Zusammenfassende Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 22., 24. und 25. August 1916 I. Als
nach dem ersten stürmischen Anprall der deutschen Heere unsere Front
im Westen aus strategischen Gründen an die Aisne zurückverlegt
war, entstand in den Herbstmonaten 1914 jene Linie, die, bei Noyon in
den bekannten scharfen Winkel umbiegend, sich bis zum Meere erstreckt.
Indem sie sich von Punkt zu Punkt vorknorpelte, ging der Bewegungskrieg
allmählich in die Form des Stellungskrieges über. Beide Gegner
"bauten ihre Stellung aus", verwandelten sie in ein genau den
örtlichen Verhältnissen angepaßtes, kunstvolles, nach
der Tiefe gegliedertes System von Schützengräben mit vorgelegten
Drahthindernissen, nach rückwärts mit den erforderlichen Verbindungs-
und Annäherungsgräben. |
II. Der
Angriff auf eine derartig befestigte Feldstellung bedarf erheblicher Vorbereitungen.
Anzeichen wurden von unseren Truppen schon etwa Mitte Mai 1916 beobachtet.
Von Ende Mai an wurde erhöhte Erkundungstätigkeit angeordnet,
der gegenüber der Feind sehr wachsam war. Verschiedene Patrouillenunternehmungen
mißglückten daher. Bei anderen, erfolgreichen Aufklärungsversuchen
wurden Gefangene eingebracht, wobei man feststellen konnte, daß
der Gegner seine Grabenbesatzungen zusammenschob und verstärkte.
Unsere Flieger erkannten hinter der feindlichen Front erhöhte Tätigkeit,
eine Menge neuer Feldbahnen und Unterkunftsanlagen. Das alles gestattete
aber noch keinen sicheren Schluß auf Stärke und Umfang des
bevorstehenden Angriffs. Denn der Feind entfaltete zugleich auch auf der
übrigen Front eine lebhafte Tätigkeit, um seine Absichten zu
verschleiern. Volle Klarheit kann erst der tatsächlich einsetzende
Angriff liefern. |
III. Am
1. Juli 1916 morgens fünf Uhr schwoll auf der ganzen Front von Gommecourt
bis Vermandovillers, am meisten aber unmittelbar nördlich und südlich
der Somme das Trommelfeuer zu unerhörter Heftigkeit an. Verderbendrohend
wälzten sich Gaswolken ihm nach. Von neun Uhr an ward es deutlich,
daß der Sturm unmittelbar bevorstand: das Feuer prasselte hauptsächlich
auf die vorderen Gräben. Um zehn Uhr 30 Minuten verlegte der Feind
es auf unsere zweite Stellung, und gleich darauf erfolgte auf der ganzen
Linie der allgemeine Sturm. |
IV. Der
zweite Tag brachte auf der ganzen Front die Fortsetzung der erbitterten
Angriffe. Nördlich der Somme war den Gegnern kein stärkerer
Erfolg beschieden, nur wieder hohe blutige Verluste. Südlich des
Flusses indessen gelang es uns zwar, Estrées gegen wütende
Angriffe zu halten, aber die Dörfer Buscourt, Herbécourt,
Assevillers fielen in die Hand des Feindes. In der Nacht vom 2. zum 3.
Juli sah sich die rechte Flügeldivision des hier fechtenden Armeekorps
genötigt, in die Linie Biaches - Barleux zurückzugehen. |
V. Während
sich dies im Südabschnitt abspielte, hatten im mittleren Abschnitt,
zwischen Somme und Ancre, ebenfalls heftige Kämpfe stattgefunden.
Wir hatten gesehen, daß es hier den Engländern in den nördlichen
zwei Dritteln des Abschnittes am ersten Tag lediglich gelungen war, in
die vorderste deutsche Stellung einzudringen und bis zum Rande der Dörfer
Mametz und Montauban vorzudringen. Gleichzeitig hatten die Franzosen bis
an den Westrand von Hardecourt vorstoßen und südlich noch das
Dorf Curlu nehmen können. Ein geringer Erfolg in Anbetracht dessen,
daß auch hier eine womöglich noch stärkere Artillerievorbereitung
vorausgegangen war bei beispiellosem Einsatz schwerer und schwerster Geschütze.
Von nun an wurde in diesem Abschnitt fast ohne jede Unterbrechung gekämpft.
Der Feind war fortgesetzt in der Lage, die gleichen ungeheuren Massen
von Geschützen aller Kaliber, ferner Minenfeuer und Gasangriffe wirken
zu lassen und seiner Feuertätigkeit durch eine Überzahl von
Flugzeugen die Richtung zu geben. Auch setzte er bei seinen Infanterieangriffen
starke, völlig frische Truppenmassen mit einer rücksichtslosen
Menschenvergeudung ein, wie wir sie bisher nur vom östlichen Kriegsschauplatz
kannten. Jedoch auch hier für ihn dieselbe Überraschung: nicht
zertrümmert hatte die Artillerie die Verteidiger, sondern nur hart
gehämmert. Schrittweise, unter furchtbaren Verlusten, drängte
die vielfache Übermacht sich wohl bis zum 20. Juli vorwärts,
nach diesem Tage aber hat sie trotz grimmigster Kämpfe nur noch an
einer einzigen Stelle einen unbedeutenden Gewinn erzielt. |
VI. Unverzüglich
nachdem am 1. Juli die feindliche Absicht einer großen entscheidenden
Gesamtoffensive beiderseits der Somme einwandfrei erkannt war, wurden
zur Unterstützung und Ablösung der Divisionen, welche den ersten
Anprall des Feindes abgefangen hatten, Verstärkungen an Infanterie
und Artillerie herangezogen. Aber das Einsetzen dieser Verstärkungen
zwischen die bisherigen Grabenbesatzungen und der Aufmarsch der heraneilenden
Artillerie wurde dadurch bedeutend erschwert, daß beides mitten
im tobenden Gefecht und unter der Einwirkung des rastlos wütenden
feindlichen Artilleriefeuers erfolgen mußte, das nicht nur die Kampflinien
sondern auch das gesamte Hintergelände absuchte und aus eine Tiefe
von mehreren Kilometern Tag und Nacht mit Eisen überschüttete.
Auch mußten die neuen Verteidigungslinien verstärkt, die Artilleriestellungen
für die Massen namentlich am schweren Geschütz, die nach und
nach in das Gefecht eingriffen, erst im Feuer geschaffen werden. Hier
gab vor allem die wackere Armierungstruppe wieder einmal Beweise wahrhaft
überwältigender Hingebung. |
VII. Ein
Vergleich der Schlacht an der Somme und der Kämpfe bei Verdun drängt
sich auf. |
Bericht
aus dem deutschen Großen Hauptquartier:
Die
Sommeschlacht
Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier 1914-1918
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