mann gefangen, viel Kriegsmaterial erbeutet.
Vor unseren Stellungen in Südostgalizien herrscht im allgemeinen Ruhe. Nördlich Nadworna wurde ein Vorstoß schwächerer feindlicher Kräfte abgewiesen, gleichzeitig an anderer Stelle mehrere feindliche Bataillone, die gegen die eigene Front vorgegangen waren, zurückgeworfen, in der Verfolgung 190 gefangen.
In der Bukowina hat sich in der letzten Zeit nichts ereignet. Am nördlichen Pruth-Ufer bei Czernowitz fanden nur unbedeutende Plänkeleien statt.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Die Behandlung der geretteten Mannschaft des 
"U  8"

London, 10. März. (W. B.)
Die Admiralität gibt bekannt, daß sie es nicht für gerechtfertigt halte, das den 29 Offizieren und Mannschaften des Unterseebootes "U 8" die bisher üblich gewesene ehrenvolle Behandlung der Kriegsgefangenen erwiesen werde, da dieses Schiff in der letzten Woche in der Straße von Dover und im Kanal tätig gewesen sei und große Wahrscheinlichkeit bestehe, daß es unbewaffnete Handelsschiffe angriff und versenkte oder Torpedos auf Schiffe abfeuerte, die Neutrale, Frauen und Nicht-Kämpfer an Bord hatten. Namentlich wurde das Schiff "Otiole" vermißt. Es liege ernster Grund vor, zu befürchten, daß es Anfang Februar mit der ganzen Besatzung von 20 Mann versenkt worden ist. Es sei natürlich sehr schwierig, ein einzelnes deutsches Unterseeboot für bestimmte Verbrechen verantwortlich zu machen, und vielleicht werde das notwendige Beweismaterial zur Freisprechung von der Schuld erst nach dem Friedensschluß beigebracht werden können. Einstweilen aber müßten die Leute, gegen die solche Anklagen schweben, besonderen Einschränkungen unterworfen werden. Unterscheidungen des Ranges und die Erlaubnis, mit anderen Kriegsgefangenen zusammenzukommen, könnten ihnen nicht zuerkannt werden.
2)

 

Die Arbeit unserer U- Boote

London, 10. März. (W. B.)
Das Reutersche Bureau meldet über die gestern mitgeteilten englischen Schiffsverluste:
Der englische Dampfer "Prinzessin Victoria" wurde achtzehn Meilen vom Mersey torpediert. Es wurde scharf Ausguck nach Unterseebooten gehalten, aber trotz des klaren Wetters wurde kein feindliches Fahrzeug wahrgenommen, bis der Steuermann um 9 Uhr 30 Min. vormittags ein Torpedo gerade auf das Schiff zukommen sah. Es erfolgte eine starke Explosion, worauf das Schiff überzuneigen begann. Zwei Boote wurden niedergelassen, die Bemannung ruderte nach dem Mersey, wo ein kleiner Schlepper sie ins Schlepptau nahm. Das Schiff sank in 15 Minuten.
Die Bemannung der "Blackwood" wurde durch ein Fischerboot in Newhaven gelandet. "Blackwood" wurde des Morgens um 6 Uhr torpediert. Es war zur Zeit schlechtes Wetter bei ziemlich starkem Schneefall. Alle Boote an Bord waren bereit, für den Fall, daß ein Tauchboot angreife. Die Bemannung fuhr 2 Stunden in den Booten, bis sie aufgefischt wurde, das Unterseeboot erschien an der Oberfläche, lieh aber keinen Beistand.
Die "Tangistan" wurde um 12 Uhr 30 Min. früh torpediert. Die Boote sollten gerade herabgelassen werden, als das Schiff plötzlich mit den Booten und der Besatzung versank. Ein Matrose, der gerettet wurde, hatte sich an eine Kiste geklammert und blieb zweieinhalb Stunden darauf, bis er von einem Boot aufgenommen wurde. Eine Anzahl indischer Matrosen hielt sich an einer Planke und blieb eine Zeitlang über Wasser. Die Leute konnten aber nicht aushalten. Auf der Höhe des Mersey verfolgte gestern ein Unterseeboot den Dampfer "Clanmacrae" der jedoch entkam.
2)

 

Der 1. Weltkrieg im März 1915

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Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 2
Nationaler Verlag, Berlin (1915)

2) "Frankfurter Zeitung" (1915)

 

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