Bericht
aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom
23. November 1917
Strategisch
scheint die Oktoberschlacht als eine Entlastung der erfolglos und hartnäckig
in Flandern sich verblutenden Engländer, politisch als eine Entlastung
der gedrückten Volksstimmung in Frankreich gedacht gewesen zu sein.
Das Prestige der französischen Regierung mußte verbessert,
ein Erfolg wenigstens vor dem vierten Kriegswinter unter Dach gebracht
werden. Taktisch waren die Ziele bescheidener gesetzt. Laon, das Ziel
bereits der ersten Aisne-Offensive, scheint feindlicherseits nicht in
den Bereich der Möglichkeiten gezogen gewesen zu sein. Das nächstliegende
Ziel für die Franzosen war, die Laffaux-Ecke einzudrücken, durch
Eroberung des ehemaligen Forts Malmaison die deutsche verlustbringende
Beobachtung ins Hintergelände auszuschalten und die deutsche Stellung
am Chemin des Dames-Rücken nach Osten auszurollen. In seinem ersten
Teile ist dieses Ziel - das ist von vornherein zuzugeben - vom Feinde
erreicht worden. Seine Versuche, weiter östlich der deutschen Chemin
des Dames-Stellung in den Rücken zu kommen, sind gescheitert.
Als Laffaux-Ecke wurde der Teil der deutschen Stellung bezeichnet, an
dem die deutsche Linie von La Fere in nordsüdlicher Richtung östlich
Vauxaillon vorbeilaufend, im Überschreiten der Straße Laon-Soissons
eine scharfe Kehre nach Osten macht, um dann im wesentlichen dem Chemin
des Dames zu folgen. Das alte Vauban-Fort Malmaison liegt auf dem 1½
km breiten westlichen Ausläufer des Damenweges, der feindwärts
in die geschluchteten Täler von Jouy und Sancy abfällt, im Osten
und Norden steil über den Sumpfniederungen von Filain,Pargny und
Chavignon aufsteigt.
An der Laffaux-Ecke zog der Gegner seit Mitte September 1917 ungeheure
Massen von Artillerie zusammen, staffelte die entbehrlichen Batterien
der gesamten französischen Front, staute Minenwerfer an Minenwerfer,
karrte Munition um Munition. Mit dem Oktober begann er, die Linie von
St. Gobain bis zum Winter-Berge scharf unter Feuer zu nehmen, seit dem
10. Oktober zog er sein Feuer zu immer größerer Wucht um die
Laffaux-Ecke zusammen und schickte seine Steilfeuergranaten tief ins Land
hinein. Er zermalmte die Mauerreste von Pinon und Chavignon zu Staub und
vergaste Anmarschwege, Bereitstellungen und Schluchten. Bei Vauxaillon
und Royère Ferme stieß er mehrfach mit Erkundungsabteilungen
vor. Am 17. Oktober 1917 begann das Trommelfeuer mit einer selbst für
die Ausmaße dieses Kriegs unerhörten Wucht, abflauend nur in
den feuchten nebligen Morgenstunden, aufschwellend im Verlauf des Tages
zu einem dauernden Wirbel und Feuerorkan. Sechs Tage und Nächte -
150 Stunden - hielt die deutsche Infanterie in dieser Hölle aus.
Eine Linie war längst nicht mehr zu erkennen, Stollen gab es nicht
mehr (sie waren längst eingedrückt), Trichter um Trichter, Meter
um Meter wurde von allen Kalibern umgepflügt. Große Anforderungen
mußten an die Träger von Munition und Lebensmitteln gestellt
werden. Durch den Wirbel der Erdfontänen brachten sie Nahrung für
Mensch und Waffe. Die deutschen Artillerien waren nicht müßig.
Tag und Nacht trommelten ihre Granaten auf die Stellungen des Gegners.
Seine Verluste betrugen vor dem Angriff bis zu 50 Prozent. Aber der Feind
setzte am 22. Oktober 8 frische Divisionen auf den 15 km der Laffaux-Ecke
ein, faßte noch einmal alle Batterien zu noch nicht erlebter Wirkung
zusammen und stieß im Morgennebel des 23. Oktober um 6 Uhr vormittags auf der Front östlich Vauxaillon bis östlich
Royère Ferme tiefgestaffelt zum Angriff vor. Während der Stoß
des Feindes auf dem rechten und linken Flügel von der deutschen Infanterie
aufgefangen und zurückgewiesen wurde, gelang es ihm - von Tanks,
die des Nebels wegen von der deutschen Artillerie nicht bekämpft
werden konnten, unterstützt -, in das tiefeingeschnittene Allemant-Tal
und in die deutschen Stellungen bei Fort Malmaison einzudringen und nach
einer weitern dreistündigen, überaus heftigen Artillerievorbereitung
in einem zweiten wechselvollen Angriff unter dem Schutz des Nebels bis
Vaudesson und Chavignon vorzukommen. Dadurch kam er den tapferen Verteidigern
der Laffaux-Ecke in den Rücken. Ein Teil von ihnen mußte sich
nach verzweifelter Gegenwehr ergeben. Was an diesem Nebelmorgen an Heldentaten
kleiner versprengter Abteilungen - von denen sich einzelne noch nach 2
Tagen durch die feindlichen Linien geschlagen haben - geleistet wurde,
kann nicht annähernd geschildert werden.
Am Abend des ersten Schlachttages führte die deutsche Linie nach
planmäßiger Zurücknahme vorgeschobener Teile von den Höhen
um Pinon, Chavignon umklammernd, über die Höhe südwestlich
Pargny etwa bei Royère Ferme in die alte deutsche Linie. Diese
Stellung war auf die Dauer nicht zu halten, da bei Pinon der sumpfige,
zu einem undurchdringlichen Astgewirr zusammengeschossene Pinon-Wald,
bei Chavignon und Filain der Oise-Aisne-Kanal mit seinen wenigen, unter
ärgstem Feuer liegenden Übergängen ein zufuhrgefährdendes
Hindernis bildeten. Die Stellung wurde im Verlaufe des 24.
Oktober, der
bei strömendem Regen verhältnismäßig ruhig verlief,
als Vorpostenlinie gehalten, mit der Rücknahme der noch südlich
des Kanals stehenden Geschütze wurde begonnen. Da infolge des Regens
alle Wege grundlos geworden waren, ist es nicht gelungen, alle Geschütze
rechtzeitig zu bergen. Eine Anzahl mußte im Verlauf der Kämpfe,
gesprengt und unbrauchbar gemacht, zurückgelassen werden.
In der Nacht zum 25. Oktober steigerte sich das Feuer des Feindes wieder
zu erbittertem Trommelfeuer, dem in den Morgenstunden ein Angriff gegen
Pinon und den Pinon-Wald folgte. Unter schärfster Gegenwehr zogen
sich die deutschen Truppen durch den Wald über den Kanal zurück.
Ebenso wich die deutsche Heeresleitung bei Chavignon und Filain, nachdem
am Nachmittag 2 Angriffe des Feindes blutig abgewiesen waren, plangemäß
hinter den Kanal aus. Überall, wo der Gegner den Kanal zu überschreiten
suchte, wurde er geworfen. In der Nacht zum 26. Oktober wurden alle noch
südlich des Kanals stehenden Teile in die Hauptverteidigungslinie
am Kanal zurückgezogen. Diese Stellung blieb dann fest in deutscher
Hand; alle Versuche des Franzosen, seine Anfangserfolge zu erweitern,
sind gescheitert. Im Verlauf des 26. Oktober griff er nochmals an, um
uns bei Royère Ferme vom Chemin des Dames zu vertreiben. Er holte
sich eine blutige Abfuhr, seine Angriffe am Kanal kamen kaum aus den Gräben
heraus. Auch diesmal hatte der Feind mit der Zusammenballung aller mechanischen
Mittel auf einen kleinen Frontteil nicht mehr als einen örtlichen
Anfangserfolg erzielt. Das hat die unerschütterte deutsche Infanterie
von neuem erwiesen. |