Der Weltkrieg am 1. November 1915

DEUTSCHER HEERESBERICHT - ÖSTERREICHISCHER HEERESBERICHT - TÜRKISCHER HEERESBERICHT

 

 Der deutsche Heeresbericht:

Kragujevac in deutscher Hand

Im Oktober 41000 Gefangene im Osten

Kampfflieger 1. Weltkrieg: Leutnant Bölcke
Leutnant Bölcke

Großes Hauptquartier, 1. November.
Westlicher Kriegsschauplatz:
In der Champagne schritten die Franzosen bei Tahure nachmittags zum Gegenangriff. Sie wurden abgewiesen. Die von unseren Truppen am 30. 10. gestürmte Butte de Tahure ist fest in unserer Hand geblieben. Die Zahl der in den letzten beiden Tagen gemachten Gefangenen ist auf 31 Offiziere, 1277 Mann gestiegen.
Bei Combres kam es zu lebhaften Kämpfen mit Nahkampfmitteln.
Leutnant Bölcke hat am 30. 10. südlich von Tahure einen französischen Doppeldecker zum Absturz gebracht und damit das sechste feindliche Flugzeug außer Gefecht gesetzt.
In der Gegend von Belfort fanden mehrere für die deutschen Flieger erfolgreiche Luftgefechte statt.
Östlicher Kriegsschauplatz:
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg:
Beiderseits der Eisenbahn Tuckum-Riga gewannen unsere Truppen im Angriff die allgemeine Linie Raggasem-Kemmern (westlich von Schlok)-Jaunsem. Feindliche Gegenstöße wurden zurückgeschlagen. Westlich und südwestlich von Dünaburg wurden starke russische Angriffe abgewiesen. Zwischen dem Swenten- und Ilsensee war der Kampf besonders heftig; er dauert dort an einzelnen Stellen noch an. Vereinzelte feindliche Vorstöße nördlich des Dryswjatysees scheiterten ebenfalls. Der Gegner hatte große Verluste.
Bei Olai (südwestlich von Riga) wurde ein russisches Flugzeug zur Landung gezwungen; Führer und Beobachter sind gefangengenommen.
Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern:
Östlich von Baranowitschi wurde ein russischer Nachtangriff nach Nahkampf abgeschlagen.
Heeresgruppe des Generals v. Linsingen:
Die Lage ist im allgemeinen unverändert. Ein feindlicher Gegenstoß nördlich von Komarow hatte keinen Erfolg.
Deutsche Truppen der Armee des Generals v. Bothmer wurden bei Siemikowce (an der Strypa nördlich von Vurkanow) angegriffen und stehen dort noch im Kampfe.
Balkankriegsschauplatz:
In Fortsetzung des Angriffs wurden die Höhen südlich von Grn. Milanovac in Besitz genommen. In Richtung auf Kragujevac ist der Feind über den Petrovackar- und Lepenicaabschnitt zurückgeworfen; Kragujevac ist in deutscher Hand. Östlich der Morawa ist gegen zähen Widerstand der Serben der Trivunovoberg genommen. Es wurden einige hundert Gefangene gemacht.
Die Armee des Generals Bojadjieff war am 30. 10. unter Nachhutkämpfen dem Feinde bis in die allgemeine Linie Höhen von Planinica (südwestlich von Zajecar) - Slatina (nordwestlich von Knjazevac - östlich von Svrljiig - westlich von Bela Palanka - östlich von Vlasotince gefolgt.
Die Zahl der im Oktober von den deutschen Truppen im Osten eingebrachten Gefangenen und die von ihnen gemachte Beute beträgt:
Bei der Heeresgruppe v. Hindenburg:
gefangen: 98 Offiziere, 14482 Mann,
erbeutet: 40 Maschinengewehre.
Bei der Heeresgruppe Prinz Leopold:
gefangen: 32 Offiziere, 4134 Mann,
erbeutet: 2 Maschinengewehre.
Bei der Heeresgruppe v. Linsingen:
gefangen: 56 Offiziere, 8871 Mann,
erbeutet: 21 Maschinengewehre.
Bei der Armee des Grafen v. Bothmer:
gefangen: 3 Offiziere, 1525 Mann,
erbeutet: 1 Maschinengewehr.
Bei der Heeresgruppe v. Mackensen:
gefangen: 55 Offiziere, 11 937 Mann,
erbeutet: 23 Geschütze (abgesehen von einer großen Zahl aufgefundener Geschütze älterer Fertigung), 16 Maschinengewehre.
Zusammen: 244 Offiziere, 40949 Mann, 23 Geschütze, 80 Maschinengewehre.

Oberste Heeresleitung. 1)

 

Die Einnahme von Kragujewatz

Die "Frankfurter Zeitung" schreibt:
Kragujewatz, die alte Hauptstadt der serbischen Könige und die zentrale Festung des nordserbischen Verteidigungssystems, ist in den Händen unserer deutschen Truppen. Die Festung ist der Kern der ganzen Befestigungslinie, die über das Bergmassiv des großen Moravaknies gezogen ist.
Die nahezu 1200 Meter hohen Rudnik-Berge sind ihr als natürliches Bollwerk nordwestlich vorgelagert, die Höhenstellungen von Gorna Milanovac, die gleichfalls erstürmt worden sind, decken die westliche Flanke, während im Norden der schwierige Abschnitt der Stremska-Poljana im Quellgebiet der Ratza von unseren Truppen überwunden werden mußte. Nachdem vorgestern diese Hindernisse zum größten Teil bezwungen waren, konnte der Fall der Festung, der die Einschließung drohte, nicht mehr lange ausbleiben. Die Serben mußten Kragujevatz räumen und diesen wichtigen Waffenplatz, der der Sitz großer Arsenale und Magazine ist, dem stärkeren Feind überlassen. Dem tapferen serbischen Heer bleibt gar nichts anders übrig, als zäh und standhaft fechtend langsam gen Südwesten abzuziehen, um so zu retten, was noch zu retten ist, denn der Druck der bulgarischen Armee an der Ostgrenze Serbiens ist seit dem Fall der Timok-Festungen mächtig angewachsen. Unsere Verbündeten gewinnen dort schnell an Raum. Der Zeitpunkt für die letzte entscheidende Schlacht - eine Schlacht, die nach menschlichem Ermessen kaum anders als mit dem Zusammenbruch des serbischen Heeres enden kann - scheint nun unmittelbar bevorzustehen, wenn die Serben ihren mehr passiven Widerstand überhaupt noch einmal in eine große aktive Schlachthandlung verwandeln können und wollen. Sie haben bisher getan, was sie konnten: sie haben mehr als drei Wochen lang Stand gehalten und ausgeharrt, aber sie warten vergebens, denn diese Zeit ist verstrichen, ohne daß etwas geschehen wäre, was den Serben eine ernsthafte Hoffnung auf Rettung durch ein Hilfsheer der Entente hätte bringen können.

 

Der österreichisch-ungarische Heeresbericht:

Die zweiwöchige Isonzoschlacht für die k. u. k. Waffen gewonnen

Wien, 1. November.
Amtlich wird verlautbart:
Russischer Kriegsschauplatz:
An der Szczara haben k. u. k. Truppen einen Nachtangriff nach heftigem Handgemenge abgewiesen. An der Korminfront haben wir mehrere starke Nachtangriffe abgeschlagen. Nördlich Bieniawa an der Strypa entwickeln sich nach einem abgewiesenen Angriff neuerlich heftige Kämpfe.
Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz beträgt die Oktoberbeute der dem k. und k. Oberkommando unterstehenden Armeen 142 Offiziere, 26000 Mann, 44 Maschinengewehre, 1 Geschütz, 3 Flugzeuge und sonstiges Kriegsmaterial.
Italienischer Kriegsschauplatz:
Der am 18. Oktober eingeleitete, am 28. mit frischen Truppen erneute dritte Ansturm der Italiener gegen unsere küstenländische Front beginnt zu erlahmen. Gestern stieß der Feind zwar noch gegen den Nordrand der Hochfläche von Doberdo mit starken, an mehreren anderen Stellen mit schwächeren Kräften vergeblich vor. Sein Angriff ist jedoch nicht mehr allgemein. Mag der Kampf auch nochmals aufflammen, die von der italienischen Heeresleitung mit großen Worten angekündigte, an der Hauptfront mit wenigstens 23 Infanteriedivisionen versuchte Offensive ist an der unerschütterlichen Mauer unserer siegessicheren Truppen zusammengebrochen, die zweiwöchige Isonzoschlacht für unsere Waffen gewonnen, unsere Kampffront durchweg unverändert. Ebenso behielten die Verteidiger von Tirol und Kärnten ihre seit Kriegsbeginn heldenmütig behaupteten Stellungen fest in Händen. Durch diese Erfolge hat unsere bewaffnete Macht neuerdings bewiesen, wie eitel und haltlos alle Ansprüche des einstigen Verbündeten auf die südwestlichen Grenzgebiete sind, die er durch hinterhältigen Rückenangriff leichthin erobern zu können vermeinte. In den Kämpfen der zweiten Oktoberhälfte verlor der Feind mindestens 150000 Mann.
Südöstlicher Kriegsschauplatz:
Im Raume westlich der großen Morawa haben die verbündeten Streitkräfte unter stellenweise heftigen Nachhutkämpfen die Höhen südlich und südöstlich Grn. Milanovac und Kragujevac erreicht. Zwischen 7 und 8 Uhr vormittags wurde heute auf dem Arsenal und der Kaserne von Kragujevac die österreichisch-ungarische und kurz nachher die deutsche Fahne gehißt.
Im Flußwinkel zwischen der Morawa und Resava haben deutsche Truppen nach heftigen Kämpfen die beherrschenden Höhen Trivunovo Brdo genommen.
Bulgarische Kräfte haben auf der Straße nach Paracin die Höhen westlich Planinica und im Nisavatel die Höhen westlich Bela Palanka erkämpft.
Die bisherige Gesamtbeute der deutschen und österreichisch-ungarischen Truppen des Generals v. Koeveß beträgt 20 Offiziere, gegen 6600 Mann, 32 Geschütze, 9 Maschinengewehre, über 30 Munitionsfuhrwerke, 1 Scheinwerfer, viele Gewehre und Artilleriemunition und sehr viel Infanteriemunition. Überdies wurden 45 alte oder gesprengte Geschützrohre erbeutet.

  Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
v. Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1)

 

Der türkische Heeresbericht:

Konstantinopel, 1. November.
Auf der Dardanellenfront nichts von Bedeutung, abgesehen von örtlichen, teilweise heftigen, teilweise schwachen Feuergefechten. Bei Sed ül Bahr nahmen zwei feindliche Kreuzer an dem Feuer teil, indem sie verschiedene Stellen wirkungslos beschossen. Bei Sed ül Bahr und Ari Burun zerstörte unsere Artillerie drei Minenwerferstellungen des Feindes. Unsere Batterien in den Meerengen zerstreuten feindliche Truppenansammlungen, die bei Mortoul und Elias Burun gesichtet wurden.
Auf der Front des Kaukasus schlugen wir mit Erfolg zwei Überfallsversuche des Feindes in zwei Abschnitten zurück.

 

Der 1. Weltkrieg im November 1915

ZURÜCK   HAUPTSEITE   WEITER

 

Textquellen:
1) Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus  
Band 3
Nationaler Verlag, Berlin (1916)

 

© 2005 stahlgewitter.com