Der Weltkrieg am 9. Oktober 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Belgrad erstürmt

Großes Hauptquartier, 9. Oktober.
Westlicher Kriegsschauplatz:
Nordöstlich von Vermelles schlug ein starker englischer Angriff unter großen Verlusten fehl.
Bei einem örtlichen deutschen Angriff wurden südwestlich des Dorfes Loos kleine Fortschritte erzielt.
In der Champagne griffen die Franzosen nach stundenlanger Artillerievorbereitung die Stellung östlich des Navaringehöftes an, gelangten stellenweise bis in die Gräben, wurden aber durch Gegenangriff wieder hinausgeworfen und ließen bei erheblicher blutiger Einbuße 1 Offizier und 100 Mann als Gefangene in unseren Händen.
In Französisch-Lothringen verloren die Franzosen die vielumstrittene Höhe südlich Leintrey; 1 Offizier und 70 Mann, 1 Maschinengewehr und 4 Minenwerfer blieben bei uns.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Vor Dünaburg ist Garbunowka (südlich von Illuxt) und die feindliche Stellung beiderseits des Ortes in vier Kilometer Breite erstürmt; 5 Offiziere, 1356 Mann sind gefangengenommen, 2 Maschinengewehre erbeutet. In einem Gefecht bei Nefedy (südlich des Wiszniewsees) wurden 139 Gefangene eingebracht.
Von einer Wiederholung größerer Angriff nahm der Feind Abstand.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Nördlich und nordwestlich von Czartorysk wurden russische Vorstöße leicht abgewiesen.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Südwestlich von Pinsk sind die Orte Komory und Prykladniki im Sturm genommen; bei Wolka-Bereznianska und südwestlich von Kuchocka-Wola sind Kavalleriegefechte im Gange.
Nördlich und nordwestlich von Czartorysk ist der Feind hinter den Styr zurückgeworfen. Seine Angriffe nördlich der Bahn Kowel-Rowno scheiterten.
Balkankriegsschauplatz:
Zwei Armeen einer unter dem Generalfeldmarschall v. Mackensen neugebildeten Heeresgruppe haben mit ihren Hauptteilen die Save und Donau überschritten. Nachdem die deutschen Truppen der Armee des k. und k. Generals der Infanterie v. Köveß sich der Zigeunerinsel und der Höhen südwestlich von Belgrad bemächtigt hatten, gelang es der Armee, auch den größten Teil der Stadt Belgrad in die Hand der Verbündeten zu bringen. Österreichische Truppen stürmten die Zitadelle und den Nordteil Belgrads, deutsche Truppen den neuen Konak.
Die Truppen sind im weiteren Vordringen durch den Südteil der Stadt.
Die Armee des Generals der Artillerie v. Gallwitz erzwang den Donauübergang an vielen Stellen an der Strecke abwärts Semendria und drängt den Feind überall nach Süden vor sich her.

Oberste Heeresleitung. 1)

Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier:
Der Donauübergang und der Einmarsch nach Serbien



Karte zum 1. Weltkrieg: Belgrad

 

Aus der "Frankfurter Zeitung":

Die Eroberung von Belgrad

Belgrad ist wieder erstürmt! Die serbische Festung ist in den Händen der Verbündeten. Österreichisch-ungarische Truppen sind abermals als Sieger in die Hauptstadt König Peters eingezogen. Deutsche Truppen kämpfen an ihrer Seite gegen den gemeinsamen Feind. Ein Straßenkampf ist im Südteil der Stadt noch im Gange, aber die beherrschende Höhe von Toptschider, die Belgrad im Süden überragt, ist bereits in den Händen der Armee des Generals von Köveß. Marschall Mackensen ist der Führer der Heeresgruppe, die uns den Durchmarsch durch Serbien erzwingen soll. Der Feldzug schreitet rüstig voran, die schwierigen Flußübergänge vollziehen sich glatt, vor der Armee des Generals von Gallwitz weicht der Feind im Raum östlich von Semendria. Die deutschen Schläge fallen hart und schnell. Die schweren Kampftage, die unseren tapferen Truppen bevorstehen, haben mit einem vollen, weithin leuchtenden Erfolg für die verbündeten Zentralmächte begonnen.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die Fahnen Deutschlands und Österreich-Ungarns auf dem serbischen Königsschloß

Wien, 9. Oktober.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
Der Feind setzte gestern seine Angriffe gegen unsere galizische und wolhynische Front mit starken Kräften erfolglos fort. In Ostgalizien führte er seine Sturmtruppen gegen unsere Stellungen südlich von Tluste und bei Burkanow. Er wurde überall zurückgeschlagen. Östlich von Buczacz jagte unser Artilleriefeuer ein Kosakenregiment in die Flucht. Auch bei Krzemieniec wiederholten die Russen ihre Angriffe mit dem gleichen Ergebnis wie bisher. Das russische Infanterieregiment Nr. 140 wurde südwestlich von Krzemieniec zersprengt. Bei der erfolgreichen Abwehr der russischen Vorstöße im wolhynischen Festungsgebiet zeichnete sich das Infanterieregiment Nr. 99 durch standhaftes Ausharren in seinen stark beschossenen Gräben besonders aus. Die nördlich von Kolki vordringenden österreichisch-ungarischen und deutschen Streitkräfte warfen den Feind wieder über den Styr zurück. Die gestern mitgeteilte Gefangenenzahl erhöhte sich auf 6000.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Gestern vormittag wiederholten die Italiener unter Einsatz frischer Truppen noch zweimal den Angriff gegen unsere Stellungen auf der Hochfläche von Vielgereuth. Als diese Anstürme unter schweren Verlusten zusammengebrochen waren, gelang es dem Feinde nicht mehr, stärkere Truppen vorwärts zubringen; einzelne Kompagnien, die noch vorgingen, wurden mühelos abgewiesen. Auf der Hochfläche von Lafraun stand der Abschnitt von Vezzena nachmittags unter heftigem Geschützfeuer. Auch im Raume von Flitsch beginnt sich die feindliche Artillerie wieder zu rühren. Im Abschnitt von Doberdo wurden zwischen San Marino und Polazzo Annäherungsversuche italienischer Handgranatenmänner leicht verhindert.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Österreichisch-ungarische Truppen der Armee des Generals der Infanterie v. Köveß drangen gestern in den Nordteil von Belgrad ein und erstürmten das Bollwerk der Stadt, die Zitadelle. Heute früh bahnten sich deutsche Kräfte von Westen her den Weg zum Konak. Auf dem Schloß der serbischen Könige wehen die Fahnen Österreich-Ungarns und Deutschlands. Auch stromaufwärts und stromabwärts von Belgrad vermochte der das Ufer bewachende Feind nirgends den Verbündeten standzuhalten. In der serbischen Posavina und in der Macva wurde er von österreichisch-ungarischen Streitkräften zurückgeworfen.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Ein französischer Truppentransportdampfer mit 2000 Mann torpediert

Athen, 9. Oktober. (Verspätet eingetroffen.)
Der Kapitän des griechischen Amerikadampfers "Patris" berichtet, er habe vorgestern nacht den drahtlosen Hilferuf des französischen Truppentransportdampfers "Samblin Haver" erhalten, der von einem deutschen Unterseeboot torpediert worden war und sich etwa 100 Seemeilen östlich von Malta mit über 2000 algerischen Schützen an Bord in sinkendem Zustand befand. Als die "Patris" die Unfallstelle erreichte, war der Dampfer "Samblin Haver" mit allen an Bord befindlichen Truppen gesunken. Englischen Torpedobooten gelang es, nur 90 Mann, zum größten Teil Verwundete, zu retten. "Samblin Haver" war auf der Fahrt nach Mudros.

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 9. Oktober.
An der Dardanellenfront hat unsere Artillerie bei Anaforta ein feindliches Lager in der Gegend von Buyuk Kemikli beschossen und dort viel Unordnung und Schaden verursacht. Bei Ari Burun Feuergefecht der Infanterie und Artillerie mit Unterbrechungen. Bei Sed ül Bahr richtete eine vom Feind gesprengte Mine vor unserem rechten Flügel und das gewohnte Geschützfeuer gegen unseren linken Flügel keinen Schaden an. Ein feindlicher Monitor versuchte, Gallipoli mit indirektem Feuer zu beschießen; als er von unserer Artillerie, die sein Feuer erwiderte, getroffen wurde, entfernte er sich. - An der Dardanellenfront bei Anaforta zwang unsere Artillerie am 8. Oktober ein großes feindliches Schiff. das sich Buyuk Kemikli zu nähern suchte, sich zu entfernen. Bei Ari Burun beiderseits schwaches Gewehr- und Geschützfeuer sowie Bombenwerfen. Bei Sed ül Bahr beschoß unsere Artillerie in der Nacht zum 8. Oktober die feindlichen Scheinwerfer und löschte sie aus. Wir besetzten die durch Entzündung einer feindlichen Mine vor unserem rechten Flügel entstandenen Erdtrichter und bauten sie gegen den Feind zu aus. Am 8. Oktober fügte unsere Artillerie den feindlichen Truppen in der Gegend von Sed ül Bahr schwere Verluste zu.

 

Der 1. Weltkrieg im Oktober 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

© 2005 stahlgewitter.com