Bei
Kut el Amara (Irak) gefangene Engländer werden abtransportiert
Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 13. Mai 1916 I. Eine
Darstellung, die es unternimmt, die kriegerischen Ereignisse zusammenzufassen,
die sich während eines bestimmten Kalenderabschnittes, also etwa
innerhalb eines Monats, abgespielt haben, trägt eine Gefahr in sich.
Sie ist dem Mißverständnis ausgesetzt, als stelle, was rein
zahlenmäßig durch den Monatsbeginn und -schluß abgegrenzt
ist, auch innerlich ein in sich abgeschlossenes Ganzes dar, während
es sich in der Tat doch überall nur um ein in ununterbrochenem Flusse
befindliches Werden handelt. Um dieses Mißverständnis auszuschließen,
sei hier ein für allemal erklärt, daß Versuche wie der
gegenwärtige in keiner Weise dazu bestimmt noch geeignet sind, die
dargestellte Entwicklung als ein auch inhaltlich geschlossenes Ganzes
zu erfassen. |
II. Im
Vergleich zu den Kämpfen beiderseits der Maas treten die kriegerischen
Ereignisse in allen übrigen Abschnitten der Westfront in den Hintergrund.
Dennoch herrscht auf großen Teilen der Front alles andere als Ruhe,
vielmehr eine ingrimmige ununterbrochene Kampftätigkeit, wenn auch
mit örtlich begrenzten Zielen. Hervorzuheben ist, daß es in
der Umgegend von Ypern zu heftigeren Kämpfen mit den Engländern
gekommen ist. Die "Eloi-Stellung", welche durch einen überraschenden
Angriff in den Besitz der Briten geraten war, wurde ihnen am 6. April
wieder entrissen und gegen alle Gegenangriffe behauptet. Am 24. April
gab auch die englische Flotte einmal wieder ein Lebenszeichen: sie unternahm
es, sich vor der flandrischen Küste zu betätigen, um Minen und
Sperren zu legen. Aber dieser Versuch wurde beim Auslaufen der deutschen
Flotte rasch aufgegeben, worauf deutsche Torpedo- und Vorpostenboote die
Küste säuberten. Im übrigen beschränkten die Engländer
ihre Tätigkeit längs der ganzen, von ihnen jetzt gehaltenen
Front auf Artilleriekämpfe, Sprengtätigkeit und Patrouillenunternehmungen.
Irgend etwas Ernstliches zur Entlastung ihrer hart ringenden Verbündeten
haben sie auch im April nicht unternommen. |
III. Während
der März die große russische Entlastungsoffensive und auch
sehr energische italienische Angriffsversuche gebracht hatte, haben im
April nur die Italiener ernstliche Unternehmungen versucht. Und zwar ist
hier hervorzuheben, daß ihr Druck gegen die Isonzofront nachgelassen
hat, während sie auf der ganzen Tiroler Front eine erhöhte Tätigkeit
entwickelt haben. Indessen sind auch hier wirklich merkliche Verschiebungen
der Linien nicht erzielt worden. Zwar mußte die österreichische
Stellung am Col di Lana infolge einer seit Monaten vorbereiteten Sprengung
geräumt werden. Aber trotz größter Anstrengung ist es
den Italienern auch hier nicht gelungen, weitere Fortschritte zu erzielen.
Andererseits wurden sie im Suganatal aus dem Ort Marter und mehreren hintereinander
liegenden, gut ausgebauten Stellungen bis zum Westrande von Roncegno zurückgeworfen. |
IV. Das
Saloniki-Unternehmen der Entente war noch immer nicht über die Besitzergreifung
einer völlig wehrlosen neutralen Hafenstadt und die dauernde schwere
Kränkung und Vergewaltigung eines neutralen Landes hinausgelangt.
Das bunte Truppengemisch, das sich auf griechischem Boden angesiedelt
hatte, gab bisher keine merklichen Zeichen kriegerischen Betätigungsdranges.
Einen einzigen Fortschritt hatten die Feinde der Mittelmächte zu
verzeichnen. Mit starker zahlenmäßiger Überlegenheit griffen
die Russen die türkischen Verbündeten Deutschlands in Armenien
an. In der Flanke von der See her durch russische Landungstruppen gefaßt,
mußten die Türken nach tapferer Gegenwehr dem Feinde Trapezunt
überlassen. Einem weiteren Vordringen der Russen in Armenien haben
sie indessen Einhalt gebieten können. |
V. Der
Sieg der Türken über die Engländer im fernen Südosten
war die wesentlichste Veränderung der Gesamtlage, die der Monat April
gebracht hat. Alle anderen Erfolge hüben und drüben sind teils
rein örtlicher Natur, teils stellen sie sich lediglich als Glieder
einer noch keineswegs abgeschlossenen Entwicklungsreihe dar. Immerhin
ergibt sich aus unseren Betrachtungen klar dies eine: daß nämlich
die zu Beginn des April bereits vollkommen befriedigende Gesamtlage während
des Monats noch erhebliche Verbesserungen erfahren hat. Der Verlust Trapezunts
wurde durch den entscheidenden Schlag von Kut mehr als reichlich ausgeglichen.
Bei Verdun waren die Deutschen in rastlosem Fortschreiten, auf allen anderen
Frontabschnitten hatte sich die Lage zum mindesten nicht verschlechtert. |
Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier 1914-1918
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