Bericht aus dem deutschen Großen Hauptquartier vom 6. Juli 1916 In diesen beiden Monaten hat die allgemeine Kriegslage in beständiger Steigerung eine derartige Verschärfung erfahren, daß die Wende vom Juni zum Juli 1916 weniger als je zu einem zusammenfassenden Rückblick geeignet erschien. Trotzdem soll der Versuch eines solchen in den nachstehenden Zeilen unternommen werden. Es ist ja nicht das erstemal, daß uns ein vollkommener Umschwung der Lage zu unseren Ungunsten lange vor dem Einsetzen der Ereignisse, die ihn herbeiführen sollten, von der gesamten Presse unserer Gegner angekündigt worden ist. Weder diese Ankündigungen noch die ihnen folgenden Taten haben es je vermocht, uns die Ruhe zu nehmen, die auch der Grundton der nachstehenden Betrachtungen sein darf. |
I. Werfen
wir zunächst einen flüchtigen Blick auf jene Schauplätze
des weitverzweigten Kriegsgeschehens, die in einer verhältnismäßigen
Ruhe zu verharren schienen. |
II. Von
den entfernteren Kriegsschauplätzen hat sich sonach die kriegerische
Regsamkeit unserer Gegner immer mehr hinweggezogen, um, den Pariser Beschlüssen
entsprechend die "Einheit der Front" nachhaltiger auf den inneren
Ring konzentrieren zu können. Hier versuchte die Entente, die Mittelmächte
- unter Zuhilfenahme einer rücksichtslosen Anspannung der nach der
Auffassung aller unparteiischen Beurteiler völkerrechtswidrigen Mitblockade
der Neutralen - immer enger zu umschließen und sich in Ruhe aus
eine gemeinsame große Offensive vorzubereiten. Aber dazu haben die
Zentralstaaten ihren Feinden nicht Zeit gelassen. |
III. Während
sich so der westliche Gegner der Mittelmächte im Laufe des Mai und
Juni eines zwar schon seit langem wirksamen, aber sich von Tag zu Tag
noch verstärkenden Druckes zu erwehren hatte, holte Deutschlands
ältester Verbündeter, Österreich-Ungarn, zu einem machtvollen
Schlage gegen Italien aus. Genau Mitte Mai gestattete das Wetter endlich
den sorgfältig vorbereiteten und vom Feinde längst erkannten
Vorstoß. Es gelang den k. u. k. Truppen, die Italiener nicht nur
aus dem größten Teil der von ihnen bei Kriegsbeginn genommenen
Bezirke Südtirols wieder hinauszuwerfen, sondern auch die italienische
Grenze in breiter Front zu überschreiten und den Angriff fast bis
zum Südrande der Gebirgswälle vorzutragen, die den Ebenen Norditaliens
vorgelagert sind. |
IV. Die
verzweifelten Hilferufe des schwerbedrängten Frankreichs und Italiens
hatten inzwischen wenigstens bei dem einen der beiden abwartenden mächtigen
Verbündeten Gehör gefunden. Es war das durch zwei Monate anscheinend
in Erstarrung versunkene Rußland, das sich von den furchtbaren Verlusten
an Ländergebiet, Mannschaften und Kriegsmaterial, die das Jahr 1915
und zuletzt noch die Offensive im März 1916 gebracht hatten, mit
Unterstützung der halben Welt inzwischen bis zu einem gewissen Grad
erholt hatte und ein kräftiges Zeichen neuerwachten Lebens gab. |
V. In
einer Gelassenheit, die der Welt immer neues Erstaunen abnötigt,
sah England bis gegen Ende Juni 1916 den übermenschlichen Opfern
und Anstrengungen seiner Verbündeten mit gekreuzten Armen zu. Es
hat die Hilferufe Frankreichs und Italiens lediglich mit herablassenden
Beifallbezeigungen für die heroischen Anstrengungen dieser schwergeprüften
Nationen beantwortet. Erst seit dem 20. Juni steigerte sich die Gefechtstätigkeit
auf der gesamten englischen und auf dem südlich anschließenden
Teil der französischen Front. Seit dem 24. Juni begann eine sich
oft bis zum Trommelfeuer steigernde Artilleriebeschießung der deutschen
Front und des rückwärts gelegenen Geländes. |
VI. Versuchen
wir den rückschauenden Überblick über das Fortschreiten
des Landkrieges in den Monaten Mai und Juni zusammenzufassen, so ergibt
sich: |
Berichte aus dem deutschen Großen Hauptquartier 1914-1918
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